Vernetztes Wohnen: Haus denkt - Mensch lenkt

12.04.2007
In Mittelfranken sind moderne Zeiten angebrochen: Familie Krug steuert ihr vernetztes Haus über neun Bildschirme, insgesamt 25 Kilometer Kabel wurden verlegt. Allerdings kann der Kühlschrank nicht sprechen und automatisch Milch nachbestellen. Doch das ist durchaus gewollt.

Wenn Rüdiger Krug morgens aufwacht, dann aktiviert er erst einmal Jalousien und die Heizung im Bad. Aus dem Bett bewegen muss er sich dafür nicht. Um für morgendliches Wohlbehagen zu sorgen, reicht eine kurze Berührung auf einem Bildschirm neben dem Bett. Krug lebt zusammen mit Ehefrau Babette und dem fünfjährigen Sohn Yannick in einem digital vernetzten High-Tech-Haus. In dem Gebäude im mittelfränkischen Rednitzhembach in der Nähe von Nürnberg steuert Krug von der Heizung über das Radio bis zur Überwachungskamera alle elektronischen Vorgänge über ein zentrales System. "Unser 'Mediales Haus' ist das erste in Deutschland, das alltagstauglich ist und rund um die Uhr bewohnt wird", sagt Krug.

"Die meisten Leute denken bei digital vernetzten Häusern an sprechende Kühlschränke, aber das ist Quatsch", erklärt Krug. Mit seinem Modellprojekt wolle er den Menschen zeigen, dass eine multimediale Einrichtung nichts mit Schnick-Schnack zu tun habe. "Bislang gab es nur Modellhäuser. Wir wollen zeigen, dass man in so einem Haus leben kann", erklärt der Diplom-Kaufmann, dessen Firma (Franken Lehrmittel Medientechnik) Konferenzräume und ganze Gebäude mit Projektoren oder Mikrofonanlagen ausstattet. Den Namen "Mediales Haus" ließ er schützen; seine Entwicklung will er nun weiter verkaufen.

Den Kühlschrank, der sich per Supermarktbestellung quasi selbst nachfüllt oder die Waschmaschine, die bei einem Fehler eigenständig den Kundendienst kontaktiert, sucht man bei den Krugs vergeblich. Stattdessen steuert die Familie vor allem alltägliche Geräte über die neun Bildschirme im Haus: Radio, Fernsehen, Telefon, Heizung, Fenster, Jalousien und eine ausgeklügelte Alarmanlage. Von allen so genannten Touch-Panels, auf deren Bildschirmen Felder berührt werden müssen, können die Krugs jeden Raum im Haus kontrollieren. "Wir sehen jederzeit, wo ein Fenster auf ist, können von überall her Radio oder Fernsehen bedienen und sogar vom Urlaub aus über das Internet den Herd oder die Heizung ausmachen", sagt Krug. "Bei uns gibt es keine Stand-by-Schaltungen, denn wenn wir zum Beispiel den Fernseher ausmachen, schaltet sich automatisch der Strom am Gerät ab. Steigen die Temperaturen oder wird ein Fenster aufgemacht, geht die Heizung aus. All das spart Strom."

Die Technik müsse Erleichterung bringen, "sonst hat es keinen Sinn", sagt Babette Krug. Nützlich seien etwa die Urlaubs-Schaltung sowie die Kind-allein-zu-Hause-Schaltung. Sind die Hausbewohner im Urlaub, werden regelmäßig die Jalousien hoch und runter gefahren und das Licht an- und ausgestellt. Sobald ein Fenster oder eine Tür geöffnet wird, klingelt beim Nachbarn das Handy. Sogar wenn die Kühltruhe ausfällt, gibt es eine Nachricht. Bleibt der kleine Yannick allein im Haus, wird das Internet gesperrt, und im Fernsehen laufen nur noch Kinderprogramme. Steigt der Lärmpegel über einen bestimmten Wert, werden die Eltern per Handy informiert und können über die im ganzen Haus installierte Freisprechanlage direkt mit ihrem Sohn telefonieren.

Im Technikraum laufen die rund 25 Kilometer Kabel aus dem ganzen Haus zusammen. Ansonsten ist die komplexe Verkabelung versteckt. "Die Technik soll so wenig wie möglich sichtbar sein", sagt Krug. Deshalb sind etwa die Lautsprecher mit Hilfe neuester Methoden in Schrankblenden oder Wänden eingebaut. "Prinzipiell kann man jedes Haus so umbauen. Wenn man die Kabel allerdings verstecken möchte, muss man natürlich die Wände aufreißen oder mit Funk arbeiten." Künftig will Krug einzelne Elemente des Medialen Hauses verkaufen, etwa für Heizung oder Videoüberwachung. Von 10.000 Euro aufwärts sei ein Basis-System zu haben, das bei Bedarf aufgestockt werden könne. "Unser Ziel ist, dass sich solche Technik bald auch ganz normale Leute leisten können", erklärt Krug. "Auch älteren oder behinderten Menschen könnte die Technik das Leben erleichtern." (dpa/ajf)