Professoren gründen Portal

Vom unternehmerischen Akademiker zum akademischen Unternehmer

13.01.2010 von Hans Königes
Kerstin Wagner und Andreas Ziltener arbeiten als Professoren an der Schweizer Fachhochschule in Chur. Nun haben sie eine Online-Plattform initiiert, die Wissenschaftler und Praktiker zusammenbringt.

Vor vier Jahren nimmt Kerstin Wagner ihre Stelle an der Fachhochschule Chur in der Schweiz an, um das zu unterrichten und zu erforschen, was Unternehmensgründer antreibt und wie neue Ideen auf dem Markt erfolgreich umgesetzt werden, sprich, sie ist Professorin für Entrepreneurship. Dort trifft sie auf ihren Kollegen Andreas Ziltener, ebenfalls Professor für Entrepreneurial Management.

Kerstin Wagner und Andreas Ziltener sind Professoren und Unternehmensgründer.

Die beiden Forscher erleben, dass zwar zahlreiche Plattformen für den sozialen und den geschäftlichen Austausch existieren, aber kaum eine, die es wissenschaftlich Tätigen ermöglicht, die eigene Arbeit, aktuelle Forschungsthemen und neuen Ideen zu präsentieren oder neue Kooperationen anzustossen. Dabei machen sie immer wieder die gleichen Beobachtungen, wie Wagner erzählt: Die Wissenschaftskommunikation zwischen Forschern, Journalisten und Anwendern wie Firmen funktioniert nur bedingt.

"Zudem beobachten die beiden Professoren, dass heute Firmen verstärkt Wert legen auf das Thema nachhaltige Wirtschaften, das nicht nur den Profit im Fokus hat, sondern gleichzeitig auch gesellschaftlich-soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt und dies auch von den Kunden wahrgenommen wird. Damit einhergehend verändern sich auch die Forschungsprojekte an Hochschulen, die sich mit Fragestellungen beschäftigen, die eine ethische, soziale oder ökonomische Verantwortung beinhalten. Nicht zuletzt betreffen diese Fragen auch die Studieninhalte, die gerade in der Management-Ausbildung einen Richtungswechsel vollziehen.

Von diesen täglichen Herausforderungen angetrieben, gründeten sie 2009 die Firma Sciencebuster AG mit Sitz in Zürich. Das neu gegründete Research Network for People, Planet and Profit zielt darauf ab, dass Wissenschaftler ihr Wissen, ihre neuen Ideen und Ansätze aus der Forschung sichtbar machen, mit anderen teilen und "so ihren Beitrag zu einer besseren Welt leisten", wie es Kerstin Wagner formuliert.

Für Andreas Ziltener ist es bereits das dritte Unternehmen, das er gründet. Er ist heute noch Teilhaber und Verwaltungsratspräsident seiner ersten vor zehn Jahren gegründeten Firma, der beecom AG. Das auf Softwareentwicklung spezialisierte Unternehmen spielt heute eine wichtige Rolle als Technologielieferant für Sciencebuster. Nach einem ersten entwickelten Prototypen ist die Plattform Sciencebuster seit November 2009 online frei zugänglich und erlaubt den Nutzern, kostenfrei ein Profil anzulegen, die eigenen Themen zu präsentieren und dazu passende Videofilme oder Dokumente mit einzubinden. In Kürze wird die Benutzeroberfläche neu gestaltet und ein Tool angeboten, das es den Mitgliedern erlaubt, sich in eigens angelegten virtuellen Räumen auszutauschen und zusammenzuarbeiten.

Beim Start im Sommer 2009 wurde das Gründungsteam von einigen Freunden und Kollegen finanziell und inhaltlich unterstützt. "So ein finanzielles Commitment verpflichtet umso mehr, erfolgreich zu sein und denjenigen, die nun zusammen mit uns an die grosse Idee glauben, eines Tages auch etwas zurückzugeben", so Ziltener. Zum anderen stellen sich einige Softwareexperten, Juristen und Marktkenner als wertvolle Sparring-Partner zur Verfügung.

Die erste Finanzierungsrunde reichte, um die Plattform aufzusetzen. Ab dem Jahr 2011 ist vorgesehen, den Break Even zu erreichen. Auch zwei Partnerschaften wurden bereits abgeschlossen, davon ist eine die Premium-Partnerschaft mit der Marke Cherry der ZF Electronics GmbH (www.cherry.de). Sie entwickelt und produziert unter anderem Computer-Eingabegeräte. Cherry kommt zudem dem nachhaltigen Gedanken nach, indem sie sich für Schulen und Universitäten engagiert und mit dem Programm "Pro Schule" dazu beiträgt, deren IT-Ausstattung zu verbessern und in die Ausbildung unserer Jugend zu investieren.

Momentan investieren die Gründer neben ihrer Hochschultätigkeit ihre restliche verfügbare Zeit in das neue Unternehmen, und doch sind die zeitlichen Ressourcen immer knapp. Gerade die Herausforderung, neuen Mitglieder das Ziel und die Vision der Plattform näherzubringen, ist sehr zeitintensiv. Zum Glück sind die beiden Gründer und ihr Umfeld fest in der wissenschaftlichen Welt verankert, kennen viele Organisationen, besuchen Konferenzen und wissen wie ihre Klientel tickt.

Nachdem Wagner und Ziltener am eigenen Beispiel auf ideale Weise Theorie und Praxis der Unternehmensgründung glaubhaft vermitteln können, treten sie vor ihre Studenten mit dem Satz: "Alle Gründer sagen, dass die Selbständigkeit ein harter und steiniger Weg ist, tatsächlich ist es viel härter und viel steiniger." Die beiden wollen damit aber keineswegs die Jungunternehmer in ihrem Elan bremsen, sie möchten vor allem verdeutlichen, dass Durchhaltevermögen eine der wichtigsten notwendigen Eigenschaften von Gründern ist.

Die Wissensplattform

Sciencebuster (www.sciencebuster.com) will Wissenschaftler, Praktiker und Journalisten zusammenbringen. Die Online-Plattform soll dazu dienen, dass sich Forscher mit ihren Themen vorstellen können. Darüber hinaus soll der Gedankenaustausch etwa mit Firmen, Verbänden, und im nächsten Schritt die Zusammenarbeit gefördert werden. Die Online-Plattform besteht aus verschiedenen Komponenten, etwa Standard-Open-Source- Entwicklungen, die von der Kooperationsfirma beecom AG in Zürich zu einer Standardplattform (beeboxx) zusammengesetzt und ergänzt wurden, sowie neue, auf die Nutzerberbedürfnisse abgestimmte und entwickelte Komponenten. Zu den spezifischen Entwicklungen gehört ein Werkzeug, das den Mitgliedern erlaubt, weltweit versionsgestützt zusammenzuarbeiten.