Update: Sage festigt mit Bäurer-Übernahme Position fünf im deutschen ERP-Markt

09.06.2006
Analysten gehen davon, dass die deutsche Sage-Tochter das Geschäftsmodell und die Produkte von Bäurer fortführen wird.

"Einen Eingriff in das Produktportfolio oder die Produkte selbst strebt Sage in der Regel nicht an, worüber sich Bäurer-Kunden freuen dürften", prognostiziert Christian Glas, Analyst von Pierre Audoin Consultants (PAC). Die britische Sage-Gruppe habe sich in den zurückliegenden Jahren sehr expansionsfreudig gezeigt. Akquisitionen dienten jedoch in erster Linie dazu, Präsenz in bestimmten Märkten zu zeigen beziehungsweise zu verstärken.

Die Sage-Verantwortlichen hatten gestern angekündigt, den deutschen Enterprise-Resource-Planing-Anbieter (ERP) Bäurer übernehmen zu wollen (siehe auch: Sage zahlt 23,3 Millionen Euro für Bäurer). Die Akquisition soll bereits in den kommenden vier Wochen abgeschlossen werden. Rund 23,3 Millionen Euro lassen sich die Briten den jüngsten Zukauf kosten. Das entspricht in etwa dem Umsatz von Bäurer im zurückliegenden Geschäftsjahr. Verkauft wird der deutsche Softwareanbieter durch die Adastra Erste Beteiligungs GmbH. Die Investoren hatten nach der Insolvenz Bäurers im Herbst 2002 die Kontrolle über das Unternehmen übernommen.

PAC-Analyst Glas bescheinigt den Bäurer-Verantwortlichen, in den zurückliegenden Jahren einen guten Job gemacht zu haben. Der Softwarehersteller habe sich auf seine Stärken zurück besonnen, den Kundenstamm trotz aller Unruhen in der Folge der Insolvenz gefestigt und zuletzt auch die Weiterentwicklung seiner Produktlinie in Richtung einer Service-orientierten Architektur vorangetrieben. Bäurer sei mit dieser Strategie zu einer gesunden Profitabilität zurückgekehrt.

Warum sich die Investoren dennoch zum Verkauf entschlossen haben, bleibt unklar. Glas zufolge seien gerade die mittelständischen Softwareanbieter einem starken Konsolidierungsdruck ausgesetzt. Es sei für diese Anbieter schwer, "den notwendigen Sprung hin zu SOA mit zu machen", heißt es in einer Analyse von PAC. Den meisten Anbietern bleibe nur die Wahl zwischen einer Kooperation mit einem anderen Hersteller oder eine Übernahme.

Ein weiterer Grund für den Verkauf könnten nicht erreichte wirtschaftliche Ziele sein. Bäurer meldete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 24 Millionen Euro. Damit steigerte der Softwarehersteller aus Donaueschingen seine Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent. Allerdings hatten Verantwortliche und Investoren bereits für das Geschäftsjahr 2003 einen Umsatz von 24 Millionen Euro anvisiert. Auch die Zahl der ERP-Installationen stagniert. Wie vor drei Jahren meldet das Unternehmen 1200 Implementierungen. Den Sprung in die Profitabilität hat Bäurer wohl in erster Linie einem kräftigen tritt auf die Kostenbremse zu verdanken. Arbeiteten zum Jahreswechsel 2001/02 noch 630 Mitarbeiter bei dem Softwareanbieter, sind aktuell gerade noch 230 Angestellte beschäftigt.

Dennoch ist Bäurer für Sage eine gute Partie, glaubt Glas. Die Briten festigen damit ihre Position als Nummer fünf auf dem deutschen ERP-Markt, hinter SAP, Infor/SSA, Oracle und Microsoft. Zudem besitze Bäurer einen interessanten Kundenstamm. Adressiert Sage bislang hauptsächlich kleinere Unternehmen bis zu 100 Mitarbeitern, erweitert die Übernahme von Bäurer dieses Spektrum nun auf eine Firmengröße von bis zu 1000 Mitarbeitern.

Allerdings ändere sich damit auch das Angebotsportfolio von Sage, warnt Glas. Bislang verstanden sich die Briten hierzulande als reiner Softwareanbieter. Services wurden, sofern überhaupt notwendig, von Partnern abgewickelt. Bäurer erwirtschaftet Glas zufolge jedoch rund ein Drittel seines Umsatzes mit Dienstleistungen. Sage müsse daher lernen, auch die Disziplin Services zu meistern. "Darin hat das Unternehmen zumindest in Deutschland keine Erfahrung."

Glas geht davon aus, dass es zu weiteren Übernahmen auf dem deutschen ERP-Markt kommen wird. "Im Falle Sage/Bäurer scheint eine erfolgsversprechende Lösung gefunden worden zu sein." Der Analyst geht davon aus, dass Sage die eigenen HR- und CRM-Lösungen in die Bäurer-Produkte integriert und damit versucht, einen Mehrwert für die Anwender zu schaffen. (ba)