Anbieter im Vergleich

Wartungsverträge sichern ERP-Fitness

22.01.2014 von Eric Scherer
Immer mehr ERP-Systeme sind zehn Jahre und länger im Einsatz. Um ihre Software dauerhaft fit zu halten, benötigen Anwender Zugang zu neuen Techniken und Funktionen. Anbieter gewährleisten dies in der Regel mit Weiterentwicklungen, die in neue Releases mündet. Über Wartungsverträge sichern die Anwender ihre ERP-Fitness. Doch die Leistungen der einzelnen Hersteller unterscheiden sich.

Viele Unternehmen sehen die jährlich anfallenden Wartungs-Gebühren von ERP-Standard-Software meist als notwendiges Übel. Dieser Umstand wurde deutlich, als vor einigen Jahren der Branchen-Primus SAP seine Wartungstarife erhöhte. Selten gab einen lauteren Aufschrei innerhalb der ERP-Anwendergemeinde, obwohl man eigentlich meinen müsste, dass im ERP-Bereich ganz andere Probleme im Vordergrund stehen.

Foto: Sandor Jackal, Fotolia.com

Mit der Wartungsgebühr erhalten Anwender Zugang zu Wissen beispielsweise in einem Supportfall, darüber hinaus stellen die Softwarehersteller mit den Wartungsverträgen aber auch die Rechtskonformität der ERP-Nutzung sicher und regeln den Zugang zu neuen Releases - zumindest solange ein Produkt noch im Wartungsmodus des entsprechenden Anbieters steht. Die Kosten für die Wartung, die in der Regel durch eine jährlich zu zahlende Pauschale abgerechnet wird, bilden in aller Regel zwar einen überschaubaren Anteil der jährlichen IT-Ausgaben eines Unternehmens. Aber insbesondere in Zeiten wirtschaftlichen Drucks steht gerade dieser Posten im Fokus der Finanzverantwortlichen, vor allem wenn es um das Thema Kostensenkungen geht.

Dabei besteht immer mehr eine Wechselwirkung zwischen den extern über einen Wartungsvertrag bereitgestellten Leistungen und dem intern bereitgehaltenen Wissen sowie den entsprechenden Ressourcen. Zahlreiche Leistungen eines Wartungsvertrages haben dabei eine Art "Versicherungscharakter". Schon bei der Planung ihrer ERP-Architekturen sollten Anwender den Beitrag von Supportleistungen und Supportservices zum Lösungsbetrieb mit berücksichtigen, um die Wartungsfähigkeit, Sicherheit und Langlebigkeit der Systeme zu gewährleisten. Außerdem hilft eine frühzeitig aufgesetzte Wartungsstrategie, die Investitionssicherheit sicherzustellen sowie die Betriebskosten zu beherrschen.

ERP-Systeme
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Herausforderungen im Bereich Support

Doch die komplexer werdenden IT-Landschaften stellen die Verantwortlichen vor wachsende Herausforderungen, was die Release-Fähigkeit ihrer Systeme betrifft. Dabei geht es nicht nur darum, rechtliche Vorschriften einzuhalten, sondern auch um das Einspielen von Patches und die Vermeidung von Systemausfällen. Außerdem wünschen sich die Fachabteilungen neben dem Einsatz der aktuellsten Versionen verstärkt auch die Bereitstellung aktueller Technologien, um schnell und flexibel auf die Erfordernisse des Marktes reagieren zu können.

Während es über lange Zeit das natürliche Verhalten vieler IT-Verantwortliche war, Release-Wechsel hinauszuzögern, zwingt der immer rasantere technische Wandel und das Potential aktueller Technologien de facto zu regelmäßigen Release-Wechseln. Wartungsverträge bilden damit quasi eine Art "Abo für die ERP- Fitness. Das soll ERP-Systemlandschaften jung und fit halten sowie verhindern, dass das eigene ERP-System allzu schnell in der Geriatrie-Abteilung der eigenen IT-Organisation landet.

Doch auch die Softwarehersteller müssen ihre Hausaufgaben im Fach Support erledigen. Der klassische Dreiklang des ERP-Geschäfts "Einführung, Betrieb, Ablösung" löst sich derzeit durch die Kaufzurückhaltung und eine gewisse Upgrade-Müdigkeit der Kunden zunehmend auf. Das Durchschnittsalter der installierten ERP-Systeme wächst kontinuierlich. Dieser Trend steht klar im Gegensatz zum "Fitness-Prinzip" für das eigene ERP-System. So lässt sich in der i2s ERP-Zufriedenheitsstudie empirisch nachweisen, dass Nutzer aktueller Softwareversionen deutlich zufriedener mit ihren ERP-Systemen sind als Anwender, die mit älteren Release-Ständen arbeiten. Für die Anbieter von ERP-Systemen ergibt sich aus diesen Rahmenbedingungen die Herausforderung, ihren Kunden den Umstieg auf die neueste Version - finanziell wie organisatorisch - so leicht wie möglich zu machen.

Dafür haben mehrere Softwarehersteller in der jüngeren Vergangenheit in ihrer Supportpolitik einen neuen Kurs eingeschlagen. SAP verfolgt beispielsweise mit dem Konzept der Enhancement Packages (EHPs) einen Weg, der die klassischen Themen "Ablösung" und "großer Release-Wechsel" im ERP-Lebenszyklus durch eine kontinuierliche Optimierung ersetzt. Durch regelmäßige Erweiterungen und Ergänzungen, die laut Anbieter ohne aufwändiges Upgrade-Projekt eingespielt werden können, bleibt das ERP-System fortlaufend auf einem aktuellen Stand und muss nicht nach Jahren der Vernachlässigung mühsam und kostenintensiv ausgetauscht werden. Dadurch entstehen auf Anwenderseite allerdings neue Fragen:

Vor diesem Hintergrund spielt eine Bewertung der Wartungs- und Support-Konzepte bereits während des ursprünglichen Auswahl- und Investitionsentscheids eine immer größere Rolle.

Auf den ersten Blick ähneln sich die Wartungsleistungen der führenden ERP-Anbieter Infor, Microsoft, Oracle und SAP. In den meisten Auswahlprojekten wird der Wartungsaspekt jedoch lediglich auf einen Vergleich der jährlichen Kosten in Prozentwerten reduziert. Diese übliche stark vereinfachte Betrachtung greift leider zu kurz, da sich sowohl der Leistungsumfang der Wartungspakete als auch die Qualität der jeweils zur Verfügung gestellten Leistungen durchaus und zum Teil sehr stark unterscheiden.

Erschwerend kommt hinzu, dass eine Flut von Powerpoint-Präsentationen und Schlagwörtern wenig zur Übersichtlichkeit und vergleichenden Bewertung beiträgt. Wichtig ist für Anwender auch zu klären, zu welchem Zeitpunkt sich die über Wartungsverträge gedeckten Leistungen beziehen lassen. So bietet aus der marktführenden ERP-Quadriga einzig SAP explizit Leistungen bereits für die Implementierungsphase und offeriert Unterstützung in Form von Qualitätschecks und bei der IT-Landschaftsberatung.

ERP-Anbieter im Vergleich

Infor

Das Maintenance-Modell von Infor umfasst die drei Hauptkomponenten (1) Kundenbetreuung, (2) Produktsupport und (3) Produktwartung. Gegliedert ist das Angebot in die Leistungsstufen Standard, Premium und Elite. Wenn ein Kunde den Xtreme-Premium-Support-Plan wählt, steht ihm ein sogenannter "Critical Incident Support" an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr für Support-Fälle des Schweregrad 1 (= Produktionsunterbrechung) zur Verfügung. Hinzu kommen interaktive Web-Briefings, Software-Updates und Feature-Packs, Patches und Service-Packs, Online-Communities und die Möglichkeit einer Remote-Zugriffsfunktion. Die Anzahl der Vorfälle, die gemeldet werden können, ist seitens Infor nicht begrenzt.

Proaktiv weist Infor Kunden, die ein entsprechendes Profil hinterlegt haben, auf Lösungen für kritische Vorfälle hin und bietet Lösungsvorschläge, die für den Kunden aufgrund von Profilübereinstimmungen interessant sein können. Allerdings fehlt bei diesem Ansatz die Berücksichtigung der Implementierungsphase (sowohl Erstimplementierung als auch der Wechsel auf neuere Versionen) im Support-Umfang.

Weiterhin fehlen inkludierte Upgrades, eine Unterstützung bei der Planung von Updates/Upgrades sowie eine kontinuierliche Überwachung der Systeme mit entsprechend daraus abgeleiteten Verbesserungsvorschlägen.

Microsoft

Microsoft verfolgt einen Maintenance-Ansatz, der die Partner, die bei Microsoft Verkauf und Implementierung des Systems übernehmen, stark mit einbezieht. Damit wird der direkte Kontakt zwischen Kunde und Implementationspartner gestärkt. Der Softwarekonzern bietet seinen Wartungskunden während der Vertragslaufzeit Zugriff auf die "Customer Source" genannte Website. Dort finden sich eine technische Datenbank, Downloads, Diskussionsforen, eine Wissensdatenbank mit Anleitungen zur Problembehandlung und Online-Schulungen. Anders als bei SAP blockiert Microsoft aber den Zugriff auf die "Partner Source" genannte Datenbank und sichert so seinen Partnern einen permanenten Wissensvorsprung vor den Kunden.

Mit dem "Business Ready Enhancement Plan" (BREP) genannten Wartungsvertrag erhalten Kunden alle Updates für das entsprechende Microsoft Dynamics Produkt. Dabei muss aber immer bedacht werden, dass je nach Kundeninstallation ein erheblicher Teil der installierten Lösung direkt vom Partner kommt. Dieser hat stets einen zeitlichen Versatz, um bei Microsoft-Release-Wechseln auch seine eigenen Partner-Templates nachzuführen. Mitunter können hier in der Praxis erhebliche Verzögerungen auftreten. Bei neuen Versionen wie beispielsweise Microsoft Dynamics AX 2012 müssen Kunden unter Umständen eine neue Lizenzform wählen, die zu Nachlizenzierungskosten führt, da die bereits gekauften Versionen nur teilweise angerechnet werden.

Daneben veröffentlicht Microsoft Service Packs und Hotfixes zur Problembehebung und stellt seinen Kunden entsprechende Veröffentlichungen bei steuerlichen und gesetzlichen Änderungen zur Verfügung. Zusätzlich sichern sich Kunden mit ihrer Unterschrift während der Laufzeit des Wartungskontrakts den zum Vertragsabschluss geltenden Systemlistenpreis, der darüber hinaus auch die Basis für die Berechnung der Wartungsgebühr darstellt. Allerdings wird bei einem Wechsel der Produktlinie und Edition der Systemlistenpreis neu berechnet. Gleichzeitig können aber Lizenzinvestitionen auf den Kaufpreis angerechnet werden, wenn ein Kunde beispielsweise von Dynamics NAV auf Dynamics AX oder von der Standard-Edition zur Professional-Edition wechselt.

Nicht inkludiert in dem Angebot ist ein telefonischer Support beim Hersteller direkt. Dieser muss mit dem jeweiligen Einführungspartner zusätzlich vereinbart werden. Der Dienst wird extra berechnet und durch den Partner geleistet. Microsoft bietet zudem unter dem Namen "Business Ready Advantage Plus Plan" einen Wartungsvertrag mit unbegrenztem telefonischen Problemlösungssupport an. Allerdings ist dieses Konstrukt nur in den Ländern USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Neuseeland, Südafrika und Dänemark verfügbar - und außerdem vergleichsweise teurer.

Oracle

Oracle bietet mit dem Oracle Premium Support for Software einen umfangreichen Ansatz, der neben Leistungen wie Online-Communities, Online-Schulungen, Upgrades/Updates, Patches, Einpflegen rechtlicher Änderungen und Hotfixes/Patches auch Planungs-Tools für Upgrades und Patches beinhaltet. Diese Hilfsmittel sollen einen möglichst reibungslosen Versionsübergang sicherstellen und berücksichtigen dabei auch bereits gemachte Erfahrungen anderer Kunden.

Als Besonderheit des Support-Konzepts setzt Oracle sehr stark auf Selbst-Diagnose-Tools, um im Zusammenspiel aus Oracle Software und Oracle Datenbank potenzielle Support-Themen frühzeitig anzuzeigen und Lösungswege aufzuzeigen.

SAP

SAP verfolgt mit dem Enterprise Support Konzept einen umfassenden Maintenance-Ansatz. Man darf hier durchaus von einer Vorreiterrolle von SAP sprechen, auch wenn die Leistungen gleichzeitig mit den höchsten Prozentsätzen am Markt erkauft werden müssen. Neben den Komponenten wie Updates, einer ausführlichen Online-Wissensdatenbank, der ständigen Berücksichtigung von steuerlichen und gesetzlichen Änderungen bezüglich Lokalisierungen, Hotfixes und Patches bietet SAP mit dem "Solution Manager" eine zentrale Plattform für das System- und Konfigurationsmanagement. Der SAP Solution Manager dient der zentralen Dokumentation von Prozessen, der Systemlandschaft, kundeneigenen Entwicklungen und Partneranwendungen. Durch die daraus resultierende Nachvollziehbarkeit von Systemänderungen erhalten Anwender Transparenz über ihr System und machen sich damit zum Teil auch unabhängiger von internen Know-how-Trägern und Partnern.

Eine attraktive Leistung, die man bereits während der Einführung nutzen kann, ist der "GoingLive Check", der technische Risiken analysiert und Empfehlungen zur Verbesserung der Performance, Verfügbarkeit und Wartungsfähigkeit gibt. Des Weiteren gibt es sogenannte Remote Services, die installierte Systeme permanent überwachen, um Ansatzpunkte für technische Verbesserungen zu liefern.

Handlungsempfehlungen

Ein Support-Konzept wird in der Regel nicht allein ausschlaggebend für eine Software-Entscheidung sein, sollte aber im eigenen Interesse mit evaluiert werden und sich nicht in der kommerziellen Bewertung von Pflegesatz und Jahrespflegegebühr erschöpfen. Es ist für Anwender wichtig, schon zu Beginn der Kundenbeziehung die Gewähr zu haben, dass auch der Hersteller an einem einfach aktuell zu haltenden ERP-System interessiert ist und entsprechende Maßnahmen von Anfang an mit anbietet. SAP bietet diesen Weg mit dem Enterprise Support als einziger der genannten Anbieter standardmäßig an.

Mit der zunehmenden Bedeutung von zufriedenen Bestandskunden und IT-Budgets, die unter sehr genauer Beobachtung stehen, wächst der Druck auf die Anbieter, herausragende Support-Leistungen anzubieten, die im wahrsten Sinne ihr Geld wert sind. Je früher Anwender aus den Support-Leistungen Gewinn ziehen können, desto höher ist die Akzeptanz, einen Maintenance-Vertrag abzuschließen und die gebotenen Möglichkeiten auch aktiv zu nutzen.

Ein weiterer, in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangelns nicht zu unterschätzender Punkt ist, dass ein effizienter Support auch zu einer Entpersonifizierung der IT-Abteilungen führen kann. Denn die Abhängigkeit des Unternehmens von einzelnen Systemkennern und externen Dienstleistern verringert sich deutlich durch den Einsatz von Standardmethoden, Werkzeugen und Services zur Systemanalyse und der Reduzierung nicht ausreichend dokumentierter Ergänzungen. (ba)

Weclapp Warenwirtschaft
Die auf Java basierende “Weclapp Warenwirtschaft” versetzt Firmen in die Lage, ihre Geschäftsprozesse im Verkauf, Einkauf, Produktion und Lagerverwaltung sicher und effizient managen zu können.
Sage Office Line 24
Eine weitere Cloud-basierende ERP-Lösung ist “Sage Office Line 24”. Angeboten wird das Ende 2013 lancierte System von der britischen Softwareschmiede Sage Software. Es richtet sich in erster Linie an Unternehmen im Handels- und Dienstleistungsbereich.
My Factory
Die ERP-Suite "My Factory Cloud" fokussiert sich auf die Geschäftsbereiche Einkauf, Distribution, Lagerhaltung und Verkauf und ermöglicht die zentrale Verwaltung von Kunden, Lieferanten und Artikeln.
Scopevisio
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