Südeuropa belastet Geschäft

Vodafone mit weniger Umsatz als erwartet

20.07.2012
Beim weltgrößten Mobilfunkkonzern Vodafone belastet die europäische Konjunkturflaute das Geschäft.
Vodafone-Chef Vittorio Colao
Foto: Vodafone

Im ersten Quartal, das bei dem britischen Mobilfunker von April bis Juni reicht, blieb der Konzern wegen rückläufiger Umsätze in Italien und Spanien hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Konzernweit stieg der Mobilfunkumsatz wechselkursbereinigt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,6 Prozent, wie das Unternehmen am Freitag in London mitteilte. Experten hatten allerdings mit etwas stärkerem Wachstum gerechnet. Der Gesamtumsatz legte organisch um ein Prozent zu, mit Berücksichtigung von Wechselkurseffekten gingen die Erlöse jedoch um 7,7 Prozent auf 10,77 Milliarden Britische Pfund (13,8 Mrd Euro) zurück. Die im Stoxx Europe 50 notierte Aktie verlor in London am Vormittag knapp drei Prozent auf 177,60 Pence.

Im Geschäft von Vodafone spiegelte sich die konjunkturelle Lage Europas: Während die deutsche Tochter im Mobilfunk ohne Wechselkurseffekte um 4,2 Prozent zulegte, gaben Italien um 7,7 Prozent und Spanien um zehn Prozent nach. Auch im Heimatmarkt Großbritannien verlor das Unternehmen wegen starken Wettbewerbs und einer schwachen Wirtschaftsentwicklung etwas an Boden (minus 0,8 Prozent). Vodafone erwirtschaftet mehr als zwei Drittel seines Umsatzes in Europa. "Trotz der schwierigen Marktbedingungen insbesondere in Südeuropa machen wir Fortschritte in den Schlüsselbereichen Datengeschäft, Geschäftskunden und in den Schwellenländern", sagte Konzernchef Vittorio Colao.

In Deutschland verkaufte Vodafone mehr Datentarife zusammen mit den computerähnlichen Smartphones, die mobile Internetnutzung ermöglichen. So steigerte der Konkurrent der Deutschen Telekom den Umsatz mit Daten um rund ein Fünftel. Auch bei Geschäftskunden stand in Deutschland ein Umsatzplus von rund acht Prozent zu Buche - erst Anfang der Woche hatte der Konzern mitgeteilt, dass er Europas größten Autobauer Volkswagen (VW) in Deutschland und sechs weiteren europäischen Ländern als Kunden gewann.

Das Geschäft mit der mobilen Datennutzung wuchs bei den Briten wechselkursbereinigt um über 17 Prozent. Nach Vodafone-Angaben nutzen rund 29 Prozent der europäischen Kunden mittlerweile Smartphones. Und das Geschäft mit dem mobilen Internet soll weiter wachsen. Derzeit rüstet Vodafone in Deutschland sein Netz mit LTE (Long Term Evolution, auch 4G genannt) auf und wirbt mit der schnelleren Geschwindigkeit um Kunden. Nach Unternehmensangaben deckte der Mobilfunker Ende Juni in Deutschland rund 35 Prozent der Haushalte mit dem schnelleren Netz ab. 193.000 Kunden nutzten die neue Technik, hieß es von Vodafone.

20 Jahre Mobilfunk
Seit Juli 1992 können deutsche Kunden im digitalen Mobilfunknetz telefonieren. Die damals gestarteten D-Netze konnten zügig das vorhandene, aber sparsam genutzte analoge C-Netz ersetzen. Wir erinnern an Meilensteine in der nunmehr 20-jährigen Geschichte des GSM-Netzes in Deutschland.
Juli 1992 - Start der D-Netze in Deutschland
Die D-Netze von Telekom (D1) und Mannesmann Mobilfunk (D2) nehmen den Betrieb auf. Der private Herausforderer hat die Nase vor: Das D2-Netz geht am 30. Juni an den Start, D1 folgt am Tag darauf. Um die D2-Lizenz hatten sich zehn Firmenkonsortien beworben, darunter BMW, Springer, MAN und Daimler.
Juli 1992 – GSM – God send Mobiles
Der Betriebsstart hatte sich verzögert, weil es zunächst keine Handys gab. Das Kürzel GSM (Global System for Mobile Telecommunications) für den digitalen Mobilfunkstandard wurde zum Stoßgebet: "God Send Mobiles“. Im Juni können Ericsson und Motorola endlich eine europaweite Zulassung vorweisen. Zum Start stehen nur mobile Telefone im Kofferformat wie das Motorola "International 1000" bereit. Die Telekom wirbt zum D1-Netz-Start mit zwei unterschiedlichen Modellen zum Preis von 3190 Mark und 3850 Mark. Die Grundgebühren belaufen sich auf 79 Mark pro Monat.
Herbst 1992 – Das erste GSM-Handy
Im Herbst folgen tragbare Mobiltelefone. Das erste GSM-fähige Handy ist das „Motorola International 3200“, genannt „der Knochen“. Der Hersteller Loewe greift erstmals den neuen Gattungsbegriff "Handy" in der Produktbezeichnung seines "HandyTel 100" auf.
Dezember 1992 – SMS wird eingeführt
Der Short Message Service (SMS) wird eingeführt. Zunächst ist der Dienst eine kostenlose Ergänzung zur Telefonie, weil die Provider ihn als überflüssiges Anhängsel des GSM-Standards erachten. Erfolg und Gebührenpflicht kommen erst Jahre später.
Mai 1994 – Das E-Netz startet
Mit E-Plus tritt der zweite private Betreiber in den TK-Markt ein. Hinter E-Plus stehen Vebacom (Tochter des Energiekonzerns Veba, heute e.on) sowie der Thyssen-Konzern (Thyssen Telecom). Das neue digitale Mobilfunknetz sendet in einem höheren Frequenzband und wird als E-Netz bezeichnet.
1995 – SMS startet durch
Der SMS-Siegeszug beginnt, häufig abgeschickt von einem Nokia 2110, das damals so verbreitet ist, dass es den Beinamen „Volks-Handy“ trägt.
Februar 1997 – Prepaid-Karten beschleunigen den Handy-Absatz
Die ersten Prepaid-Karten kommen auf den Markt. Bei Mannesmann heißen sie CallYa, die Telekom vertreibt sie unter dem Namen Xtra.
Oktober 1998 – Das zweite E-Netz nimmt den Betrieb auf
Bereits im Februar 1997 hatte Viag Interkom (heute O2) die Lizenz bekommen, ein weiteres GSM-Netz zu betreiben. Am 1. Oktober 1998 startet der Provider in acht Ballungszentren. Viag Interkom wird später an die BT Group verkauft, heute ist O2 eine Marke der spanischen Telefonica.
1999 – WAP, erster Startversuch ins mobile Internet
Das "Wireless Access Protocol" wird eingeführt, anfangs fehlen entsprechende Handys (WAP = "Where Are the Phones?"). Das Nokia 7110 ist das erste WAP-fähige Handy in Deutschland. Der Zugang zum mobilen Internet bleibt jedoch dürftig. Es gibt nur wenige WAP-fähige Seiten, die Datenübertragung ist langsam und teuer.
1999 – Das erste Slider-Handy kommt von Siemens
Siemens beweist Gespür für den Markt und verkauft mit dem SL10 das erste Slider-Handy.
4. Februar 2000 – Vodafone gewinnt Übernahmeschlacht gegen Mannesmann
Mannesmann wird nach einer monatelangen Abwehrschlacht von Vodafone übernommen. Der Preis: 370 Milliarden Mark (etwa 190 Milliarden Euro). In der Folge zerschlägt Vodafone den Industriekonzern und verkauft die Einzelteile. Nur das Festnetz (Arcor) und den Mobilfunk behält Vodafone.
Juli 2000 – UMTS-Versteigerung
Im Mobilfunkmarkt herrscht Goldgräberstimmung. Sechs Carrier ersteigern für insgesamt über 100 Milliarden Mark (gut 50 Milliarden Euro) UMTS-Lizenzen für Deutschland. Mobilcom und Group 3G (Quam) geben ihre Lizenzen später zurück.
2001 – Mobile Datenübertragung auf GPRS-Basis
Die GPRS-Übertragung läuft an. Sie soll dem mobilen Internet zum Durchbruch verhelfen.
Februar 2002 – Blackberry kommt nach Deutschland
Der Blackberry kommt nach Deutschland, nachdem RIM mit seinem Push-Dienst für E-Mails den nordamerikanischen Markt für Business-Kunden erobert hatte.
2004 – Die UMTS-Netze gehen an den Start
Nach und nach fahren die deutschen Carrier ihre UMTS-Netze hoch. Den Anfang macht Vodafone, dicht gefolgt von der Telekom. Im Sommer 2004 sind auch E-Plus und O2 soweit. Das erste UMTS-fähige Handy im Vodafone-Netz ist das „Sony Ericsson Z1010“.
2005 – Siemens verkauft Handy-Sparte an Benq
Der erst wenige Monate amtierende Siemens-CEO Klaus Kleinfeld verkauft Siemens mobile an den taiwanesischen Hersteller BenQ. Zuvor war der Marktanteil von Siemens am weltweiten Handy-Geschäft kontinuierlich geschrumpft und die Sparte in die Verlustzone gerutscht.
März 2006 – Mobiler Datentransfer mittels HSDPA
Beim mobile Datenverkehr setzen die Carrier ab sofort auf HSDPA-Basis (High Speed Downlink Packet Access)
September 2006 – BenQ mobile stellt Insolvenzantrag.
Im Herbst 2006 zeichnet sich das Ende der Fertigung von ehemaligen Siemens-Handys in Deutschland ab. Benq mobile stellt Insolvenzantrag, Ende des Jahres wird der Betrieb stillgelegt.
2007 – T-Mobile verkauft iPhones in Deutschland
Ab November 2007 gibt es das erste iPhone in deutschen Läden. T-Mobile verkauft die Apple-Smartphones exklusiv zum Preis von 399 Euro und einer Mindestgrundgebühr von knapp 50 Euro je Monat. Das iPhone macht den mobilen Datenverkehr massentauglich, obwohl die erste Generation kein HSDPA unterstützt, sondern mit der GPRS-Erweiterung EDGE arbeitet.
Januar 2008 – Nokia schließt das Handy-Werk in Bochum
Anfang 2008 kündigt der finnische Hersteller Nokia an, seine deutsche Produktionsstätte in Bochum bis Mitte des Jahres zu schließen. Die Fertigung wird ins rumänische Cluj verlagert. Mittlerweile hat Nokia die Fertigung dort aber auch schon wieder eingestellt.
2009 – Die ersten Android-Smartphones
Im Februar bringt T-Mobile das erste Android-Smartphone auf den deutschen Markt. Das „T-Mobile G1“ von HTC hatte zuvor in den USA Verkaufsrekorde gebrochen.
2012 – Das erste LTE-fähige Handy
Das HTC Velocity 4G ist das erste LTE-fähige Handy.

In den Schwellenländern präsentierte sich das Unternehmen robust, aber auch hier machten die Wechselkurse die Zuwächse zunichte. Insbesondere das indische Geschäft legte organisch weiter stark um über 16 Prozent zu. Beim Ausblick auf das Geschäftsjahr 2012/13 blieb das Management um Vittorio Colao bei der bisherigen Einschätzung. So rechnet Vodafone weiter mit einem freien Barmittelzufluss von 5,3 bis 5,8 Milliarden Pfund. Nach dem ersten Quartal stehen davon erst 900 Millionen Pfund zu Buche.

Am 27. Juli will das Unternehmen bei der Übernahme des Glasfasernetzbetreibers Cable & Wireless Vollzug melden. Der Konzern rechnet dafür mit einer Zahlung von 1,05 Milliarden Pfund an die Aktionäre des Unternehmens. Anfang Juni hatte die Europäische Kommission der Übernahme ihren Segen erteilt, weil sie keine Wettbewerbsbedenken hatte. Am Vortag hatte das Joint Venture des Konzerns für den US-Mobilfunk, Verizon Wireless, starke Zuwächse im Mobilfunkgeschäft berichtet. (dpa/tc)