Die größten Fehler in der digitalen Transformation

Warum wir Angst vor der Digitalisierung haben

17.07.2018 von Dennis Teichmann
Die Digitalisierung ist in aller Munde und wegweisendes Thema. Trotzdem tun sich viele Unternehmen nach wie vor schwer damit und hinken modernen Organisationen hinterher. Ergebnisse aus einer Studie von Jacando zeigen, dass ein digitalisierter Prozess großen Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit hat. Mehr zur Studie, und welche Stolpersteine auf dem Weg zur Digitalisierung lauern, lesen Sie hier.
  • Unternehmen wollen zwar die Digitialisierung, ohne aber ausreichend digitale Fachkenntnisse aufzubauen.
  • Die richtige Digitalisierungsstrategie muss alle Bereiche eines Unternehmens einschließen.
  • Der Digitalisierungsprozess braucht Zeit, Geduld und starke Nerven.

Obwohl die Digitalisierung ein beherrschendes Thema ist, nutzen lediglich zwölf Prozent der im EU-Raum ansässigen kleinen und mittelständischen Unternehmen ihr digitales Potenzial aus. Dabei haben nicht nur die Ergebnisse einer Jacando-Studie zur Digitalisierung von Unternehmen sowie deren Einfluss auf die Mitarbeitermotivation gezeigt, dass Mitarbeiter effizienter, motivierter und zufriedener sind, wenn in der Firma Prozesse digitalisiert wurden. Grundsätzlich geht es darum, dass manuelle, sich wiederholende und zeitraubende Tätigkeiten mit Hilfe von Software effizienter gestaltet werden können. Das führt zu schlankeren und agileren Abläufen. Die Folge: Mitarbeiter können sich auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren. Das bringt frischen Wind ins Haus!

Es ist nicht leicht, das Go für die digitale Transformation in den Köpfen der Mitarbeiter zu aktivieren, weil immer noch gewohnte Denkmuster in den Unternehmen erst überwunden werden müssen.
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Doch wo liegen die Stolpersteine, die auf dem Weg der Digitalisierung beseitigt werden müssen? Hier die wichtigsten Hindernisse zusammengefasst:

1. Der Mensch/Mindset

Der größte Stolperstein ist der Mensch selbst. Digitalisierung bedeutet nämlich Veränderung und einen neuen Mindset. Die wird von uns "Gewohnheitsmenschen" aber erst einmal als etwas Negatives empfunden und stößt deshalb zunächst oft auf Ablehnung. "Wieso etwas verändern, das bisher gut funktioniert hat?", lautet dann häufig die Frage.

Die Antwort wäre eigentlich ziemlich simpel: "Weil es (in diesem spezifischen Fall) einfach besser geht!"

Tipp: Um alle Mitarbeiter am gleichen Strang ziehen zu lassen, muss ein Umdenken eingeleitet werden. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und seien Sie offen! Organisieren Sie einen Workshop oder einen Teamausflug. In hartnäckigen Fällen sollten Sie eine externe und neutrale Unterstützung hinzuziehen, die den gesamten Prozess begleitet.

2. Fehlendes Know-how

Der zweite Stolperstein ist der Mangel an qualifiziertem Personal, welches über das nötige Fachwissen für eine erfolgreiche Digitalisierung verfügt. Obwohl viele Unternehmen wissen, dass der digitale Wandel für ihre Unternehmensstrategie elementar ist, erfolgen nur selten gezielte Maßnahmen, um digitale Fachkenntnisse im Betrieb aufzubauen.

Tipp: Investieren Sie in Ihre Mitarbeiter. Schicken Sie geeignete Kandidaten in die Weiterbildung und schöpfen Sie das volle Potenzial aus. Der Aufbau digitaler Kenntnisse beim bestehenden Personal ist Voraussetzung für einen nahtlosen digitalen Wandel. Greifen Sie gegebenenfalls auf die Hilfe externer Berater zurück, bis Sie selbst Profi auf dem Gebiet sind. Im Lauf der Zeit entwickeln Sie ein besseres Gefühl dafür, welche Fähigkeiten im Unternehmen gebraucht werden und welche davon intern abgedeckt sind.

3. Kein Denken outside the box

Einzelprojekte darf es in der Digitalisierung nicht geben. Sie ist ein allumfassender Prozess, der das ganze Unternehmen betrifft und nicht nur eine einzelne Abteilung. Verliert eine Abteilung nämlich den Anschluss, bremst sie den gesamten Flow aus.

Tipp: Bevor eine einzelne Abteilung in blinden Aktionismus verfällt, muss die Firma vorab eine klare Strategie festlegen, die von den übergreifenden Geschäftszielen abgeleitet wird und das "große Ganze" im Auge behält. Die richtige Digitalisierungsstrategie muss alle Bereiche eines Unternehmens einschließen: von der Ausarbeitung des eigentlichen Leistungsangebots über die Vermarktung und den Verkauf bis hin zur Auftragsabwicklung und den Serviceleistungen.

Perfektes Personalmanagement in der Digitalisierung
Zehn Tipps für das perfekte Personalmanagement
Die Digitalisierung birgt viele Verbesserungspotenziale im Personalmanagement. Professor Dirk Lippold, dessen Lehrtätigkeit auch Personal & Organisation umfasst, nennt zehn Maßnahmen, wie Unternehmen ihr Personalwesen optimieren können.
Suche nach Universalgenies ist Zeitverschwendung
Die Personalsuche wird in sehr vielen Fällen mit einer falschen Voraussetzung begonnen, nämlich der Stellenbeschreibung. Der Grund: Angesichts der wirtschaftlichen Dynamik innovativer Märkte bleibt auf mittlere Sicht kaum eine Stelle unverändert. Viel wichtiger ist also das Anforderungsprofil, das als Sollprofil der gesuchten Qualifikation besonders auch zur bewerbergerechten Segmentierung des Arbeitsmarktes dient. Aber Vorsicht: Recruiter sollten sich trotz hoher Anforderung die Suche nach dem Universalgenie abschminken.
Kein Tunnelblick auf Noten
Noten sind natürlich von Bedeutung. Personaler neigen jedoch dazu, sie als Zulassungskriterium für Vorstellungsgespräche zu stark zu bewerten. Das ist kurzsichtig und wenig hilfreich, um die richtigen Kandidaten für den ausgeschriebenen Job zu finden.
Im Einstellungsgespräch zählt nur noch Persönlichkeit
Im Einstellungsgespräch sollte das Augenmerk vorranig auf die Persönlichkeit des Kandidaten gerichtet werden. Noch wichtiger als Sachkenntnisse sind nämlich jene Skills, die für das Unternehmen erst später sichtbar werden. Dazu zählen Einstellungen, Werte, Motivation, Verhaltensmuster, Sensibilitäten und Loyalität.
Mehr Budget für die Personalauswahl
Unternehmen sollten einen Teil der Budgetgelder von der Personalentwicklung auf die Personalauswahl umschichten.
Onboarding schafft Vertrauen und Bindung
Neuen Mitarbeitern sollten speziell in der Anfangszeit im Zuge des Onboardings ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zuteil werden. Eine wirksame Maßnahme ist, den Neuling am ersten Tag nicht nur an seinen neuen Arbeitsplatz „zu setzen“, sondern ihn im Rahmen eines Einführungsseminars zusammen mit anderen neuen Beschäftigten willkommen zu heißen und über den Betrieb nachhaltig zu informieren. Ein solches Onboarding kann durchaus mehrere Tage umfassen und sollte von der Geschäftsleitung und dem Personalmanagement begleitet werden.
In ein gerechtes Gehaltssystem investieren
Das Gehaltssystem ist der größte Hygienefaktor eines Unternehmens. Wird es von den Mitarbeitern als ungerecht empfunden, hat das Management ein Problem, das ihm mindestens einmal im Jahr auf die Füße fällt.
Das Management braucht digitales Know-how
Digitale Transformation wird ohne die richtige Unternehmensführung nicht funktionieren. Das heißt, dass auch Manager sich weiterbilden müsssen, denn ohne digitales Know-how sind out.
Talentmanagement ist out – Talentpool ist in
In vielen Unternehmen ist das Talentmanagement darauf ausgerichtet, standardisierte Führungsklone als künftige Vorgesetzte zu produzieren. Im Hinblick auf die digitale Transformation ist es aber ratsam, Führungskräfte hinsichtlich der Eignung für den virtuellen Kontext auszuwählen beziehungsweise entsprechende Personalentwicklungsangebote (Beziehungstraining) anzubieten.
Weibliche Führungsnachwuchskräfte aufbauen
Die High Potentials unter den weiblichen Arbeitnehmern werden immer wichtiger für alle Unternehmen. Um Frauen an den Betrieb zu binden und besser zu integrieren, ist neben einer familienfreundlichen Gestaltung der Arbeitszeiten gezielt auf die Förderung der Karriere von weiblichen Arbeitnehmern zu achten.
Entlassungsgespräche nicht ans Personalmanagement delegieren
Viele Vorgesetzte sind der Meinung, Entlassungen seien Aufgabe der Personalabteilung. Doch das ist ein Irrtum! Die Führungskraft – und niemand sonst – muss hier Flagge zeigen und Verantwortung übernehmen.

4. Fehlende Prozesse

Nach Punkt 3 bedeutet das im Detail, dass fehlende Arbeitsprozesse, unklare Anforderungen und Verantwortlichkeiten für ein Scheitern verantwortlich sind.

Tipps: Legen Sie Prozesse fest und sorgen Sie dafür, dass Teams abteilungsübergreifend zusammenarbeiten und transparent kommunizieren. Noch wichtiger ist, dass die Ziele und Visionen durch die Führungsetage realistisch definiert werden und mit messbaren Kriterien hinterlegt werden. So kann später nachvollzogen werden, was gut lief und was besser hätte laufen könnte. Sichtbare Erfolge steigern die Motivation!

5. Keine Zeit

Ein Digitalisierungsprozess ist kein Zuckerschlecken. Er braucht Zeit, Geduld und Nerven. Nicht alle Mitarbeiter werden sofort veränderungsbereit sein.

Tipp: Machen Sie sich klar, dass es sich hier nicht um eine einmalige Anstrengung handelt, sondern um die Bereitschaft, kontinuierlich an den Strukturen, Prozessen, Vorgehensweisen und Einstellungen zu arbeiten. Das Ziel sollte die langfristige Zukunftsfähigkeit einer flexiblen Organisation sein.

Digitalisierung ist nicht einfach. Aber wer auch in Zukunft weiterhin am Markt bestehen will, muss den Schritt in die Digitalisierung wagen.

Die gesamte Studie "Employee Experience: Eingestellt und vergessen!?" können Sie hier downloaden.