Virtual Reality

VR-Goldrausch dank neuer Brillen?

18.12.2015
In den nächsten Monaten steht die erste Bewährungsprobe für neue VR-Brillen bevor. Die Arbeit an passenden Inhalten läuft auf Hochtouren.

Der Begriff "virtual reality" ist schon seit den 1980er Jahren in Mode. Immer wieder wurde versucht, das Konzept in die Realität umzusetzen. Doch die Idee war ihrer Zeit lange voraus, die Geräte in jeder Hinsicht nicht leistungsstark genug und zugleich zu teuer und zu klobig. Nun steht die virtuelle Realität vor dem Sprung in den Alltag. In den kommenden Monaten sollen nach jahrelanger Entwicklung mehrere digitale VR-Brillen in den Handel kommen. Dann wird sich zeigen, ob die Technologie bereit für den Massenmarkt ist.

Steht der Virtual-Reality-Markt mit den kommenden Brillen vor dem Durchbruch?
Foto: Aleksandra Suzi - shutterstock.com

Virtuelle Realität: Vorfreude & Ungewissheit

Für die kommenden Brillen wie Oculus Rift oder Playstation VR waren Größe und Rechenleistung nur einige Hürden. Bis zuletzt war es so, dass sich viele User beim Ausflug in die virtuelle Realität über Übelkeit beschwerten. Das Preisgefüge reicht von 350 Dollar bis etwa 1500 Dollar und könnte ebenfalls bei manchem Consumer für ein flaues Gefühl in der Magengegend sorgen. Doch insbesondere viele Gamer warten seit Jahren auf den Durchbruch der VR-Devices und sind auch durchaus bereit, für die neue Technologie Geld in die Hand zu nehmen. Günstigere VR-Lösungen gibt es jedoch auch - zum Beispiel von Samsung. Die Koreaner haben erst kürzlich ihr Gear VR-Device auf den Markt gebracht, bei dem das Smartphone als Bildschirm dient.

Was die ersten Virtual-Reality-User erwartet, ist jedoch noch unklar. Sony demonstrierte die beeindruckenden Fähigkeiten der VR-Technik im Herbst zum Start des Kinofilms "The Walk", als Besucher einiger Vorführungen sich mit Hilfe einer Virtual-Reality-Brille selbst auf ein Seil zwischen den Türmen des New Yorker World Trade Centers begeben konnten. Wie man ein langfristiges VR-Erlebnis gestaltet - dafür fehlen allerding Erfahrungswerte.

Nehme man die Entwicklung des Handy-Marktes als Vergleich, sei Virtual Reality noch im Stadium der "Ziegelstein"-Mobiltelefone, sagte Ted Schilowitz - ein Zukunftsforscher von 20th Century Fox - jüngst der "New York Times". Die Technologie funktioniere zwar, sei aber noch lange nicht reif für den Massenmarkt. Die Marktforscher von Juniper Research rechnen für 2016 mit drei Millionen verkauften VR-Devices. Bis zum Jahr 2020 soll diese Zahl auf rund 30 Millionen anwachsen.

VR für LG G3
VR for G3
Im Rahmen einer Promotion-Aktion legt LG Käufern des G3 eine VR-Brille bei.
VR-Brille von LG
Das Brillengestell des "VR for G3" basiert auf Google Cardboard
VR-Brille von LG II
Das Smartphone wird vor die Linsen gesteckt und über einen Magneten an Ort und Stelle gehalten.
VR-Brille im Detail
Im Grunde besteht das Brillenkonzept nur um aus einem Rahmen, in den zwei Linsen eingefasst sich und der sich über ein Gummiband am Kopf befestigen lässt. Das LG-Gestell besteht allerdings aus Kunststoff.
VR-Brille im Detail II
Anders als die Gear VR von Samsung verfügt die Brille über keine zusätzlichen Sensoren oder Tasten, die Bedienung erfolgt also über die frei liegenden Hardware-Knöpfe des G3 oder über einen gekoppelten Bluetooth-Controller.

"Big in Business" mit Virtual Reality

Die Tech-Branche macht sich indes bereit für den VR-Goldrausch - das Rennen um die besten Inhalte für die virtuelle Realität läuft längst. Facebook, das rund zwei Milliarden Dollar für den Pionier Oculus hinblätterte, richtete im vergangenen Jahr ein eigenes Studio ein, das zunächst Kurzfilme für die VR-Brille dreht. "Geschichten in virtueller Realität zu erzählen, ist viel komplexer", sagte zur Präsentation der ersten Gehversuche Kreativdirektor Sascha Unseld vom Animationsstudio Pixar kam. Zugleich seien aber auch die Möglichkeiten vielfältiger, weil der User nicht mehr nur passiver Zuschauer ist, sondern ins Geschehen "eingreifen" kann. Die VR-Brillen erkennen Bewegungen ihrer Nutzer über Sensoren und passen das Bild entsprechend an.

Neben Computer- und Videospielen gilt auch der Musikmarkt als spannendes Anwendungsfeld - und hier insbesondere Konzertveranstaltungen. Im September stiegen die deutschen Medienkonzerne Springer und ProSiebenSat.1 zusammen mit Disney und dem Pay-TV-Anbieter Sky mit 65 Millionen Dollar beim Startup Jaunt ein. Die Firma hatte ihre Technologie unter anderem mit dem VR-Mitschnitt eines Auftritts von Ex-Beatle Paul McCartney demonstriert.

Der nächste Schritt sind Kameras, mit denen die reale Welt rundum erfasst werden kann. Google und der Actionkamera-Spezialist GoPro verkaufen ein System für 360-Grad-Videos für 15.000 Dollar. Gut die Hälfte dieses Betrags geht auf das Konto der sechzehn kreisförmig angeordneten GoPro-Kameras. Nokia und das kalifornische Startup Lytro nehmen hingegen den professionellen Markt ins Visier: Die Ozo-Kamera des finnischen Konzerns kostet 60.000 Dollar. Lytro geht noch einen Schritt weiter und will seine Lichtfeld-Technologie einsetzen, bei der - anders als bei klassischen Linsen-Systemen - möglichst viele Lichtstrahlen eingefangen werden. Die Kamera soll zunächst samt Server und Software einige hunderttausend Dollar kosten. Er rechne jedoch damit, dass die Technologie binnen drei Jahren auch für Verbraucher erschwinglich sein werde, sagte Lytro-Chef Jason Rosenthal dem US-Magazin "Fast Company". (dpa/fm)

Gartner: 10 Technologie-Trends für 2016
10 Technologie-Trends für 2016
Welche Trends prägen IT und Technik im kommenden Jahr – diese Frage beantwortet jetzt der US-Marktforscher Gartner in dem Papier „Gartner identifies the top 10 strategic technology trends for 2016“.
1. Endgeräte-Mischmasch
Gartner fasst unter diesem Punkt die wachsende Menge mobiler Geräte zusammen. Es geht dabei nicht nur um Smartphone und iPad, sondern auch um Wearables (etwa zum persönlichen Gesundheits-Management), klassische Consumer-Geräte und Devices für das vernetzte Zuhause sowie Geräte im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge. Aufgabe von Anbietern jeglicher Services und Gadgets ist es, die Interoperabilität dieses Mischmasch zu ermöglichen.
2. Erfassung der unmittelbaren Umgebung
Die Welt ist immer weniger, was sie scheint – beziehungsweise die IT verändert die Wahrnehmung dieser Welt in Richtung Augmented Reality und virtuelle Welten. Noch aber stehen der genussvollen Nutzererfahrung Medienbrüche im Wege. Unter den unabhängigen Software-Vendoren werden sich bis 2018 die durchsetzen, die diese Medienbrüche am besten kitten können.
3. 3D-Druck
Längst geht es bei 3D-Druck nicht mehr nur um Dinge wie Ersatzteile für Maschinen. Tüftler sprechen bereits von biologischem Material wie etwa menschlicher Haut, die per 3D-Druck hergestellt werden kann. Gartner erwartet im allerdings schwammig formulierten Segment „3D-druckfähige Materialien“ bis 2019 ein jährliches Wachstum von 64 Prozent.
4. Ordnung in der allumfassenden Information
Inhaltliche Daten etwa aus Dokumenten, Audiodaten, Videodaten, Daten von Sensoren – die ganze Welt wird datentechnisch erfasst, aber noch fehlen Menschen, die diese Daten in nützliche Zusammenhänge setzen. Diese Menschen brauchen semantische Tools. Gartner schreibt „Information of Everything“ bereits als eine Art neuer Strategie aus, die dieses Thema angehen wird.
5. Lernende Maschinen
In seinen „Robotermärchen“ schreibt der polnische Autor Stanislav Lem über die Urweltmaschinen, die die denkenden Maschinen erzeugten, die wiederum die gescheiten Maschinen erzeugten bis zu den vollkommenen Maschinen. Gartner scheint einer ähnlichen Logik zu folgen. Smarte Maschinen werden das klassische Computing hinter sich lassen und mittels Deep Neural Nets (DNN) selbstständig lernen können.
7. Lernfähige Sicherheitsarchitekturen
Während CIOs zunehmend Cloud nutzen und offene Schnittstellen schaffen, um Partner, Lieferanten und Kunden besser zu integrieren, schläft auch die Hacker-Branche nicht. In Sachen Security müssen sich Unternehmen lernfähiger zeigen.
8. Lernfähige System-Architekturen
Was für die Sicherheits-Architekturen gilt, betrifft auch die System-Architekturen. Gartner schreibt von neuro-morphologischen Architekturen, die das Zusammenspiel all der Hardware (stationär und mobile) und den Daten von Sensoren und aus anderen Quellen ermöglichen soll. CIOs werden verstärkt mit Field-programmable Gate Arrays (FPGAs) operieren. Salopp formuliert: Die IT-Systeme gleichen sich immer stärker der Funktionsweise eines menschlichen Gehirns an.
9. App und Services-Architekturen
Die Zeit monolithischen Anwendungs-Designs ist vorbei. Die Architektur der Zukunft orientiert sich an Apps und Services. Sie funktioniert Software-definiert und soll dadurch mehr Agilität und Flexibilität ermöglichen. Stichworte sind hier Microservices und Container.
10. Plattformen für das Internet der Dinge
Die genannten neuen Architekturen erfordern neue Plattformen, das Internet der Dinge steuert weitere Anforderungen bei. CIOs müssen ihre aktuellen Plattformen überprüfen, was keine leichte Aufgabe sein wird, so Gartner. Denn: Der Anbietermarkt für geeignete Plattformen ist schwer zu durchschauen, von Standardisierung kann bei diesem ganzen Thema noch keine Rede sein. Vor 2018 wird das auch nicht besser, schätzt Gartner.