EFSS

Vom Sync und „Unsync“ des File Sharing

24.05.2016 von Carsten Mickeleit  
Ist die Definition von Enterprise File Sync and Share (EFSS) irreführend?
Nur ein Modewort? Dokumente wurden auch schon ohne EFSS geteilt.
Foto: Shutterstock.com - watcharakun

In der IT ist es manchmal nicht anders als in der Mode: Alle paar Jahre werden altbekannte Trends als neu deklariert. Interessant wird es dann, wenn ein Trend den Anspruch erhebt, dass herkömmliche Dinge auf einmal völlig anders umgesetzt werden müssen. Das Enterprise File Sync und Share (EFSS) ist aus meiner Sicht genau solch ein Fall, der sich aktuell gerade an einem neuen Wendepunkt befindet, nämlich dem Trend zum "Unsync". Damit schließt sich der Kreis einer kleinen Irrfahrt.

Was ist geschehen? Dropbox gewann vor ein paar Jahren die Herzen der Anwender. Unternehmens-IT und Software-Hersteller gerieten dadurch unter Druck und suchten händeringend nach einer Dropbox-Alternative für Unternehmen. Dabei war der Weg von Dropbox klar vorgezeichnet: Man teilt Dateien, indem man sie in die Cloud hochlädt und möglichst auf allen seinen Geräten synchronisiert. Die Definition der EFSS-Systeme war geboren.

Mit Dropbox konnte man auch vom Smartphone auf Dokumente zugreifen. Die irrige Ansicht, dass dies nur auf diesem Weg möglich wäre, verbreitete sich so stark, dass ich sogar Kunden erlebt habe, die ihren gesamten Dateiserver in die Cloud verschieben wollten, um mit dem Smartphone auf ihre Dokumente zugreifen zu können.

Dabei wurde folgendes übersehen:

Nur sollte man es dann tunlichst unterlassen, diesen zu synchronisieren, denn jede Wette: So viel Speicherplatz hat kein Laptop. Alles Punkte, bei denen man denkt, dass diese den Anwendern dann auf die Füße fallen, wenn das EFSS erst einmal richtig eingesetzt wird. Und genau dieser Punkt scheint jetzt erreicht. Der neueste Trend im Enterprise File Sync and Share ist das Unsync. Auch getrieben von dem Startup Odrive, das quasi eine Metaebene zu EFSS-Systemen bieten möchte, hat Dropbox in den letzten Wochen mit dem Projekt Infinite seine Version des Unsync angekündigt. Und man kann sicher sein, dass die EFSS-Hersteller in den Startlöchern stehen, auch dieses Feature zu bieten. Also die Unterlassung des Kern-Features von Dropbox.

Auf Sync folgt Unsync

Das soll hier nicht hämisch klingen, denn dieses Feature des Nicht-Synchronisierens macht Sinn und zwar genau dann, wenn EFSS-Dienste massiv genutzt werden. Dropbox bietet seinen Pro(fi)-Anwendern 1 TB Speicher, das Berliner Startup Teamplace verspricht gleich unbegrenzten Speicher für jedes Projekt für 90 Tage. Datenmengen, die beim Versuch, diese auf dem Laptop zu synchronisieren, heute noch jede Platte sprengen.

Interessant wird die Umsetzung des Unsync. Wie in den Ankündigungen zu hören war, wird quasi eine Repräsentanz der Datei im Dropbox-Verzeichnis angezeigt, und die Datei erst bei der Auswahl heruntergeladen. Man darf gespannt sein, ob die Usability tatsächlich wesentlich von dem einfachen Download abweichen wird, den Citrix interessanterweise als On-Demand-Synchronisation bezeichnet hat.

Letztendlich zeigt dieses Unsync-Feature, dass der EFSS-Ansatz in seiner herkömmlichen Form an Grenzen stößt. Ist ein EFSS mit dem Unsync Feature noch ein EFSS oder können sogar EFSS Systeme ohne Unsync nicht mehr zu dem Bereich EFSS gezählt werden? Oder spart man sich das Hin und Her von Sync und Unsync und setzt lieber auf den selektiven Download?

Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen sich folgende Fragen bei der Einführung eines EFSS-Systems stellen:

Mit der Beantwortung dieser Fragen sollte sich ein klares Bild abzeichnen, welche Lösung die richtige ist. Soll die EFSS-Lösung On-Premises installiert werden und auf Basis des vorhandenen Dateiservers funktionieren - wie beispielsweise der Cortado Corporate Server oder eine Hybridlösung wie Citrix Sharefile? Oder ist eine reine Cloud-Lösung wie Box die geeignete Lösung?

Für die Zukunft schlage ich vor, einfach auf das S für Sync zu verzichten, dann darf als EFS auch der alte Dateiserver wieder mitspielen, denn so manches Kommunikationsproblem ließ sich schon dadurch lösen, dass man dem Kollegen das richtige Verzeichnis verriet. (mb)