Stephanie Czerny im Interview

"Vitamin B funktioniert nur, wenn es mit Kompetenz einhergeht"

20.11.2015 von Carina Kontio
Was macht gutes Netzwerken aus? Welche Nummer würden Sie niemals löschen und woran sind Sie zuletzt gescheitert? Burda-Managerin Stephanie Czerny gibt uns im Interview spannende Einblicke in ihr extrem vernetztes Leben.

Sie war mit Marissa Mayer schon wandern und mit den Google-Gründern Sergej Brin und Larry Page beim Skifahren: Stephanie Czerny, Gründerin der Konferenz Digital Life Design (DLD). Zu ihren Herzensangelegenheiten gehört die DLDwoman Konferenz, die Branche kennt die Burda-Managerin in- und auswendig. Wir haben mit der 4-fachen Mutter über das Thema Netzwerken gesprochen, denn vermutlich gibt es wenige Frauen, von denen man in dieser Hinsicht mehr lernen kann.

Frau Czerny, beim Netzwerken ist es wichtig, dass man kurz beschreiben kann, was man macht. Stellen Sie sich bitte in drei Sätzen vor?

Stephanie Czerny: Ich beschäftige mich damit, wie die Digitalität unsere Gesellschaft verändert. Dabei interessieren mich vor allem die Menschen, die diesen Change vorantreiben. Ich bin aber im Grunde meines Herzens dabei eine neugierige analoge Hausfrau geblieben. Bei aller Digitalität steht daher auch der direkte Austausch und das persönliche Vernetzen bei unseren Konferenzen im Fokus - das ist auch für mich das perfekte Zusammenspiel von digital und analog.

Frauen in Führungspositionen haben Sie mal geraten, es immer wieder zu wagen, neue Fehler zu machen. Woran sind Sie zuletzt gescheitert?

Stephanie Czerny: Scheitern ist so hip zur Zeit. Ich finde scheitern schon wieder langweilig. Always make new mistakes heißt doch im Grunde, dass man sich nicht verkrampft und unsicher und mit Tunnelblick seinen Aufgaben stellen soll. Wichtig ist auch, zu den Irrungen und Wirrungen seiner eigenen Person zu stehen. Authentizität ist das was zählt!

In einem Interview haben Sie mal gesagt: "Männer liebe ich sehr, aber Frauen habe ich lieber. Mit ihnen komme ich schneller ins Gespräch." Was macht die Kommunikation mit Männern denn so schwer oder schwieriger oder eben anders, wenn nicht schwierig?

Stephanie Czerny: Dieses Zitat stammt von meiner Mutter und ich mag es sehr. In diesem Zusammenhang gibt es aber viele Klischees und Vorurteile. Wichtig ist, dass wir Ungerechtigkeiten ändern und das wir alte Klischee- und Rollenbilder aufgeben. Man könnte viel drüber reden und da ist auch schon viel gesagt worden. Wichtig ist, dass man auch da in dieser Frage authentisch ist und mit dem Mut zur Veränderung sich selbst treu bleibt.

Netzwerk-Tipps für Manager
Do's and Dont's des Networkings
Networking fällt vielen schwer - dabei ist es kein Hexenwerk. Mit einigen Tipps und Tricks kann es jeder lernen und von den neuen Kontakten profitieren.
Monika Scheddin
Die Netzwerk-Expertin und Buchautorin Monika Scheddin verrät ihre Geheimnisse, wie gutes Netzwerken aussieht - und was man lieber lassen sollte. Denn das wichtigste an erfolgreichem Networking:
Netzwerken mit Ziel und Zeit
Für gutes Networking brauche man ein Ziel, sagt die Expertin. „Egal ob man Manager des Jahres werden möchte oder Experte für Qualitätsversicherung – man muss viel Zeit dafür investieren“, sagt Scheddin. Zwei Jahre braucht es, bis man die ersten Kontakte "ernten" kann.
Ohne Ziel geht es nicht
"Vielen fehlt beim Netzwerken das Ziel vor Augen", sagt Scheddin. Wer nicht weiß, was er mit den Kontakten anfangen will, der kann es auch gleich lassen. Das gelte auch für Unternehmen, meint die Expertin. Sie müssen ihren Mitarbeitern klare Ziele geben und keine schwammigen Aufforderungen dazu, mehr Umsatz zu generieren. Hat man sich ein Ziel gesetzt, gibt Scheddin einen wichtigen Tipp:
Vergessen Sie Ihr Ziel!
Zumindest zeitweise, nämlich dann, wenn man gerade auf einer Konferenz oder einer anderen Networking-Gelegeneheit ist. "Ich muss die Person mir gegenüber wertschätzen und mit einer sogenannten absichtslosen Absicht herangehen", sagt Scheddin. Niemand wird bewusst ausgebeutet. Seien Sie also ehrlich interessiert an Ihrem Gegenüber. Ihr Ziel muss Nebensache sein, während Sie mit ihm plaudern.
Nur wer interessant ist, sticht heraus
Nun gilt es, einen Eindruck zu hinterlassen, damit der Gesprächspartner sich auch noch nach einigen Tagen an einen erinnert. "80 Prozent der Menschen bleiben einfach nicht in Erinnerung. Warum? Weil sie kompetent in Erinnerung bleiben wollen. Aber das funktioniert nicht", erzählt die Netzwerk-Expertin. Wer auffallen will, muss interessant sein.
Auffallen mit Freude
Um sich interessant zu machen, kann man mit Freude auffallen: "Freude ist die beste Form der Positionierung", sagt Scheddin. So können Sie sich vorstellen mit "Ich habe für die Firma ein CRM-System eingeführt und dafür haben wir einen Preis bekommen". Das kommt nicht arrogant rüber, sondern ehrlich. So bleiben Sie in Erinnerung.
Klasse statt Masse
So viele Xing- und LinkedIn-Kontakte, dass Sie den Überblick verlieren? Das muss nicht sein. "Es ist ein Unterschied, ob man viele Leute kennt – oder die richtigen", sagt Scheddin. Daher rät sie auch ...
Kontakte überprüfen
... einmal im Jahr die Kontakte zu überprüfen. "Hat man zu viele Kontakte, muss man sie ausdünnen", meint sie. Mit wem man schon länger nicht mehr gesprochen hat, den sollte man ruhig aussortieren.
Vertrauen ist gut
Hat man gute Kontakte geknüpft, sollte man sie auch nutzen. Ausnutzen darf man sie aber keinesfalls. "Vertrauen ist die Währung des Netzwerkens", sagt Scheddin. Zwar müsse man darauf acht geben, wie offen man sein kann oder darf. Aber wer nichts von sich preisgibt, der wird nicht als Person wahrgenommen und hat keinen Erfolg im Networking.
Was Unternehmen tun können
Sobald eine Firma vernetzte Mitarbeiter als wertvoll erachtet, kann sie während der Arbeitszeit kleine Netzwerkformate einrichten. "Wenn die Kollegen dorthin gehen dürfen, gehen sie auch gern hin", meint Scheddin. Wichtig sei, dass es einen Anlass gebe, also einen Programmpunkt, und dass das Networkingformat als Arbeit betrachtet wird. Nichts anderes ist es auch. Das gilt auch für Geschäftsessen.
Falle oder Chance? Geschäftsessen
Treffen zum gemeinsamen Mittagessen sind eine beliebte Art des Netzwerkens. "Viele unterschätzen Geschäftsessen", sagt Scheddin. "Man geht da nicht hin, um satt zu werden."
Was man nicht essen sollte
Essen Sie keinen Salat, rät die Expertin, und keine Spaghetti. Salat kaut man zu lang - und kennen Sie jemanden, der sich noch nie bekleckert hat bei Spaghetti Bolognese?
Kein Essen mit Freunden
Wer eine Essenseinladung annimmt, sollte bedenken, dass er die ganze Zeit beobachtet wird. "Welche Manieren hat derjenige, wie geht er mit dem Personal um, gibt er Trinkgeld? Auf solche Dinge sollte man achten", sagt Scheddin.
Kontakte gibt es überall, nicht nur in der Arbeit
Auch im Privatleben kann und sollte man sich vernetzen. "Da gibt es verschiedenste Möglichkeiten, vom Elternbeirat bis hin zum Tanzclub", sagt Scheddin. Diese Art der Kontakte seien viel spielerischer. Auch wenn nicht immer ein wertvolle Geschäftskontakt dabei herauskäme, sollte man auf keinen Fall darauf verzichten, rät Scheddin.
Das Mindeste, was Sie tun können
Eine Basisanforderung des Networkings: "Sammeln Sie Visitenkarten ein oder bestätigen Sie Kontakte bei Xing und LinkeIn", rät Scheddin. Wer dann noch die Kontakte mit echtem Interesse anschreibt, sich mit ihnen mal zum Mittagessen trifft oder zum Wandern geht, hat schon halb gewonnen.
Mehr Tipps
Mehr Networking-Tipps gibt es in der sechsten und aktualisierten Auflage des Buches von Monika Scheddin: "Erfolgsstrategie Networking", 6. Auflage, Allitera Verlag.

Die wichtigsten Regeln beim Netzwerken

Sie sind ja eine extrem verdrahtete Person. Welchen Kontakt würden Sie niemals löschen und warum nicht?

Stephanie Czerny: Den Kontakt zu Hubert Burda würde ich niemals löschen. Von ihm habe ich unglaublich viel gelernt, auch menschliches. Er hat mich z.B. gelehrt, immer weiter machen, auch wenn man denkt es geht nicht mehr.

So bequem Online-Netzwerke sind, Sie vertiefen Ihre Kontakte ja lieber offline. Was raten Sie Berufseinsteigern, die ihr reales Netzwerk erweitern möchten? Und wie lautet für Sie persönlich eine der wichtigsten Regeln beim Netzwerken?

Stephanie Czerny: Berufseinsteigern rate ich, soviel und so oft wie möglich auf Konferenzen und Events, Meetings zu gehen, die sich mit dem konkreten Thema ihres Berufs beschäftigen. Die wichtigste Regeln beim Netzwerken: auf die Menschen ohne Vorurteile themenorientiert zugehen!

Letzte Frage: Viele Menschen tun sich schwer damit, auf ihr Vitamin B zurückzugreifen, weil sie lieber durch ihre Kompetenz überzeugen wollen. Ein Fehler?

Stephanie Czerny: Vitamin B funktioniert nur, wenn es mit Kompetenz einhergeht. Und meiner Meinung nach wird Vitamin B in heutigen Zeiten überschätzt. Nochmal: Authentizität und Wahrhaftigkeit! Ich habe immer wieder festgestellt, das Hartnäckigkeit, Brennen für ein Thema, Begeisterungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen, jegliches Vitamin B ausbremsen. (Handelsblatt)