Update: Sun und Google - gemeinsam stark?

05.10.2005
Mit viel Tamtam haben Sun und Google eine Softwareallianz angekündigt, die allerdings inhaltlich nicht sonderlich präzise ausfiel.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit viel Tamtam haben Sun Microsystems und Google gestern Abend eine Softwareallianz angekündigt, die allerdings inhaltlich nicht sonderlich präzise ausfiel. Konkret vereinbart wurde erst einmal nur, dass Sun die Google Toolbar für Web-Browser gemeinsam mit seiner kostenlosen Java Runtime Environment (JRE) ausliefern wird (siehe auch CW Notizblog: "Viel Lärm um nichts"). Binnen 30 Tagen will Sun eine Version seiner Java-Laufzeitumgebung einschließlich der Google Toolbar zur Verfügung stellen. Sun erhält für die Verbreitung der Google-Software einen nicht näher bezifferten Betrag vom Partner.

Sun-Chef Scott McNeally und Google-CEO Eric Schmidt. Fotos: Sun

"Was Netscape für die JRE getan hat, kann unserer Einschätzung nach jetzt die JRE für die Google Toolbar tun", sagte Sun-Chef Scott McNealy. Im Jahr 1995 hatte Sun einen Deal mit dem damals dominierenden Browser-Anbieter Netscape abgeschlossen, der zu einer raschen Verbreitung der Java-Software auf Desktops geführt hatte. Die "Hochzeit von Google Toolbar und Java" sei nur der Beginn einer Zusammenarbeit, die sich in verschiedene Richtungen weiterentwickeln werde, hieß es vielsagend.

Die Unternehmen wollen außerdem kooperieren, um der quelloffenen Bürosoftware "OpenOffice.org" zu einer größeren Popularität zu verhelfen. Die Software steht in Konkurrenz zu Microsofts Office-Paket. Ob und in welcher Form sich Google zum Anbieter von Office-Software aufschwingen und entsprechende Applikationen als Service anbieten wird, blieb unklar.

Schmidt sagte, Office-Pakete wie das von Microsoft unterschieden sich stark von dem, was Anwendern in Form von Services wie Web-Suche, E-Mail oder Website Authoring zur Verfügung stehe. Deutlicher wurde Jonathan Schwartz, Chief Operating Officer (COO) von Sun. Sein Unternehmen hatte die Bürosoftware Star Office in einer Java-Version im Netz angeboten (Star Portal) und damit eine Bauchlandung hingelegt. Deshalb sagte Schwartz: "Sind Ajax (Konzept zur schnellen Datenübertragung zwischen Server und Browser, Anm. d. Red.) oder ein Browser das richtige Vehikel für schwergewichtige Office-Software? Absolut nicht!"

Zu den konkreteren Übereinkünften zwischen den Partnern zählt, dass Google eine Such-Box in der quelloffenen Office-Suite unterbringen wird - sofern die Open-Source-Community dem zustimmt. Daran dürfte es aber wohl nicht scheitern: Immerhin hatte Sun der Gemeinde den Open-Office-Code selbst zur Verfügung gestellt; viele Sun-Mitarbeiter sind weiter in dem Projekt aktiv.

Enttäuscht wurden auf der Pressekonferenz jene Journalisten, die eine klare Kampfansage des Duos an Microsoft erwartet hatten. Es gehe bei dieser Partnerschaft nicht darum, dass zwei Unternehmen sich zusammenschließen, um ein drittes zu bekämpfen, sagte Sun-Manager Schwartz. Er interessiere sich für seine Kunden, nicht für die Konkurrenz.

Zu den künftig bevorzugten Kunden gehört nun auch der neue Partner Google, wie ein weiterer Teil des Abkommens deutlich machte. Der Suchdienst will demnach eine nicht näher bezifferte Menge an Sun-Servern kaufen - auch hier blieben genauere Angaben aus. Google sei bereits ein Hardware-Kunde von Sun und wolle nun noch mehr Rechner vom Computerbauer beziehen.

Diese Ankündigung ist zumindest insofern bemerkenswert, als Google dafür bekannt ist, seine weltweiten Datenzentren mit in Eigenarbeit assemblierten Servern auszurüsten. Das Unternehmen bedient sich dabei normalerweise preiswerter Massenware und verzichtet auf den Kauf teurer kommerzieller Systeme (siehe auch: "Google setzt auf Billighardware").

Die Partner erklärten ebenfalls bei Forschung und Entwicklung sowie Marketing enger kooperieren zu wollen. Google werde sich außerdem stärker als bislang in den Java Community Process einbringen. Nach Ausführungen McNealys wird Google seine Aufmerksamkeit in diesem Zusammenhang auch Suns "OpenSolaris"-Projekt schenken.

Analysten reagierten unterschiedlich auf die Ankündigungen. "Ich denke, dass die Zusammenarbeit wichtig werden könnte, aber es gibt noch zu viele Details die erst geklärt werden müssten", sagte John Rymer von Forrester Research im Gespräch mit dem "Wall Street Journal". "Der gemeinsame Feind ist eindeutig Microsoft", so der Analyst, "Google und Sun könnten aus Sicht des Softwarekonzerns einigen Schaden anrichten."

Unklar bleibt, ob Google mit diesem Deal nun den längst erwarteten Schritt in das Geschäft mit Office-Produkten geht (siehe auch: "Googles Strategie gibt Anlass zu Spekulationen"). Zumindest theoretisch könnte das Unternehmen eine Reihe von Funktionen als Service anbieten und damit der Gates-Company mit kleinen Nadelstichen zusetzen. Doch Industrieanalyst Rob Enderle sieht die Kooperation weniger dramatisch. Der Partnerschaft fehle es an Tiefe. Letztendlich erweise Eric Schmidt seinem Freund, dem Sun-Chef Scott McNealy, angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage bei Sun einen Dienst - eine Interpretation, die durch den positiven Verlauf der Sun-Aktie in den letzten Tagen gestützt wird.

McNealy nutzt denn auch die gemeinsame Konferenz, um kräftig die Marketing-Trommel zu rühren. Man wolle an die heiße Dotcom-Phase anknüpfen. "Wenn Sie auf die Ebay-Site gehen, können Sie lesen: Powered by Sun. Salesforce.com läuft ebenfalls auf Sun-Systemen. Jetzt haben wir eine Partnerschaft mit Google", so der Sun-Chef. Die Botschaft an die Internet-Wirtschaft sei deutlich.

Die Zusammenarbeit von Sun und Google könnte nach Meinung einiger Beobachter aber auch schlicht mit den gemeinsamen Wurzeln zusammenhängen: Beide haben ihre Ursprünge in der Stanford University, wo Sun in den 80ern und Google in den 90ern ihre Geschäfte aufnahmen. Eric Schmidt war in den 90er Jahren Chief Technology Officer von Sun und John Doerr vom Risikokapital-Geber Kleiner Perkins Caufield & Byers sitzt in den Verwaltungsräten beider Firmen. Außerdem hatte Sun-Mitbegründer Andreas von Bechtolsheim den Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin 100 000 Dollar Startkapital mit auf den Weg gegeben, um ihr Unternehmen gründen zu können. (hv)