Salesforce-Anwender berichten

Via CRM ins Social Web

19.10.2012 von Joachim Hackmann
Salesforce.com-Anwender erweitern ihre gemieteten CRM- und Servicelösungen um Social-Media-Funktionen. Im Zentrum steht das kostenlose Social-Business-Tool "Chatter".
Foto: Salesforce

CRM-Spezialist Salesforce.com arbeitet intensiv an einer Verzahnung seiner Lösungen für das Kundenbeziehungs- und Service-Management mit Social-Media-Funktionen. Die Produktoffensive hat sich der Konzern schon mehrere hundert Millionen Dollar kosten lassen, indem er Firmen wie Radian6, Assistly und zuletzt Buddy Media zugekauft hat.

Auf der Hausmesse "Cloudforce" in München schickte der Anbieter diverse Kunden vor, um die Früchte der Social-Media-Investitionen zu präsentieren. Dabei zeigte sich, dass im Zentrum dieser Projekte zur sozialen Vernetzung das Salesforce-Tool Chatter steht, eine Facebook-ähnliche soziale Plattform für Unternehmen.

Der Geschäftskundenvertrieb von Vodafone nutzt Chatter beispielsweise für das Dokumenten-Sharing. Hier können Mitarbeiter Dateien ablegen und Kollegen oder Partnern zur Verfügung stellen. Ausgangspunkt war jedoch die CRM-Lösung von Salesforce. "Die wichtigste Anwendung ist die Zusammenführung unterschiedlicher Kundendaten aus den Sparten Mobilfunk und Festnetz, die früher getrennt angelegt und gepflegt wurden. Sie sollen heute konsolidiert genutzt werden", erklärt Alexander Saul, Director Enterprise Vodafone Deutschland GmbH, die Hintergründe.

xRM, Social CRM, Mobile CRM
Im CRM-Markt zeichnen sich wichtige Entwicklungen ab, die neue Anwendungen sowie mehr strategischen Nutzen versprechen. Welche, lesen Sie hier.
Trend 1: CRM strategisch nutzen
Gegenwärtig gehen Analysten davon aus, dass etwa 80 Prozent der deutschen Firmen Software zum Management ihrer Kundenbeziehungen einsetzen. Allerdings nutzt nur etwa die Hälfte davon CRM-Software in Verbindung mit einer kundenorientierten Unternehmensstrategie. Der Grund: Viele Betriebe haben in der mittlerweile 14 Jahre andauernden Historie CRM lediglich als Softwarethema betrachtet und nur technisch umgesetzt. Die eigentlichen CRM-Ziele wie Kundenbindung und Neukundengewinnung - also messbare Ergebnisse - blieben hingegen auf der Strecke.
Trend 2: Verschärfter Datenschutz
Mit der Integration von Social Media und Cloud Computing müssen Unternehmen noch mehr datenschutzrechtliche Richtlinien erfüllen. In beiden Fällen kommen besonders schützenswürdige, personenbezogene Daten ins Spiel. Die teilweise noch fehlende Rechtssicherheit und Verunsicherung in diesen Punkten führt jedoch noch zur Zurückhaltung potenziell an CRM interessierter Betriebe.
Trend 3: Social CRM
Nach Angaben der Marktforscher von Gartner entfielen 2010 rund 90 Prozent der Ausgaben für Social Media beziehungsweise Social CRM auf den Business-to-Consumer-Markt. Inzwischen schätzen die Analysten das Volumen des Marktes für Social-CRM-Produkte bis Ende 2012 auf eine Milliarde Dollar. Gemessen am gesamten CRM-Geschäft macht dies momentan nur einen Anteil von fünf Prozent aus.
Trend 4: Cloud Computing
Im Gegensatz zu den USA ist der Mittelstand in deutschsprachigen Ländern von Cloud Computing noch nicht restlos überzeugt. Für die ablehnende Haltung sind wohl weniger wirtschaftliche und rechtliche Bedenken verantwortlich als vielmehr psychologische. Trotzdem geht der Trend auch in Sachen CRM in Richtung Cloud. Oracle hatte vor kurzem mit RightNow einen CRM-Anbieter übernommen, der seine Lösungen ausschließlich über das Internet anbietet.
Trend 5: Mobile CRM
Für die meisten CRM-Hersteller ist der Trend zu immer schlankeren Geräten wie Smartphones und Tablet-PCs eine natürliche und notwendige Entwicklung. Viele CRM-Anbieter haben auch schon Apps für solche Endgeräte im Angebot. Laut CRM-Hersteller CDC Software in München fordern die Kunden eine Benutzeroberfläche für den Zugriff auf Daten und Funktionen ihres CRM-Systems über das Web. Damit sollen mobile Anwender im Vertrieb oder Service wie gewohnt in ihrer Kundendatenbank arbeiten können.
Trend 6: Von CRM zu xRM
Bemerkenswert ist im CRM-Markt auch die Entwicklung neuer Anwendungsszenarien außerhalb der direkten Kundenbeziehungen. Auf der Basis von CRM-Standardsystemen werden zunehmend neue Anwendungsgebiete mit ähnlichem Anforderungsprofil entwickelt und unter dem Kürzel xRM eingeführt, das für "any Relationship Management" steht.

Neue Wege im Kundenkontakt

Foto: Salesforce

Die Annäherung Vodafones an das Social Business ist exemplarisch für viele andere Anwender: Sie führen zunächst CRM und Service-Tools ein, um dann im Lauf des Projekts zu erkennen, dass neue Kommunikationswege jenseits von E-Mail und Telefon sowie zusätzliche Funktionen etwa für das Dokumenten-Sharing und Knowledge-Management dem Team guttun würden. Dann ist der Schritt zum kostenlosen Chatter-Tool für Salesforce-Anwender nicht mehr weit.

Manchmal helfen auch Zufälle, um die Möglichkeiten von Social Media im Business-Umfeld aufzuzeigen. Die Vertriebsorganisation des Druckmaschinen-Herstellers Koenig & Bauer AG arbeitet seit einiger Zeit länderübergreifend mit der SaaS-Applikation von Salesforce, um Projekte, Planungen und Daten weltweit einheitlich und zügig abzustimmen. "Wir wollten den Wissenstransfer über Ländergrenzen hinweg verbessern", erläuterte Thomas Göcke, Head of CRM bei Koenig & Bauer, den Beweggrund, die Möglichkeiten von Chatter auszuloten. Dabei zeigte sich, dass die Integration von Chatter mit anderen öffentlichen, sozialen Plattformen wie Facebook, Google+ und Twitter bisweilen sehr nützlich sein kann. Um die Funktion zu demonstrieren, suchte ein Kollege nach Facebook-Profilen seiner Geschäftspartner. Dabei entdeckte er, dass ein Kunde eine neue Druckerei auf der grünen Wiese plante. Von dem Vorhaben hatte er zuvor nichts gewusst.

Denkbar ist, dass KBA das interne soziale Netz auf Partner und Key Accounts erweitert. Diverse Abteilungen haben bereits Wünsche angemeldet. Bislang nutzen die Vertriebskollegen und Produkt-Manager das Tool, um Neuerungen zu Maschinen zentral zu pflegen und einzusehen. "Da die Konstrukteure keinen Salesforce-Account haben, werden ihnen die Daten als PDF-Datei per Mail zugestellt. Das wäre über Chatter sinnvoller", vermutet Göcke.

Tools für das Social Business
Instant Messaging, Acivity-Streams, Dokumenten-Sharing, Tagging und Profilseiten – diverse Plattformen stellen beliebte Social-Media-Funktionen für den internen Gebrauch zur Verfügung. Ein Überblick über die wichtigsten Tools:
Chatter
Das Tool lässt sich mit der CRM-Lösung von Salesforce integrieren und kann so Geschäftsprozesse etwa im Vertrieb abbilden, ist aber auch als Stand-alone-Lösung einsetzbar. Sein Engagement im Social-Business unterstrich der Anbieter zudem mit der Übernahme von Radian6, einem Anbieter von Tools zur Analyse unstrukturierter Daten. Chatter bietet zudem die Möglichkeit, Prozessschritte anderer Enterprise-Anwendungen, zum Beispiel von SAP, einzubinden.
Jabber
Cisco fährt im Social-Business zweigleisig. Unter dem Namen "Jabber" bündelt die Networking-Company seit Kurzem sämtliche Communications- und Collaboration-Clients, die im Lauf der Jahre unter anderem durch Zukäufe ins Unternehmen kamen. Der Jabber-Client integriert Kommunikationsfunktionen wie Präsenzanzeige oder Instant Messaging und stellt mit Hilfe der hauseigenen Webex-Produktfamilie Audio- und Videoconferencing bei Bedarf auch in HD-Qualität bereit.
Quad
Das zweite Standbein ist "Quad", von Cisco als Plattform für das Enterprise 2.0 positioniert. Es integriert Features wie Blogs und Wikis.
Quad
Quad ist am Frontend mit eingeschränkter Funktionalität mittels Web-Browser zu bedienen. Wollen Anwender die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten ausschöpfen, ist der Jabber-Client ratsam. Er gewährleistet auch die Interaktion mit Fremdprodukten wie Microsoft Office und Sharepoint.
Jive
Eine beliebte Anwendung unter den Social-Business-Lösungen stellt das 2001 gegründete kalifornische Unternehmen Jive Software mit dem Produkt "Jive Engage" bereit. Es kombiniert Collaboration- und Community-Features und stellt Lösungen für das Knowledge-Management zur Verfügung. Ständige Erweiterungen haben die Software zu einer Social-Business-Plattform anwachsen lassen. So kamen im Lauf der Zeit Funktionen für Instant Messaging sowie die Mobility-Unterstützung für iPhones und Blackberrys hinzu.
Jive
Die funktionalen Erweiterungen hat Jive in wesentlichen Teilen eingekauft: Die Akquisition von OfficeSync wurde beispielsweise zur Basis für das Dokumenten-Sharing, das übernommene Start steuert Konnektoren zur Microsofts Office-Welt bei. Im Frühjahr 2011 schluckte der Hersteller den Business-Analytics-Anbieter Proximal Labs. Seitdem können Anwender der Software bei Bedarf große Menge unstrukturierter Daten auswerten. Beachtung fand zuletzt auch Jives Marktplatz für Applikationen, der Partner dazu ermuntern soll, die Social-Business-Plattform mit Drittanwendungen anzureichern.
Sharepoint
Microsoft setzt im Social Business auf "Sharepoint". Die Collaboration-Umgebung stellt Anwendern Dokumenten-Sharing und Kommunikationsmöglichkeiten bereit. Spezielle Social-Network-Angebote sind unter anderem integrierte Profile, Wikis, Blogs, Newsfeeds und interne Videoportale sowie Funktionen für die unternehmensinterne Suche, das Tagging, Rating und zur Kommentierung.
SmartCloud for Social Business und Connections
IBM vertreibt im Geschäft mit der unternehmensinternen Collaboration die Produktlinien "Connections" und "SmartCloud for SocialBusiness" (vormals LotusLive). Connections wird in die Unternehmens-IT integriert und bietet mit Activity Streams, Social Analytics, Wikis, Blogs, Dokumenten-Sharing sowie E-Mail- und Kalenderintegration typische Enterprise-2.0-Funktionen.
SmartCloud for Social Business und Connections
Anwendungen von Drittparteien lassen sich mittels Portal integrieren. IBM verspricht auch die Einbindung von Geschäftsprozessen, beispielsweise können Nutzer SAP-Transaktionen in der Connections-Umgebung bearbeiten. Connections lässt sich auch als SaaS-Ausführung beziehen.
SocialCast
Zudem schaffen Schnittstellen zu Lotus Notes, Outlook, Sharepoint sowie zum Active Directory ergänzende Kommunikations- und Integrationsmöglichkeiten. Jüngste Neuerung, die bereits zu VMware-Zeiten eingeführt wurde, ist die Social-Applikation "Strides", die Socialcast zur integrierten Collaboration-Plattform ausbauen soll. Interessenten an Socialcast können zunächst eine kostenlose Version ausprobieren, die sich aber nicht im internen Data Center installieren lässt und der einige Funktionen, etwa zur Datenanalyse, fehlen.
Streamwork
"Streamwork" wurde ursprünglich als Plattform entwickelt, die mit Hilfe von Business Intelligence die Entscheidungsfindung in Unternehmen schneller und kollaborativ gestalten soll. Dabei setzt SAP auf die Integration von Fremdprodukten. Anknüpfungspunkte bestehen etwa für Webex, Evernote sowie Outlook und Google Mail.
Streamwork
Die Nähe zu betriebswirtschaftlichen Anwendungen spiegelt sich in der Feature-Liste wider: Wesentliche Funktionen betreffen etwa die Agendaplanung, Prioritätenlisten, Ad-hoc-Umfragen, SWOT- und Kosten-Nutzen-Analysen sowie Verantwortlichkeits-Diagramme. Die Social-Business-Komponenten erstrecken sich auf News-Feeds für Geschäftsdaten und Monitoring-Dienste, die Aktivitäten und Ereignisse darstellen. Streamwork ist mit verschiedenen SAP-Anwendungen integriert.
Tibbr
Mit "Tibbr" hat sich der SOA- und Integrationsspezialist Tibco in das Social-Business-Geschäft vorgewagt. Folgerichtig betont auch Tibbr die Verzahnung verschiedener Anwendungen (etwa von Oracle, SAP, Microsoft Sharepoint und Salesforce.com) in einer Plattform, so dass sich beispielsweise der Activity-Stream durch Ereignisse und Veränderungen aus den Business-Applikationen speisen lässt.
Tibbr
Tibbr bietet soziale Services wie Microblogging, Profile, Instant Messaging und Voice-Memos, Videoconferencing und Communities. Die Nutzer können sogenannten Subjects folgen, das sind entweder andere Nutzer, Gruppen oder Themen. Auch Tibco bietet Unternehmen Möglichkeiten zur Analyse der Inhalte.
Yammer
"Yammer" kam vor knapp vier Jahren als unternehmensinterne, Cloud-basierende Software für das Microblogging auf den Markt. Der gleichnamige Betreiber vermarktet die Lösung zum einen als kostenlose und funktional reduzierte Version, zum anderen als kostenpflichtige Ausführung für fünf Dollar pro Monat sowie als Premium-Lösung für Unternehmen inklusive Admin-Rechten und Integrationsmöglichkeiten.
Yammer
Mit dem aktuellen Release können Anwender beispielsweise Communities einrichten, Termine in Outlook und Google Calendar planen, in verteilten Teams kommunizieren und gemeinsam Dokumente bearbeiten. Eine Präsenzanzeige erstreckt sich auch auf mobile Clients, zudem liefern Analysewerkzeuge Daten über die Aktivitäten im sozialen Netz. Die Version für Unternehmen stellt besondere Sicherheitsfunktionen sowie Andockmöglichkeiten an Geschäftsapplikationen etwa von Salesforce.com, Microsoft und Netsuite bereit.
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Autoclub plant eigene Community

Foto: Salesforce

Den Schritt in die öffentlichen sozialen Netze tun bislang vornehmlich Firmen, die hoffen, dort ihre Klientel in großer Menge vorzufinden und ansprechen zu können. An entsprechenden Plänen arbeitet etwa der Schweizer Automobilclub Touring Club Suisse (TCS). "Je jünger die Kunden sind, desto besser sind sie über Web, Facebook, Twitter und ähnliche Kommunikationsformen zu erreichen", sagt Ernest Gmünder, CIO des TCS. Die sich eröffnenden Möglichkeiten möchte der TCS nutzen, um den ursprünglichen Gedanken des Vereins wiederzubeleben, wonach "Mitglieder anderen Mitgliedern helfen".

Dazu werde man eine Community etablieren, in der sich Autofahrer untereinander austauschen. Die soziale Plattform soll zudem TCS-Servicemitarbeitern als weiterer Kanal in der Kommunikation mit Kunden und Partnern dienen. Die Basis bildet die Servicekonsole von Salesforce, die heute bereits Kollegen in den Call-Centern schnelle Informationen über die Mitglieder bereitstellt, die sich via Telefon oder E-Mail melden. (jha)