Der Markt für Cloud Computing in Deutschland wächst ungebrochen, die Folgen der NSA-Affäre hatten nur eine geringe Auswirkung, so berichtet der Hightech-Verband BITKOM. Trotzdem gibt es kaum eine Studie, die nicht die IT-Sicherheit und den Datenschutz als wesentliche Hindernisse für die weitere Verbreitung von Cloud Computing sieht.
Die meisten Initiativen in Deutschland rund um die Cloud stellen die Sicherheit, das Vertrauen, den Standort und damit auch den Datenschutz in den Fokus. Es wäre allerdings falsch zu glauben, dass alleine zusätzliche Maßnahmen im Datenschutz und in der Datensicherheit den weiteren Erfolg des Cloud Computing sicherstellen würden.
In Befragungen zu den Hemmnissen bei der Implementierung von Cloud-Services werden auch Bedenken hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit von Cloud-Computing-Diensten sowie mangelnde Preistransparenz genannt, wie zum Beispiel in einem Colt Report berichtet wird. Der Global Technology Adoption Index von Dell sieht neben den bekannten Sicherheitsbedenken einen Mangel an Verständnis und Erfahrung bei den Anwenderunternehmen als erhebliche Herausforderungen bei der Implementierung von Cloud Computing.
Cloud-Einsteiger brauchen mehr Vorbereitung
Betrachtet man Unternehmen, die noch kein Cloud Computing einsetzen, muss man häufig feststellen, dass sie die Voraussetzungen zur Nutzung von Cloud-Services falsch einschätzen oder schlicht nicht kennen. Die Erwartungen an den Cloud-Anbieter sind hoch, die Rolle und die Möglichkeiten des Providers werden missverstanden.
Tatsächlich ist es so, dass Cloud Computing nur dann möglich ist und die gewünschten Vorteile bringen kann, wenn sich das Anwenderunternehmen richtig darauf vorbereitet. Hier besteht vielfach Nachholbedarf, so dass die mangelnde Cloud Readiness, also die fehlende interne Vorbereitung auf die Cloud, ebenfalls als ein wesentliches Hemmnis für Cloud Computing bezeichnen werden sollte.
Schließlich wird man nicht dadurch zum erfolgreichen Cloud-Nutzer, indem man einen Cloud-Service beauftragt - denn das ist in aller Regel schnell geschehen. Vielmehr geht es darum, das Unternehmen so vorzubereiten, dass sich Cloud-Lösungen optimal einführen lassen.
Cloud-Ziele müssen bekannt sein
Der Weg in die Cloud sollte damit beginnen, dass die Ziele der Cloud-Einführung definiert werden. Was so selbstverständlich klingt, ist in der Praxis leider nicht einfach. Die Ziele einer Cloud-Nutzung unterscheiden sich innerhalb des Unternehmens; die Geschäftsführung will damit häufig etwas anderes erreichen als die verschiedenen Fachbereiche, die IT-Abteilung oder der einzelne Nutzer.
Ein deutliches Zeichen für die unterschiedlichen Cloud-Ziele ist die oft zitierte Schatten-IT. Fachabteilungen nehmen die Anschaffung ihrer IT-Lösungen zunehmend selbst in die Hand. 75 Prozent der CIOs in Deutschland beobachten diese Entwicklung in ihren Unternehmen, so die Studie "Art of Connecting: creativity and the modern CIO" der BT Group. In vielen Fällen greifen die Fachbereiche zu Cloud-Services, da sich diese leicht beauftragen und beziehen lassen. Die Ursache einer solchen Schatten-IT ist letztlich, dass sich die Ziele der Fachbereiche nicht mit denen der IT-Abteilung oder des zentralen Einkaufs decken.
Wie eine IDC-Studie zeigt, ist für die Entscheider aus den Fachbereichen die Verbesserung der Geschäftsprozesse das wichtigste Ziel bei der Einführung von Cloud-Services: Gewünscht werden schnellere und flexiblere Geschäftsabläufe, die kurzfristige Implementierung von neuen Geschäftsprozessen und die Möglichkeit des mobilen Zugriffs der Anwender auf Daten und Unternehmensapplikationen. Die Anforderungen an die IT lauten jedoch meistens Optimierung der IT-Sicherheit und Reduzierung der IT-Kosten.
Aufgabenkatalog 1
Cloud Computing ist eine mögliche Antwort auf die vielfältigen Anforderungen an die IT. Vor der Entscheidung für die Cloud sollten die Anforderungen der Geschäftsleitung, der Fachbereiche und der IT gesammelt und in Einklang miteinander gebracht werden.
Die Liste der IT-Anforderungen sollte dann mit den Vorteilen von Cloud-Services abgeglichen werden. Nur bei einem ausreichend hohen Deckungsgrad ist Cloud Computing der Weg der Fall.
Bei Abweichungen zwischen den Zielen der verschiedenen Interessengruppen im Unternehmen ist Vorsicht geboten, denn eine Schatten-IT könnte die Folge sein.
Nicht jedes IT-Verfahren ist für die Cloud geeignet
Eigene Wege beschreiten Fachbereiche und einzelne Nutzer aber auch dann, wenn die eingesetzten Cloud-Services nicht zu den internen Abläufen, Rollen und Aufgaben passen. Wenn eine bestimmte Cloud-Anwendung eine Tätigkeit eher erschwert oder langsamer macht, dauert es nicht lange und die Nutzer suchen sich Alternativen. Das gilt für IT-Verfahren im Allgemeinen, ist aber bei Cloud-Services besonders einfach.
Wie die zuvor genannte IDC-Studie ergab, haben die Fachbereiche deutliche Probleme bei der Anpassung der Geschäftsprozesse auf organisatorischer Ebene sowie bei der Standardisierung und Konsolidierung der Betriebsabläufe, wenn Cloud-Lösungen eingesetzt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn Unternehmen aus Kostengründen auf Standardlösungen aus der Cloud setzen, die die individuellen Anforderungen nicht berücksichtigen können.
Ob bestimmte Cloud-Services für das eigene Unternehmen geeignet sind oder nicht, hängt somit auch davon ab, wie speziell bestimmte IT-Verfahren sind, die in die Cloud verlagert werden sollen. Zudem davon, wie die genauen Anforderungen an die Vertraulichkeit und Integrität der Daten sowie an die Verfügbarkeit der Daten und Anwendungen sind.
Ob die notwendige Verfügbarkeit und Schnelligkeit eines IT-Verfahrens auch bei Cloud Computing realisierbar sein wird, hängt unter anderem von der lokalen IT-Infrastruktur ab, darunter die verfügbare Internetbandbreite und die Versorgung mit mobilen Internetverbindungen. Das wird gerne vergessen.
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Welche Services genau aus der Cloud bezogen werden können, hängt von der Eigenart der IT-Verfahren im Unternehmen ab. Die konkreten IT-Verfahren entscheiden über notwendige Privilegien-Systeme, Nutzerrollen, fachliche Funktionen, aber auch über die notwendige Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit des Cloud-Services (Service Level Agreements, SLAs).
Bei der Suche nach passenden Cloud-Services gilt es, die Eigenheiten und besonderen Anforderungen der IT-Verfahren zu bestimmen und nach Cloud-Lösungen zu suchen, die dem entsprechen können. Dabei sollte auch an die Anforderungen an die verfügbare Internetverbindung gedacht werden, die nicht an jedem Unternehmensstandort vorausgesetzt werden kann.
Da es generell einfacher ist, weniger anspruchsvolle IT-Verfahren in die Cloud zu bringen, starten viele Unternehmen mit solchen Cloud-Services, die nicht geschäftskritisch sind. Es ist zu bedenken, dass oftmals das höchste Optimierungspotenzial bei den zentralen und kritischen IT-Verfahren besteht. Beschränkt sich also ein Unternehmen auf weniger wichtige Services aus der Cloud, muss man damit rechnen, dass die erzielten Vorteile auch eher gering ausfallen.
Die Cloud muss organisatorisch eingebunden werden
Cloud Computing wird häufig als ein rein technisches Thema gesehen. Deshalb besteht bei vielen Unternehmen die Gefahr, dass die organisatorischen Anpassungen und Vorbereitungen vergessen werden.
Die Veränderungen für den IT-Administrator erscheinen offensichtlich: Der interne Administrator wird zu einem Cloud-Administrator, gleichzeitig auch zu einem IT-Service-Manager und Provider-Manager. Die Verwaltung der internen IT-Infrastruktur wird erweitert um die Administration der Cloud-Services und meist auch der Cloud-Anbieter. Es darf aber nicht übersehen werden, dass es weiterhin interne IT-Aufgaben gibt, denn Cloud Computing wird in der Regel in der hybriden Form genutzt, als Mischung aus internen IT- und externen Cloud-Ressourcen, so auch die Ergebnisse der IDC-Studie "Hybrid Cloud in Deutschland 2014".
Welche Aufgaben der internen IT bleiben
Welche Aufgaben auch weiterhin intern in der IT-Abteilung verbleiben, führen wir im Folgenden auf:
Aufstellung, Umsetzung und Kontrolle interner IT-Richtlinien, die auch Maßstab für den externen Cloud-Provider sind
Definition und Überwachung der notwendigen Qualität der Cloud-Dienste (SLA, Service Level Agreement)
Planung, Durchführung und Pflege eines Identitätsmanagements, um den Zugang zu und den Zugriff auf die Cloud-Dienste zu sichern
Installation und Aktualisierung von Anti-Malware-Lösungen, Firewalls und anderen lokalen Sicherheitskomponenten, um eine sichere Verbindung zum Cloud-Provider gewährleisten zu können
Konfiguration der Sicherheitseinstellungen und Schutz der lokalen und mobilen Endgeräte, mit denen auf die Cloud zugegriffen wird
Gewährleistung der internen Netzwerksicherheit (LAN, WLAN) und der Sicherheit der Gateways zur Cloud
Sicherstellung des Backups für lokale Daten und Cloud-Daten
Überwachung der Cloud-Dienstleistung durch Berichte (Reporting) und Kontrollen
Vertragsgestaltung
Eine wichtige Orientierung zu den IT-Sicherheitsanforderungen bei der Cloud-Nutzung liefern das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie der BITKOM-Leitfaden zum sicheren Cloud Computing. Neben den IT-Administratoren bzw. den IT-Sicherheitsbeauftragten müssen sich auch der Einkauf und die Vertragsabteilung auf den Einstieg in die Cloud vorbereiten. Hilfreiche Tipps zur Vertragsgestaltung gibt es unter anderem von BITKOM sowie von dem Projekt Trusted Cloud.
Ein wesentlicher Punkt bei den Cloud-Verträgen ist, dass es sich bei Cloud Computing in aller Regel um Auftragsdatenverarbeitung handelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Cloud geplant, sollte grundsätzlich der betriebliche Datenschutzbeauftragte in die Cloud-Vorbereitungen einbezogen werden. Wichtige Hinweise zum Datenschutz in der Cloud liefern die Datenschutz-Aufsichtsbehörden in ihrer Orientierungshilfe Cloud Computing.
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Die organisatorischen Folgen von Cloud Computing müssen ebenso berücksichtigt werden wie die technischen. Betroffen sind nicht nur die direkten Anwender in den Fachbereichen und die IT-Administratoren, sondern auch der Einkauf, die Rechtsabteilung und der oder die Datenschutzbeauftragte. Diese Personen sollten deshalb Teil des Cloud-Vorbereitungsteams sein.
Einstieg und Ausstieg
Bevor die Tür zum Cloud Computing ganz geöffnet wird, sollten Unternehmen Gebrauch machen von kostenlosen Testmöglichkeiten wie zum Beispiel bei Microsoft Azure oder AWS, ohne bereits produktive Daten zu nutzen. Der eigentliche Einstieg erfordert dann mehr als einige Klicks.
Die umzustellenden IT-Verfahren müssen bekannt sein ebenso die Folgen für die interne IT. Die organisatorischen Cloud-Rollen müssen besetzt sein und das IT-Sicherheitskonzept angepasst. Sinnvoll ist die Auswahl bestimmter Pilot-Verfahren, also der IT-Verfahren, die zuerst in die Cloud überführt werden sollen.
Der Start der Cloud-Nutzung sollte dann schrittweise einzelne IT-Verfahren betreffen, wobei nach Möglichkeit immer ein Parallelbetrieb aus bisherigem IT-Betrieb und Cloud-Nutzung stattfinden sollte, um bei möglichen Problemen keinen Ausfall von IT-Verfahren zu erleiden.
Der Plan zur Migration bestimmter IT-Verfahren in die Cloud sollte aber auch den möglichen Ausstieg bereits vorsehen. Es muss also geklärt sein, wie IT-Verfahren und die zugehörigen Daten wieder aus der Cloud geholt werden können. Wichtig ist es dabei, eine Abhängigkeit von einzelnen Cloud-Anbietern wo immer möglich zu vermeiden.
Der sogenannte Lock-In-Effekt, also die Abhängigkeit von bestimmten Anbietern, trägt nicht zu unterschätzende Risiken in sich. Nicht nur die Vertragsverhandlungen werden dadurch erschwert, wenn es keine Alternativen gibt. Auch ein möglicher Ausfall oder die Einstellung des Cloud-Betriebs haben dann massive Auswirkungen auf die betroffene Unternehmens-IT und die Nutzer.
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Die zuvor genannten Schritte sollten in ein Cloud-Einführungskonzept münden, das durch ein professionelles Projektmanagement umgesetzt werden sollte. Dazu gehört es, einen eventuell notwendigen Ausstieg immer einzubeziehen, also auch Alternativen zum Cloud-Anbieter und zur Cloud generell zur Hand zu haben.
Cloud Assessments können unterstützen
Bei der Bewältigung der Fülle an Aufgaben vor dem Einstieg ins Cloud Computing können verschiedene Tools helfen, die ein erstes Assessment für interessierte Unternehmen durchführen.
Dazu gehören der DsiN-Cloud-Scout zu sicherheitsrelevanten Fragen und das Cisco Cloud Readiness Tool, das Cloud Readiness Assessment von cloudtec, das Online Cloud Readiness Assessment von Dimension Data, die HP Cloud Readiness Scorecard oder das Microsoft Customer Assessment Tool für Selbst-Assessments des Unternehmens sowie Beratungsangebote wie der Cloud Computing Readiness Check von McAfee, der Cloud Readiness Accelerator von EMC und die Cloud Readiness & Management Services von T-Systems.
Ganz gleich, mit welcher Methode ein Unternehmen seine Cloud Readiness bestimmt: Ohne eine Ist-Analyse, Bedarfsanalyse und Risikoanalyse sollte kein Einstieg in das Cloud Computing erfolgen. Nur so können alle Hemmnisse rechtzeitig beseitigt werden, die den Cloud-Erfolg gefährden könnten. (sh)