Innovations-Management

Von der Idee zum innovativen Produkt

27.01.2009 von Andreas Roth und Thorsten  Zenker
Innovation funktioniert nicht auf Knopfdruck. Deshalb sind Unternehmen gut beraten, die kreativen Ideen ihrer Mitarbeiter in einem strukturierten Prozess zu kanalisieren.

Im Unterschied zu Forschungseinrichtungen können Unternehmen Innovation nicht als Selbstzweck betreiben. Ihr Ziel muss es vielmehr sein, schöpferische Prozesse in marktreife Produkte münden zu lassen. Die Formel lautet: Innovation gleich Erfindung plus Vermarktung. Wer im schnelllebigen ICT-Geschäft mit neuartigen Lösungen eher am Markt ist, sichert seine Umsatz- und Gewinnpositionen - zumindest solange, bis ein Nachahmer die Geschäftsidee günstiger anbietet.

Foto: Jeff Metzger/Fotolia.com
Foto: Jeff Metzger/Fotolia.com

Darüber hinaus trägt Innovation unbestreitbar zum Image eines Unternehmens bei. Anbieter, die als erfinderisch und innovativ gelten, sind auch im Alltagsgeschäft eher erfolgreich. Last, but not least gewinnen diese Unternehmen erfahrungsgemäß die besten Mitarbeiter. Gerade im Dienstleistungsbereich ist dies von herausragender Bedeutung. Hier entscheiden die besten Köpfe über die Qualität und den Ruf einer Firma, und nicht Maschinen, die sich jeder Wettbewerber auch anschaffen kann.

Katalysator für Ideen

Zum Innovator wird ein Unternehmen nicht von selbst. Es muss sich dafür zwar nicht neu erfinden, aber seine Innovationsprozesse strukturieren. T-Systems hat zu diesem Zweck ein zentrales Innovations-Management eingerichtet. Seine Aufgabe besteht ausdrücklich nicht darin, selbst kreativ und innovativ neue Produkte und Lösungen zu entwickeln, sondern die gesamte Organisation bei der Ideenfindung zu unterstützen und als Trichter wie auch als Katalysator zu wirken. Dabei ist immer zu beachten, dass Innovation in der Perspektive eines ICT-Dienstleisters zumeist wesentlich komplexer ausfällt als aus der Sicht des reinen Technikers. Manche Technologien verbringen erst einige Jahre in der Warteschleife, bevor sie reif für ihre Vermarktung sind und ihren Anwender wirklich weiterbringen. Diesen richtigen Zeitpunkt zu erkennen, ist Aufgabe des Innovations-Managements, in dem folgerichtig auch mehr Marktkenner als Technikspezialisten versammelt sind.

Call for Proposal

Ein erfolgreiches Instrument im Innovationsprozess ist ein "Call for Proposal" unter den Mitarbeitern. Denn die besten Ideen kommen erfahrungsgemäß aus dem eigenen Haus. In einem Template beschreiben die Mitarbeiter ihre Idee und schildern aus Kundensicht, welche Vorteile ihre Lösung mit sich bringt - und welche Leistungen T-Systems dafür erbringen muss. Dem Innovations-Management obliegt es dann, aus der Vielzahl der eingereichten Vorschläge diejenigen auszuwählen, die den größten Markterfolg versprechen. Dann gilt es für die Projektleiter aus den Linienfunktionen, ihre Vorschläge in Geschäftsmodelle zu gießen und detaillierte Verwirklichungsmaßnahmen zu entwickeln. In der sich anschließenden Realisierungsphase unterstützt das Innovationsmanagement nicht nur mit dedizierten Entwicklungsbudgets, sondern auch mit tatkräftiger Mitarbeit.

Was lange währt…

Dabei vollzieht sich Innovation nie im luftleeren Raum: IT-Lösungen lassen sich nicht aus dem Hut zaubern. Manche sind vielmehr eigentlich ein "alter Hut". So wie das in der Informationstechnologie bereits seit rund dreißig Jahren geläufige technische Prinzip von Terminal und Server, das nun - vergleichbar dem noch länger bekannten Elektroantrieb in der Automotorentechnik - in einer neuen Variante seine Renaissance feiern kann. Die Idee, Anwendern jederzeit und überall auf verschiedenen Endgeräten ihre gewohnte Desktop-Umgebung mittels Server-based Computing zur Verfügung zu stellen, gibt die richtige Antwort auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt, in der mobile Anwendungen und Geräte immer häufiger zum Einsatz kommen.

Inzwischen stimmen für solche Konzepte auch die Markt- und Rahmenbedingungen - im Gegensatz etwa zu Application Service Providing, das schlicht zehn Jahre zu früh am Markt auftauchte. Heute hingegen ist es für Unternehmen alltäglich geworden, Services nicht mehr im eigenen Haus vorzuhalten, sondern sie über das Netz zu beziehen und bei Bedarf mobil zu nutzen. Hieran wird deutlich, welch einschneidender kultureller Wandel sich in den Nutzergewohnheiten ereignet hat. Last, but not least stehen für solche Dienste mittlerweile auch sichere und breitbandige Leitungen zu niedrigen Preisen zur Verfügung.

Damit solche innovativen Lösungen angenommen werden, müssen sie allerdings auch den Wünschen und Bedürfnissen der Anwender entgegenkommen. Daher ist es beispielsweise für Unternehmen ratsam, als Endgeräte neben den klassischen "dummen" Thin Clients, die nur den Zugriff auf die wichtigsten Applikationen anbieten, auch "Fat Clients" zuzulassen, sofern Mitarbeiter einen entsprechenden Bedarf anmelden.

Mobile Lösungen dieser Art können es Unternehmensmitarbeitern künftig ermöglichen, an jeden fremden Rechner, sei es in einem Internet-Café oder bei einem Kunden, den eigenen Desktop abzurufen und mit ihm zu arbeiten, ohne irgendwelche Datenspuren auf dem Fremdgerät zu hinterlassen. Das entsprechende Sicherheitskonzept sollte von Anfang an ins Produktdesign einbezogen und nicht nachträglich aufgesetzt werden. Ferner gilt es bei solchen Lösungen zu beachten, dass die IT-Welt nicht ausschließlich aus Microsoft besteht: Neben typischen Windows-Terminal-Server-Leistungen wie Office und SAP-Benutzeroberflächen sollten auch Open-Source-Systeme wie Linux, Open Office oder Thunderbird im Angebot sein. Wahlfreiheit und Offenheit lauten hier die Gebote.

Der Weg verändert das Ziel

Alle diese exemplarisch vorgestellten Gedankengänge sind in Innovationsprozessen nicht auf einen Schlag präsent; sie entwickeln sich vielmehr im Laufe eines Projekts. Dies nimmt seinen Anfang meist in der Machbarkeitsstudie (Proof of Concept), bei der sich nach Abstimmung mit Vertrieb, Sales und Produkt-Management schon die ersten Änderungen am Konzept ergeben. Innovation aus einem abteilungsübergreifenden Blickwinkel zu betrachten, ist von entscheidender Bedeutung für das Gelingen eines solchen Projekts - oder auch für den rechtzeitigen Stopp, falls sich ein Scheitern abzeichnet. Vorteilhaft für die Realisierung ist es in jedem Fall, die Projektleitung bei den Abteilungen anzusiedeln, die im operativen Geschäft zuhause sind und die Kundenbrille immer griffbereit haben. Der Ideengeber und Innovator übergibt sozusagen den Stab und bleibt dem Projekt als beratender Coach erhalten.

Ein weiterer wesentlicher Faktor für den Erfolg ist natürlich die Unterstützung der Führungsgremien. Ein Projektpate in der Geschäftsführung ist enorm hilfreich, um ein solches Innovationsvorhaben sozusagen auf die "Überholspur" zu befördern: Das Standard-Prozedere für Entwicklungsprozesse wird abgekürzt, dadurch beschleunigt sich der Weg durch die Gremien bis zur Bewilligung des Budgets. Innovation ist in jeder Hinsicht ein Lernprozess, der auf Neugier und Unvoreingenommenheit beruht. Und es gibt sie nicht zum Nulltarif. Aber nur wer bereit ist, in Innovation zu investieren, kann in den immer schnelleren Entwicklungszyklen von Technologie und Services an der Spitze bleiben.