Online-Handel bei Ebay und Co.

Verkaufsstrategien fürs Web

01.12.2004 von Heide Witte
Der Online-Marktplatz Ebay hat sich nicht nur bei Privatnutzern als beliebte Schnäppchen- Plattform etabliert, sondern wird zunehmend auch von professionellen Händlern und Einkäufern genutzt. Wer erfolgreich sein will, sollte seine Kosten im Griff haben und die nötigen Tools einsetzen.

20 000 VERKÄUFER richteten sich bislang unter dem Dach von Ebay eine virtuelle Shop-Filiale ein. Laut dem Electronic- Commerce-Center Handel (ECC Handel) wird alle zwei Sekunden ein Kleidungsstück verkauft, alle 13 Sekunden ein Roman, alle drei Minuten ein Notebook, alle sechs Minuten ein Gartenzwerg. 17,7 Millionen Nutzer halten sich im Schnitt mehr als drei Stunden im Monat „auf Ebay“ auf. Die Online-Plattform ist damit die am häufigsten aufgerufene Seite in Deutschland. Und bis zu 20 Prozent des Paketvolumens der Post gehen mittlerweile auf den Versand von Ebay-Handelswaren zurück. „Gerade nach dem Wegfall der Saisonschlussverkäufe rangieren Internet- Marktplätze wie Ebay als Verkaufserweiterung ganz oben“, erklärt Heiner Reitmeier, Unternehmensberater und Geschäftsführer von Sense 4 Business mit Sitz in Waldmünchen. Seit über sechs Jahren ist Reitmeier als Auktionsdienstleister tätig - beispielsweise auch für das Versandhaus Klingel. Dieses Unternehmen verkauft seit September 2003 Restposten über Ebay - allerdings nicht offen, sondern unter einem Pseudonym.

Im Gegensatz zum stationären Einzelhandel sind beim Internet-Handel weder Unternehmensgröße noch -standort die entscheidenden Faktoren. Wichtiger sind die richtigen Produkte, interessante, individuelle Konzepte, eine stimmige „elektronische Fassade“ und Unterstützung durch entsprechende Tools. Vor allem sollte eine stringente Strategie vorliegen. „Der Händler muss sich im Klaren sein, ob er Ebay zum regulären Warenverkauf, zur Neukundengewinnung, zum Restpostenverkauf oder als Trendbarometer nutzen will“, erklärt Reitmeier. Mehr als 90 Prozent der verkauften Produkte liefern Marktforschern zufolge die „Ebay-Powerseller“, die regelmäßig Produkte auf Ebay anbieten und zu denen inzwischen auch große Handelshäuser wie der Karstadt-Quelle-Konzern und der Otto-Versand zählen. Powerseller darf sich nennen, wer pro Monat mindestens 3000 Euro über Ebay umsetzt oder mehr als 300 Artikel im Monat verkauft.

Die Unternehmensberaterin und Programmiererin Ute Kniesel-Krebs aus Waiblingen ist Powersellerin. Ihre Firma IT-Consulting & e-trade bietet vor allem Baby- und Kinderbekleidung, Young- Fashion-Bekleidung sowie Bademoden und Unterwäsche für Damen an. In Zukunft sollen auch Heimtextilien, Holzspielwaren sowie weiteres Babyzubehör hinzukommen. Rund 1000 Produkte befinden sich heute ständig in ihrem Online-Shop, den sie seit Juni 2002 auf der Ebay-Plattform betreibt. Die Ebay- Spezialistin hatte auch schon mal einen eigenen Laden im Web.

Marktplatzpräsenz erhöht Traffic

Allerdings: „Um einen Web-Shop außerhalb von Ebay muss man sich intensiv kümmern, das fängt an beim Gefundenwerden über Suchmaschinen, etwa über Google. Bei Ebay ist der Zugriff jedoch nun viel höher als früher. Von der Präsenz her ist die Plattform Ebay nicht zu toppen“, meint Kniesel-Krebs. Aus diesem Grund ist ihre URL (http://www.ukktrade.de) direkt mit dem Ebay-Shop verlinkt.

Ab einer Gebühr von 9,95 Euro im Monat kann der Shop-Betreiber alle Produkte unter eigener Internetadresse darstellen. Es können bis zu 20 Kategorien angelegt werden, und jeder Shop kann individuell mit Logo gestaltet werden. Durch die zusätzlichen Shop-Gestaltungsmöglichkeiten, die seit Ende August gültig sind, ist es nun möglich, den Laden durch eigene Zusatzseiten individuell zu gestalten und ihm damit eine persönliche Note zu verleihen.

Plattformanbieter verdient mit

„Allerdings bringt der Ebay-Shop nur dann einen strategischen Vorteil, wenn der Anbieter zur Vermarktung die Auktionen nutzt“, erklärt Reitmeier. Denn: Shop-Aangebote allein werden mit der normalen Ebay-Suche in der Regel nicht gefunden - sie müssen extra über eine Verlinkung in den Auktionsangeboten beworben werden. Mit dem Cross-Promotion- Manager kann der Shop-Betreiber in seinen übrigen Auktionen auf Ebay vier Shop-Produkte präsentieren.

Dafür fallen Kosten an: „Die Shop- Gebühren betragen zwischen 9,95 Euro für den Basis-Shop und knapp 500 Euro für den Premium-Shop. Pro Artikel und 30 Tage Laufzeit zahlt der Händler weitere fünf Cent. Zusätzlich kassiert Ebay noch eine erhebliche Verkaufsprovision. Diese Kosten drücken langfristig den Verdienst des Händlers“, gibt Reitmeier zu bedenken.

Auch die Prozesskosten müssen berücksichtigt werden. Vergesse der Händler nämlich in seiner Kalkulation die Berechnung des Aufwands, die er zur Beantwortung der E-Mails benötigt, oder die Büromiete, so stehe er schnell im Abseits. Entscheidet er sich gar dafür, Unternehmensbereiche outzusourcen - etwa die Lagerhaltung oder das Call-Center -, fallen zusätzliche Kosten an, die die Händlermarge um ein Vielfaches verkleinern. Als weitere versteckte Kosten seien auch Telefon- und Internetkosten oder Rückstellungen für Rücksendungen nach dem Fernabsatzgesetz zu kalkulieren. „Kommen dann noch Zahlungsausfälle aufgrund unzuverlässiger Bieter oder kritisch-negative Bewertungen hinzu, stehen die Chancen für den Ebay-Erfolg eher schlecht“, sagt Reitmeier. Shop-Betreiberin Kniesel-Krebs wirtschaftet erfolgreich. Weil es ihrer Erfahrung nach Verbraucher gibt, die gerne steigern, andere wiederum gerne sofort kaufen möchten, bietet sie beide Optionen an. Saisonale Artikel reduziert sie nach einer gewissen Zeit im Preis oder nimmt sie ganz aus dem Sortiment. Sie ist täglich zwischen eineinhalb und vier Stunden mit dem Einstellen neuer Produkte beschäftigt, weitere zwei bis drei Stunden verbringt sie mit Rechnungserstellung, Kontenabgleich, der Versandabwicklung, mit Informieren und Beobachten.

Wer längerfristig erfolgreich sein möchte, der sollte zweigleisig fahren und auch einen eigenen Web-Shop einrichten, um Gewinn und Unternehmenswert konstant zu steigern, rät Reitmeier. „Ebay sollte dabei für den eigenen Online- Shop als Werbeträger verstanden und genutzt werden.“ So können Käufer, die über Ebay gewonnen werden, in Stammkunden des eigenen Shops umgewandelt werden.

Automatische Analysen fahren

Neben Ebay-Account für Auktions- und Shopangebote und eigenem Web-Shop sind Marktanalysen und die entsprechende technische Ausstattung wichtige Faktoren, um dauerhaft erfolgreich zu sein. „Der Onlinehandel mit großen Stückzahlen lässt sich nur mit guten Marktkenntnissen und technischen Tools realisieren, die auf die Ebay-Systematik ausgerichtet sind und laufend optimiert werden“, konstatiert Reitmeier.

Denn die Analyse des Käuferverhaltens und die manuelle Handhabung von Transaktionen über Ebay zieht bei einem hohen Verkaufsaufkommen auch einen hohen Verwaltungsaufwand nach sich: Es müssen Mails und Anfragen beantwortet sowie Auktionen verwaltet, Dokumente gedruckt und Packlisten erstellt werden. Unterstützung beim Handel über Ebay versprechen inzwischen viele Anbieter. Eine Liste mit über 20 Tools findet sich unter: www. ebigo.de/unternehmensbereiche/un tersuchung/00193/index.html

Marketing-Modul integriert

Ebay selbst offeriert den Shop-Abonnenten kostenlos das Tool „Traffic Reports“. Damit lassen sich Besucherberichte für die Shops und alle einzelnen Angebote abrufen (in englischer Sprache). Enthalten sind Analysen zur Anzahl der täglichen Seitenaufrufe und zu den unterschiedlichen Besuchern des Shops, ebenso wie Informationen zu den Wegen, über die Käufer zum Shop gelangen - beispielsweise mit Hilfe welcher Suchmaschinen oder Suchbegriffe. Besitzer von Top- oder Premium-Shops können darüber hinaus noch weitergehende Informationen wie Pfadanalysen innerhalb des Shops und technische Details zu den Besuchern abrufen. Ebenfalls gratis ist das Auktionsanalyse- Tool „Tracker“ von Sense 4 Business.

Ein komplettes Shop- System mit integrierten Marketing-Modulen liefert beispielsweise das Berliner Unternehmen Hotdigital. Für den Einrichtungspreis von knapp 120 Euro und eine monatliche Bruttogebühr von 150 Euro erhält der Anwender beispielsweise Preisvergleich- und Auktions- Tool, Cross-Selling-, SMS-Marketingfunktionen, Newsletter- sowie ein Gutscheinsystem.

Eine Komplettlösung - speziell für Online-Auktionen - entwickelte die Firma AuktionMaster mit „Auction- Web“. Sie dient als technisches Steuerungselement zwischen Ebay-Auktionen, Shop-Angeboten auf der Ebay-Plattform und eigenem Web-Shop. Mit dieser Web-Lösung können Einstellstrategien umgesetzt und auch große Stückzahlen aus allen Bereichen zentral verwaltet werden. Ein Beispiel: Stagniert der Verkauf im eigenen Web-Shop, wird per AuctionWeb erneut bei den Ebay- Auktionen eingestellt. Die aus diesen Verkäufen resultierenden Käuferdaten können dann zur Stammkundengewinnung für den eigenen Web-Shop verwendet werden. Der Preis: Im Startpaket sind 30 Auktionen pro Monat kostenlos enthalten. Danach fällt pro verkauftem Artikel unabhängig von Haupt-, Zubehör- oder Shop-Artikel eine Provision in Höhe von 0,75 Prozent, jedoch maximal 30 Cent pro Artikel an. Gratis enthalten sind in diesem Angebot neben der Kaufabwicklung und dem „Master-Mailer“- Tool, das dem Höchstbieter automatisch eine Mail schickt, auch die Lagerverwaltung, die automatische Verbuchung von Zahlungseingängen, die Bewertungs-, Mahn- und Moneyback- Funktion, der AuctionWeb-Shop sowie die Hit-Counter, die Verkaufsstatistik und der Web-Mailer.

Kritik am Preismodell

Mitten im Ebay-Hype mehren sich indes auch kritische Stimmen unter den Händlern. Vor allem die seit Juli 2003 geltenden höheren Gebühren, die Ebay mit Änderungen der steuerlichen EURichtlinien begründet, kritisieren die Händler. Wie andere Powerseller empfindet auch Kniesel-Krebs die angehobenen Gebühren und Provisionen bei Ebay als zu hoch. Alternative Plattformen wie Atrada.de machen sich zwar Hoffnung auf verstärkten Zulauf, spielen Insidern zufolge derzeit aber noch eine eher kleine Rolle.

Auch große Shopping-Portale wie TOnline, Freenet oder Tiscali bieten sich für eine Ladeneröffnung an. T-Online beispielsweise verlangt für die kleine Shop- Variante knapp 30 Euro im Monat. Die Profi-Version kostet dann rund 50 Euro pro Monat.Voraussetzung für die Angebote: Der Web-Händler muss Betreiber einer Homepage bei T-Online sei. Die Kosten dafür dürfen nicht vernachlässigt werden, denn die „Homepage Professional“ beispielsweise schlägt mit weiteren knapp 25 Euro zu Buche.

Online-Auftritt statt Branchenbuch

Das Nürnberger Unternehmen Websale AG wiederum bietet den Kunden, die ihren Internet-Vertrieb mit dem Websale- Shopsystem realisieren, gleichzeitig und im Preis inbegriffen die Mitgliedschaft in der Vertriebsplattform www. clever-einkaufen.com. Die Shop-Mietkosten sind abhängig von der benötigten Leistung und beginnen bei 75 Euro pro Monat.

Auch regionale Plattformen offerieren zunehmend Ausstellungs- und Shop- Flächen. „Heilbronn-Downtown“ beispielsweise ist ein Projekt, bei dem sich Händler aus Heilbronn und Umgebung ein Geschäft auf diesem Marktplatz sichern können. Kombiniert wird diese Mall mit Schnäppchenmarkt, Freizeit- Infos und Chat-Café - „Internet-Shopping mit Erlebnischarakter“ lautet das Motto. Hamburg bietet auf www.kauf-mit-service.de Ähnliches: Zu Preisen zwischen 249 und 369 Euro pro Jahr können Unternehmen dort eine Ausstellungsfläche mieten und ihren Online- Shop verlinken. Site-Betreiber Frank Oliver Bockelmann will damit gerade kleine und mittelständische Firmen der Region ansprechen. Er musste allerdings feststellen: „Ein Großteil dieser Zielgruppe kann mit Computern gar nicht umgehen.“ So finden sich dort auch große Versender wie Amazon oder Tchibo, „die Kunden in diesem Portal abholen“, so Bockelmann. Die Vorteile einer regionalen Plattform sind für ihn indes eindeutig: „Wer kurzfristig ein bestimmtes Produkt sucht, kann hier recherchieren und dann zielgerichtet einkaufen gehen - ohne sich auf vielleicht mysteriöse Ebay-Angebote verlassen zu müssen.“ Sein Fazit: „Das Branchenbuch nimmt niemand mehr in die Hand, wenn er bestimmte Produkte oder Dienstleistungen sucht. Die Internet-Präsenz ist hier ein Muss.“