Die hohe Schule der Kommunikation

Warum stumme Fische nie Chef werden

13.11.2011 von Sieglinde Schneider
An der Kommunikation hängt oft alles: Projekte scheitern, wenn man aneinander vorbeiredet. Wer seine Erfolge nicht richtig verkauft, macht keine Karriere.
Foto: Fotolia.de/ddraw

Kommunikation hat eine handfeste wirtschaftliche Dimension. Der Marktwert börsennotierter Unternehmen hängt zu 40 Prozent von ihrer Kommunikationsarbeit ab, haben amerikanischer Forscher herausgefunden. Sprachwissenschaftler haben berechnet, dass der deutschen Wirtschaft jährlich Schäden in Höhe von einer Milliarde Euro durch unverständliche Texte entstehen. Berater beziffern den Kommunikationsschaden bei IT-Projekten durch Missverständnisse und Reibungsverluste sogar auf über 20 Milliarden Euro im Jahr. Wenn Projekte scheitern, dann überwiegend an schlechter Kommunikation und fehlender Fähigkeit zur Auseinandersetzung und Lösung anstehender Probleme. Wie schafft man es, sich ins Gespräch zu bringen, den richtigen Ton, die richtigen Worte, den richtigen Kontext zu finden, souverän und in Klartext zu sprechen?

Raus ans Licht der Öffentlichkeit

Mit großem Einsatz und beeindruckenden Ergebnissen zu arbeiten bringt - wenn es gut läuft - Fleißkärtchen beim Chef. Die Frage aber ist, wofür und von wem man dafür Anerkennung und Aufmerksamkeit über den eigenen Schreibtisch hinaus erhält? Wer sich nicht selbst profilieren und seine Leistungen positionieren kann, der kann das auch nicht fürs Unternehmen. Das ist die simple Analogie, die gezogen wird. Und einer der Gründe, warum viele Frauen sich in Unternehmen unter Wert verkaufen und sich wundern, dass man nicht auf sie aufmerksam wird. Sie sind bescheiden und bleiben stumm wie ein Fisch. Am Ende eines Projektes sollte man sich immer fragen: Wie vermittle ich meinen Erfolg nach außen? Ein Beitrag in der Mitarbeiterzeitung, ein Vortrag, ein Tweed an Kollegen, überzeugende Erfolgsbeispiele oder intelligente Analogien. Vieles ist denkbar, jeder Versuch ist mehr wert als nichts zu tun. Gerade am Beginn einer Karriere gehört auch Mut dazu, sich als Experte seines oder ihres Fachs ins Gespräch zu bringen. Es lohnt sich immer und es verschafft die nötige öffentliche Aufmerksamkeit.

Seilschaften finden und binden

Wer gewinnen will, darf nicht allein kämpfen. Bündnispartner sind wichtig. Für die eigene Positionierung ebenso wie beim Erreichen wichtiger Unternehmensziele. Eine alte Netzwerkregel lautet: Es ist wichtig, wie man sich an Sie erinnert, wichtiger aber ist es, dass man sich an Sie erinnert. Ein persönliches Netzwerk wird wertvoller, wenn es mit etablierten Businessnetzwerken verknüpft wird. Einzelkämpfer passen nicht in unsere teamorientierte Unternehmenswelt. Wer Verantwortung trägt und Interessen vertritt, braucht Unterstützer. Diese müssen früh gesucht, klug eingebunden - und kontinuierlich gepflegt werden. Gute Netzwerker verschaffen sich Zutritt zu Gremien und öffentlichen Bühnen. Sie betätigen sich in Verbänden, Institutionen und Politik - nicht ohne Eigennutz. Sie investieren Zeit und Geld, in oft ehrenamtliches Engagement. Dafür erhalten sie einen Vorsprung an Wissen, Kontakten und Beziehungen. Dieses Pfund nutzen sie geschickt, um im eigenen Hause auf sich aufmerksam zu machen und sich für Höheres zu empfehlen.

Finger weg von Schachtelsätzen und Anglizsimen

Wer sich öffentlich äußert - mündlich im Vortrag, schriftlich gegenüber Mitarbeitern oder auch der Presse - muss jedes Wort bedenken und seine Formulierungen sehr genau und auf die Zielgruppe hin abwägen. Die Menschen sind, wenn sie betroffen sind, sehr wachsam. Glaubwürdigkeit und Stimmigkeit sind im Google-Zeitalter noch wichtiger, da das Internet alles dokumentiert. Unwahrheiten, Widersprüche, ungehaltene Versprechen lassen sich leicht aufdecken. Wahr und klar soll Kommunikation sein.

Wie ein Mensch sich äußert, welche Wörter, Metaphern oder Vergleiche er verwendet, wie anschaulich er spricht, das alles sagt viel aus über ihn und seine Anliegen. Deshalb sollen Formulierungen direkt, klar und unmissverständlich sein - wenn man Botschaften glaubwürdig adressieren will. Gerade in Vorträge oder Reden schleichen sich leicht komplizierte Satzgefüge, inhaltsfreie Schachtelsätze und Anglizismen ein. Je schwieriger oder unangenehmer eine schlechte Nachricht oder eine Stellungnahme ist, umso leichter verstecken sich die Vortragenden hinter distanzierender Schriftsprache, die vor Worthülsen, Fremdwörtern und Substantivierungen strotzt. Schauen Sie sich einmal an, wie gestelzt Entlassungen, Gewinnwarnungen, schlechte Jahresabschlüsse kommuniziert werden. Diese gewundenen Sätze sind die pure Angst. Ein solcher Sprachduktus weist mit dem Finger darauf, wie unwohl dem Redner bei seinem Vortrag ist. Die Zuhörer spüren das und nehmen nicht ab, was da gesagt wird. Schon ist es vorbei mit der Glaubwürdigkeit.

Business-Denglisch




























































Offenheit statt Betroffenheit

Natürlich wollen Unternehmen heute offen, partizipativ und transparent kommunizieren. Spätestens wenn ein Krisenfall eintritt, ist es schnell vorbei mit der Offenheit. Führungskräfte kommunizieren Informationen dann zurückhaltend, oft weil auch sie nicht mehr wissen, oder halten Bekanntes unter der Decke, weil sie die Wahrheit fürchten und auf wundersame Hilfe hoffen. Sie glauben, die Karre allein aus dem Dreck ziehen zu müssen. Dabei ertragen die Menschen auch schlechte Nachrichten oft viel besser, als von ihren Vorgesetzten angenommen wird. Die Wirklichkeit wird sie sowieso treffen. Wer als Führungskraft früh, verantwortungsvoll und nachvollziehbar mit den Menschen redet - direkt und klar, ohne Verklausulierung - der hält die Türen für einen Dialog offen. Eine Atmosphäre der Offenheit statt Betroffenheit erfordert Mut. Aber es ist der bessere Weg, um gerade bei schlechten Nachrichten und in unsicheren Zeiten, nach vorn zu blicken und Ideen und Lösungen zu entwickeln - im Gespräch miteinander.

Auseinandersetzung statt (purer) Information

Je klarer Ziele und Visionen sind, umso eher lassen sich Menschen dafür begeistern. Wie bringt man Mitarbeitern wichtige Nachrichten, wie Veränderungen nahe? Genügt es, eine neue Unternehmensstrategie, eine Umstrukturierung, eine Fusion - wortreich und in schönen Bildern zu beschreiben und dies in Hochglanz für alle zu drucken? Nein. Kontinuierliche Information über Fortschritte etwa in Blogs und Newsletter sind da schon besser. Doch ein eindimensionales Berichtswesen reicht nicht aus. Die Menschen wollen Austausch und Auseinandersetzung, wenn es um grundlegende Veränderungen und um die richtige Richtung geht. Wenn alle mitziehen sollen, müssen alle auch eingebunden werden. Dazu eignen sich virtuelle Austauschformen im Intranet, Foren und Blogs. Hohe Intensität entsteht aber erst, wenn Menschen sich begegnen, miteinander reden und ihre Erfahrungen und Einschätzungen austauschen. Um gegenseitige Positionen zu verstehen, Missverständnisse auszuräumen oder sich über Ziele oder Kompromisse zu verständigen, braucht man gut strukturierte Dialogformate. Hier sind Offenheit und Zielstrebigkeit gefordert. Kreative Dialog-Methoden, wie die Workshop-Methode World Café, sollten intensiver genutzt werden, weil sie so erstaunlich einfach Gemeinsamkeiten zutage befördern. Mit einem überschaubaren Zeitkontingent von einem halben Tag schon können langwierige Kommunikationsschleifen vermieden und wichtige Weichen gestellt werden - und das in einer entspannten Gesprächs- Atmosphäre. Eine gute Führungskraft kann damit früh Dialoge initiieren, Raum schaffen und sich dann für die Ergebnisse und deren Umsetzung vor den Mitarbeitern klar positionieren und verpflichten.

Medienkontakte weitsichtig managen

Auch von der Öffentlichkeit werden Unternehmer und Manager aufmerksam beobachtet. Doch wer als erfolgreiche Manager wahrgenommen werden will, braucht mediale Präsenz. Echte Typen sind gefragt, denn die Medien personalisieren Sachthemen immer stärker. Je bunter ein Hund ist, umso gefragter ist er. Die Unternehmen müssen hier ausbalancieren: einerseits ihre Anliegen offensiv platzieren, andererseits aber auch ihre Themen und Personen pointiert inszenieren. Gefragt sind Geschichten hinter den Fakten und die Menschen, die sie bewegen. Wirtschaftsvertreter konzentrieren sich dabei auf Sachthemen und wollen Persönliches außen vor lassen. Trotzdem muss es ihnen gelingen, mehr als nur emotionslose Experten und Vorbeter nüchterner Zahlenkolonnen zu sein.

Um die Story hinter den Unternehmensnachrichten zu finden und sie in anschauliche Geschichten zu übersetzen, braucht man Kommunikationsprofis. Sie beobachten und werten aus, was in den Medien steht und wo die öffentliche Agenda wie bedient werden kann. Medienarbeit ist Chefsache. Denn wer die Kommunikation beherrscht, hat die Macht. Deshalb sollte die systematische und persönliche Kontaktpflege zu relevanten Medienvertretern essentieller Bestandteil jedes Managerkalenders sein.

Gratwanderung zwischen Kalkül und Gefühl

Kommunikation ist ein gewichtiges Instrument, das Managern Gestaltungsmacht und -spielräume verleiht, um Unternehmen und Menschen erfolgreich zu führen. Kommunikation ist aber auch ein Minenfeld, das fehlgeleitet zu Problemen und Krisen führen kann. Letztlich ist sie eine Gratwanderung zwischen Kalkül und Gefühl, Offensive und Defensive, zwischen Themen und Timing. Wer zuerst spricht, verschafft sich Definitionsmacht und wer Themen öffentlich setzt, bestimmt die Agenda. Es kommt darauf an, aus der Vielzahl der Möglichkeiten, die für sich selbst und für sein Unternehmen wichtigen Themen zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Tonalität zu transportieren. Wer dann auch noch weiß, wer mit wem worüber redet und wer wem vertraut, der beherrscht die hohe Schule der Kommunikation.

Acht Fehler in der Kommunikation
Diese Kommunikationsfehler sollten Sie vermeiden
Was Sie in Gesprächen und Debatten tunlichst unterlassen sollten, um Fehlinformationen, Konflikte und Imageschäden zu vermeiden.
Fachchinesisch benutzen
Mit technischem Fachjargon um sich zu werfen, ist der größte Fehler, den IT-Verantwortliche in Gesprächen mit Nicht-IT'lern machen können. Viele Experten können nicht richtig einschätzen, wie tief das eigene Fachwissen geht und wo im Gegenzug das Fachwissen des Gegenübers endet. Hier kann es schnell zu Missverständnissen und Kommunikationsstörungen kommen.
Technische Probleme beklagen
Wer in der Team- oder Vorstandssitzung über technische Probleme im Rechenzentrum oder anderen Unternehmensstellen klagt, darf sich nicht wundern, wenn diese Beschwerden Irritation und Unsicherheit auslösen. Kollegen, die nicht mit den beschriebenen Interna vertraut sind, verstehen in einem solchen Fall oft nur "Der hat massive Probleme, die er nicht in den Griff bekommt." Natürlich müssen IT-Probleme auch im großen Kreis thematisiert werden dürfen, das jedoch besser in einer sachlichen Art und Weise, die jeder verstehen und nachvollziehen kann.
Wie ein Verkäufer reden
Manager, die bislang mit einem Business-Hintergrund tätig waren, und IT-Führungspositionen übernehmen, sprechen ihre neuen Untergebenen in einem aufgeblasenen Ton an und wirken dabei häufig wie Verkäufer, die die neueste Kollektion heiße Luft präsentieren.
Keine Fragen stellen
Gute CIOs stellen sinnvolle Fragen und hören auf die Antworten. So gelangen oft neue Aspekte in die Diskussion. Dazu werden die Kollegen eingebunden und die Beziehung zwischen Manager und Team gestärkt. Warum viele IT-Verantwortliche anders vorgehen? Sie haben (meist unbegründet) Angst, als unwissend und inkompetent dazustehen.
Niemanden einbinden
Gut ausgebildete CIOs sind überzeugt von ihren eigenen Ideen, welche Techniken sich wie am besten implementieren lassen. Viele vergessen darüber jedoch, dass auch die gesamte IT-Abteilung und der Vorstand womöglich noch eigene Ideen haben. Wenn CIOs ihre eigenen Vorstellungen ohne Rückfrage durchdrücken, verärgern sie deshalb viele Kollegen - selbst, wenn es die beste und richtige Wahl war.
Ängste schüren
Wenn der Vorstand überzeugt werden muss, das IT-Budget aufzustocken, diese oder jene Anschaffung oder Migration vorzunehmen, neigen manche CIOs dazu, in ihrer Argumentation zu übertreiben oder zu simplifizieren. Wenn neue Server angeschafft werden sollen, hört sich das dann so an: "Wenn wir bis kommende Woche nicht zehn neue Server im Schrank stehen haben, bricht der ganze Laden zusammen!"
Den Wertbeitrag nicht herausstellen
Viele CIOs betonen, wie wichtig die Unternehmens-IT ist. Die Vorstände verstehen aber häufig nicht, was die IT konkret zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Deshalb sollten IT-Verantwortliche in Präsentationen und Diskussionen immer noch einen Schritt weitergehen, als nur in den eigenen Grenzen zu argumentieren.
Mit PowerPoint einschläfern
Zu viele Folien, zu viele Nichtigkeiten. Effiziente Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf die wichtigsten Infos konzentrieren, die das zuhörende Publikum direkt betreffen. Im besten Fall kann gänzlich auf PowerPoint verzichtet werden - gute Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie von selbst im Gedächtnis haften bleiben und nicht durch eine Armada von Aufzählungspunkten.