Erfahrungen eines Freiberuflers

Vermittlungsagenturen schauen nur auf den Preis

13.01.2010
Hauptsache billig. Viele Vermittlungsagenturen interessiert nur der Preis eines Freiberuflers, nicht aber seine Kenntnisse. Diese Erfahrung hat ein selbständiger BI-Profi gemacht.

Drei Jahre lang war der BI-Spezialist und studierte Mathematiker Alexander Draghici als Freiberufler tätig. Drei Jahre, in denen er die Erfahrung machen musste, dass selbständige IT-Spezialisten sich die Aufträge in den seltensten Fällen selbst aussuchen können. Sie sind auf das Engagement der Vermittlungsagenturen angewiesen, und das kann durchaus unterschiedlich sein, so Draghici: "Je kleiner eine Vermittlungsfirma, desto größer die Chance, dass die Zusammenarbeit effektiv sein kann. Die großen Firmen setzen in der Regel auf Massenabfertigung: Sie schicken für eine Position mehrere Profile aus ihrem Kandidaten-Pool zum Auftraggeber. Letztlich entscheidet meist nur der Preis."

Vermittler ohne Fachwissen

Die Kommunikation zwischen Freiberufler und Vermittlungsagentur gestaltete sich oft schwierig. So stellten Draghicis Ansprechpartner ihm zwar technische und fachliche Fragen, um herauszufinden, ob er für ein Projekt geeignet ist. Mitunter konnten sie aber mit Begriffen wie Data Warehouse, Business Intelligence, Data Stage oder multidimensionale Datenmodellierung nichts anfangen. Der BI-Spezialist fragte sich dann: "Wie sollten solche „Spezialisten" meine Kenntnisse und Erfahrungen einschätzen, wenn sie diese nicht einzuordnen, geschweige denn zu hinterfragen vermögen?" Zudem sprächen in vielen Vermittlungsagenturen andere Mitarbeiter mit dem Freiberufler als mit dem Kunden. Dadurch komme es ähnlich wie im Spiel "Stille Post" zu Verwicklungen und Missverständnissen. Draghici: "Was ich konnte und was der Kunde sich wünschte, war so unterschiedlich wie Tag und Nacht."

Alexandru Draghici hat durchwachsene Erfahrungen mit Vermittlungsagenturen gemacht.

Andere Vermittler zeigten sich nicht kompromissbereit: Wer die Anforderungen des Kunden nicht vollkommen erfüllen konnte, hatte keine Chance, den Zuschlag zu erhalten. Vergleichbare Erfahrungen oder Kenntnisse spielten keine Rolle. Auch die Tatsache, dass Vermittlungsagenturen nur ungern den Namen des Auftraggebers preisgeben wollen, erschwerte die Zusammenarbeit. So erlebte der BI-Spezialist, dass sein Profil bei einem Auftraggeber dreimal vorlag. Mit der Konsequenz, dass der Kunde sein Profil nicht einmal anschauen wollte.

Geheimnis um Margen

Ein heikler Punkt sind auch die Honorarverhandlungen. Als respektlos empfand es Draghici, wenn schon die zweite Frage des Vermittlers lautete: "Was kosten Sie die Stunde?" Manchmal ist es ihm gelungen, seinen Ansprechpartner zu überzeugen, dass er mehr wert ist und es sich lohnt, mehr zu verlangen. Dann habe der Vermittler eine größere Marge, und der Kunde könne sich über einen Profi mit zusätzlichen Qualifikationen freuen.

Dass Honorarverhandlungen für Freiberufler so unbefriedigend verlaufen, liegt auch daran, dass viele Vermittlungsagenturen über ihre Margen schweigen oder sie nur andeuten. Auch Draghici beschlich so manches Mal das Gefühl, dass eine Vermittlungsagentur mehr an ihm verdient als sie zugibt. Dazu komme, dass die Auftraggeber von der mangelnden Solidarität der Freiberufler profitierten und daher leicht niedrige Stundensätze durchsetzen könnten. Im vergangenen Jahr seien die Stundensätze bis um 20 Prozent gesunken, hat der BI-Experte beobachtet. Er kenne andere Freiberufler, die bei einem schlecht zahlenden Kunden nur "parken" und sofort wechseln wollten, sobald sich ein neues, besser bezahltes Projekt auftue.

Schwierigkeiten entstehen oft auch dann, wenn es gar nicht zur Zusammenarbeit zwischen Freiberufler und Vermittler kommt. Viele Agenturen sagen nicht ab. Erst wenn der Freiberufler explizit nachhakt, bekommt er die Entschuldigung zu hören: „Gerade ist eine Absage eingetroffen." Draghici schließt aus einem solchen Verhalten, dass Vermittlungsfirmen kaum ein Interesse daran haben, gute und langfristige Beziehung mit einem Freiberufler zu pflegen. Gleichzeitig räumt er ein: "Es ist aber auch wahr, dass Verbindlichkeit auch bei Freiberuflern nicht unbedingt eine Tugend ist, zumal dies oft vom Verhalten vom Auftraggeber beeinflusst ist, der Aufträge nur für paar Monate vergibt, so dass von keiner Seite eine Planungssicherheit vorliegt."

Vorsicht vor Kettengeschäften

Auch so genannte Kettengeschäfte bringen Freiberuflern oft Nachteile. Die Kunden versuchen ihre Ausschreibungsverfahren zu vereinfachen, in dem sie nur ausgesuchte Vermittlungsagenturen, so genannte preferred supplier, mit der Spezialistensuche beauftragen. Diese Agenturen sprechen aber zum Teil wieder andere Vermittlungsfirmen an, um die Suche erfolgreicher zu gestalten. Draghici: " In dieser Verkettung möchte jeder was dabei verdienen, so dass der Freiberufler den Kürzeren ziehen muss."

Darüber hinaus hat der BI-Experte die Erfahrung gemacht, dass der Markt für freiberufliche Tätigkeiten nicht alles hergibt, was sich manche Selbständige wünschen: "Anspruchsvolle, strategische Positionen, wie die eines BI-Architekten, sind entweder intern besetzt, oder werden an Firmen vergeben, die eine ganze Mannschaft für ein Projekt zur Verfügung stellt. Diese Haltung seitens des Kunden ist verständlich, zumal die Freiberufler eher als Einzelgänger unterwegs sind und Teamarbeit nicht gerne unterstützen."

Aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen mit den Vermittlungsfirmen kam Draghici zum Schluss, dass die meisten Agenturen, vor allem die großen, nicht auf Qualität setzen: "Die Qualifizierung der Mitarbeiter ist eher mangelhaft. Ich wollte dieser Situation nicht mehr ausgeliefert sein, und bin seit diesem Jahr wieder Angestellter."