Effiziente Netzplanung/Sparen am falschen Ende kann teuer werden

Viele Anwender verschlafen den Einsatz von Paket-Switches

07.11.1997

Expandierende Netze, immer leistungsstärkere Prozessoren und komplexere Anwendungen: Die Bandbreitensituation spitzt sich im lokalen Netzwerk der Unternehmen zu. Und das auch aus dem Grund, weil neben Client-Server- zunehmend Intranet-Applikationen im Netzwerk Einzug halten werden, durch die die alte Regel "80 Prozent des Verkehrs innerhalb der Arbeitsgruppe, 20 Prozent übergreifender Verkehr" buchstäblich auf den Kopf gestellt wird. In einem Punkt aber sind sich Marktkenner einig: Am Einsatz von Switch-Systemen im lokalen Netzwerk wird in den Unternehmen bald kein Weg mehr vorbeiführen.

Zusätzlich verstärkt wird der Trend zu Switching durch die Ausbreitung des Internet Protocol (IP), in dessen Sog vor allem Ethernet-Switching in den Varianten 10 Mbit/s und 100 Mbit/s (Fast Ethernet) einen gehörigen Auftrieb erfährt. Das ist für Unternehmen eine verheißungsvolle Perspektive, da trotz der um Faktor 10 größeren Geschwindigkeit bei Fast Ethernet das Ethernet-spezifische Kollisionsverfahren auf dem Datenbus, Carrier Sense Multiple Access with Collision Detection (CSMA/CD) sowie das Ethernet-spezifische Paketformat beibehalten wurde. Für das Unternehmen ist das gleichbedeutend mit einer sanften und investitionssicheren Fortschreibung der bestehenden LAN-Technik. Damit kann sich der Anwender trotz steigendem Durchsatz die Einstellung zusätzlicher Netzwerkspezialisten sparen und auf aufwendige Schulungsmaßnahmen verzichten.

Zudem hat der dedizierte Switch-Anschluß für Arbeitsstationen und Server für den Anwender einen weiteren Vorteil: Weil so Kollisionen auf dem Übertragungsmedium Bus ausgeschlossen werden, ist Switching generell der richtige Ansatz für die Übertragung verzögerungsempfindlicher Kommunikationsformen wie zum Beispiel Sprache und Video. Und zwar unabhängig davon, wie letztlich der Transport von Sprache und Video auf den Ebenen oberhalb der Medium-Access-Control-(MAC-)-Ebene standardkonform gelöst wird.

Dazu zeichnet sich mittlerweile das Resource Reservation Protocol (RSVP) als möglicher Standard zur Priorisierung verzögerungsempfindlicher Kommunikationsströme ab, um mit diesem Ebene-3-Protokoll später "sauber" auf der Switch-Technik aufzusetzen. Der Anwender investiert mit Paket-Switch-Systemen somit sicher in die Zukunft.

Switches machen VLANs möglich

Parallel werden damit die Voraussetzungen für die Herausbildung virtueller LANs geschaffen. Endgeräte lassen sich dann ohne Bindung an ein gemeinsames Übertragungsmedium an der Netzwerk-Management-Konsole flexibel zuordnen. Dadurch sind beliebige Endgerätekonstellationen im Unternehmen möglich, ohne vor Ort am Verteilerschrank manuelle Veränderungen am Patch-Feld vornehmen zu müssen. Solche neuen Schnittstellen-Zuordnungen gehen Hand in Hand mit dem Trend von festen Abteilungsstrukturen zu flexiblen Projektgruppen.

Trotz dieser Perspektiven zeigen sich Unternehmen derzeit gegenüber Switch-Systemen zurückhaltend, wie aus einer Studie des US-Marktforschungsunternehmens Dataquest hervorgeht. Danach sollen 1997 in Deutschland rund 1,2 Millionen Switch-Anschlüsse umgesetzt werden, daneben aber noch knapp vier Millionen Hub-Anschlüsse. Selbst im Jahr 2000 soll die Anzahl verkaufter Switch-Ports mit knapp vier Millionen Anschlüssen immer noch zehn Prozent unterhalb der verkauften Hub-Anschlüsse liegen.

Die Ironie der Ausgangssituation: Allzu konservatives Kaufverhalten kann sich innerhalb von vier Jahren planerisch und betriebswirtschaftlich als negativ herausstellen. Der Grund: Die Switch-Variante ist mittlerweile kaum teurer als der Shared-Media-Hub-Anschluß, nachdem die Preise speziell für Ethernet- Switch-Anschlüsse und für die dazugehörigen PC-Endgerätekarten in letzter Zeit kräftig ins Wanken gerieten. Bot Intel Anfang des Jahres den Ethernet- Switch-Anschluß noch für 800 Dollar an, ist dieser mittlerweile für 90 Dollar zu haben.

Ethernet-Switch-Systeme in kombinierter 10/100-Mbit/s-Technik sind momentan zu einem Preis von knapp über 200 Mark pro Anschluß erhältlich. In diesem Fall übernimmt der Switch eine automatische Geschwindigkeitsanpassung. Die dazugehörige Ethernet-Adapterkarte in kombinierter 10/100-Mbit/s-Technik gibt es bereits für 80 Mark (100 Mbit/s). Der Anwender kann aber auch im Zusammenspiel mit dem 10-Mbit/s-Switch-Anschluß weiterhin die bestehende Ethernet-Karte im PC nutzen. Damit ist die Switch-Variante 1 (Switch-Anschluß plus Endgerätekarte) nur noch um rund 200 Mark, die Switch-Variante 2 sogar nur etwa 120 Mark teurer als die durch- satzschwache Shared-Media-Lösung.

Diese Einsparungen sind angesichts höherer Folgekosten für das Unternehmen nur gering. Ein schnelles Ende des traditionellen Hub-Anschlusses ist vor dem Hintergrund steigender Datenlasten auf den LAN-Verbindungen in den meisten Unternehmen bereits abzusehen. Und dann ist, lange vor Ablauf der von Unternehmensberatungen anvisierten Amortisationszeit von vier Jahren und damit gegen das Gebot der Investitionssicherung, doch in die Switch-Technik zu investieren. Ein Ansatz, der weder von den Kosten noch von dem Plan her aufgeht. Wird dann noch versucht, Durchsatzengpässe im lokalen Netz durch das Umformieren von Servern oder das Herausbilden kleinerer Segmente zu entschärfen, entstehen zusätzliche hohe Kosten. Damit läßt sich das Bandbreitenproblem aber nur vorübergehend lösen.

Mit dem zögerlichen und punktuellen Einsatz der Switch-Technik nur an ausgesuchten Servern ist den erhöhten Bandbreitenanforderungen auf den Verbindungen kaum mehr zu Leibe zu rücken. Denn mit dem Einzug der verteilten Verarbeitung im Netz geraten allmählich alle Verbindungen des lokalen Netzwerks unter kräftigen Bandbreitendruck.

Diese Situation wird sich mit dem Vordringen der Intranet-Technik im lokalen Netzwerk noch verschärfen. Die eigentlichen Transaktionen im Intranet sind dabei weniger das Problem. Ihr Aufkommen ist eher gering und überschaubar. Vielmahr tragen die Vielzahl der Interaktionen sowie die Verzweigung zu Interaktionen wie Java-Scripts und Java-Geschäftsanwendungen dazu bei, daß alle Verbindungen im lokalen Netz schnell das Ende ihrer Kapazität erreichen. Denn Java-Scripts und Java-Anwendungensind immer wieder auf den Client zu laden.

Kommen auch noch aufwendige Grafiken, Audio-Dateien oder gar Multimedia hinzu, werden heutige Netzverbindungen versagen. Diese Situation wird außerdem dadurch verschärft, daß aktuelle Browser mehrere Verbindungen während einer Sitzung simultan öffnen können, um mehrere Informationsströme und Grafiken gleichzeitig von Web-Server-Systemen zu laden.

Intranets mit neuen Anwendungen

Aufgabe der Unternehmen ist es, der Intranet-Technik sukzessive neue Anwendungsfelder zu erschließen, etwa Groupware-Anwendungen, Dokumentenverwaltung, Joint-Editing und Video-Conferencing. Mit welcher Vehemenz letztlich die Intranet-Technik im lokalen Netzwerk der Unternehmen Einzug halten wird, machen die Zahlen des Marktforschers Zona Research deutlich. Danach soll sich der Umsatz mit Intranet-Servern im kommenden Jahr weltweit bereits auf 7,8 Milliarden Dollar belaufen. Im Vergleich dazu liegen die Schätzungen für Internet-Server bei 1,9 Milliarden Dollar.

Lukrativer Preis, Standardkonformität, ausreichendes Migrationspotential, geringer Schulungsaufwand und Investitionssicherheit - das sind in der Regel die Kriterien, nach denen Unternehmen potentielle Einsatzprodukte bewerten. Paket-Switch-Systeme, insbesondere in Ethernet-Technik, erfüllen mittlerweile all diese Anforderungen. Wird zudem ein höherer Durchsatz im lokalen Netz gewünscht, steht einer Anschaffung zukunftsweisender Systeme in der Regel nichts mehr im Wege.

Angeklickt

Die Switching-Technologie bietet verschiedene Vorteile: Fast-Ethernet-Switching ist eine investitionssichere Fortsetzung der bisherigen LAN-Technik. Darüber hinaus eignet sich das Verfahren auch für die Übertragung verzögerungsempfindlicher Kommunikationsformen wie Sprache und Video. Last, but not least basieren VLANs auf Paket-Switch-Systemen. Trotzdem scheuen Anwender vor der Anschaffung von Paket-Switches zurück. Dabei kostet in der Regel die Switch-Variante kaum mehr als ein Shared-Media-Hub-Anschluß. Hubs sind den steigenden Datenlasten nicht gewachsen. Somit besteht die Gefahr, daß noch vor Ablauf der Amortisationszeit von rund vier Jahren doch Investitionen in Switch-Technik anfallen. Und das bedeutet zusätzliche Kosten für die betroffenen Firmen.

Hadi Stiel ist freier Journalist und Berater in Bad Camberg.