Update: Oracle verschärft Klage gegen SAP

04.06.2007
Nach Datendiebstahl, Computerbetrug und unlauterem Wettbewerb klagt Oracle seinen Rivalen SAP nun auch an, Urheberrechte verletzt und Vertragsbruch begangen zu haben.

"In diesem Fall geht es um Firmendiebstahl in großem Stil, begangen vom größten deutschen Softwareanbieter, einem Konglomerat bekannt als SAP." Mit diesen Worten leiten die Oracle-Verantwortlichen ihre erweiterte Klageschrift gegen SAP ein. Der US-amerikanische Softwarekonzern Oracle hatte Ende März dieses Jahres überraschend seinen deutschen Erzrivalen SAP vor einem Bezirksgericht in Kalifornien verklagt. Über seine US-Tochter TomorrowNow, die Wartungsdienste für Oracle-Applikationen anbietet, hätte sich der deutsche Softwareanbieter illegal Zugang zu einer Kundenbetreuungs-Website von Oracle verschafft und von dort "tausende Softwareprodukte" sowie anderes vertrauliches Material herunter geladen, so der Vorwurf.

Herausgekommen sei der Betrug durch ungewöhnliche Download-Aktivitäten Ende vergangenen Jahres, verlautete von Seiten Oracles. Angeblich soll TomorrowNow mit Hilfe von Login-Daten ehemaliger Oracle-Kunden rund 10 000 Downloads gestartet haben, über die Software und Support-Material gestohlen worden sei. Dieses Material habe die SAP-Tochter als eigene Inhalte ausgegeben und dazu benutzt, Oracle-Kunden zum Wechsel auf SAP-Produkte zu bewegen.

Die SAP-Verantwortlichen weisen diese Vorwürfe vehement zurück. Es gebe keinerlei Hinweise auf unrechtmäßige Aktivitäten, betonten SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann und Tomorrow-Now-CEO Andrew Nelson. Es seien keine Rechte Oracles verletzt worden. "Wir werden unsere Rechte unnachgiebig verteidigen", kündigten deshalb beide Manager an. Das rechtliche Scharmützel werde zudem keinen negativen Einfluss auf die eigenen Geschäfte haben. "Wir werden niemandem erlauben, unser Geschäftsmodell in Frage zu stellen", beteuerte Nelson. Selbstsicher verkündete Kagermann, keine außergerichtliche Einigung mit dem Konkurrenten zu suchen. "Warum sollten wir?", fragte der Firmenlenker anlässlich der jüngsten Bilanzkonferenz zum ersten Quartal.

Damit deutet alles auf einen Showdown vor den Schranken des Gerichts hin. Auch Oracle-Boss Lawrence Ellison will sich offensichtlich nicht um das Vergnügen bringen, den Konkurrenten möglichst öffentlichkeitswirksam vor den Kadi zu zerren. Er freue sich auf den Prozess, hatte der Oracle-CEO erst vor wenigen Tagen verkündet. Wie hoch der Schadenersatz ausfallen soll, darauf wollte sich der Konzernchef bislang allerdings nicht festlegen lassen.

SAP will bis zum 2. Juli auf die Vorwürfe Oracles antworten. Wann das Verfahren dann startet, ist bislang nicht bekannt. Auch der Ausgang ist offen. Experten zufolge wird es für die Richter vor allem darum gehen, zu klären, was im Dunstkreis der Drittanbieter von Software-Support-Services erlaubt ist, und was nicht. Es stelle sich auch die Frage, inwieweit Oracle eindeutig geregelt habe, wie das eigene Support-Material zu verwenden sei. Wie SAP bietet auch Oracle Service-Leistungen für die Produkte des Konkurrenten. Dazu ist der Softwarekonzern eine Kooperation mit dem indischen Dienstleister Systime eingegangen.

Es könnte ein langes und vor allem zähes Ringen vor Gericht werden. Nach dem ersten Säbelrasseln beider Kontrahenten verkündete vor wenigen Wochen die zuständige Richterin Maxine Chesney überraschend ihren Rückzug aus dem Verfahren. Sie sei nicht qualifiziert, den Fall zu entscheiden, begründete die 65-Jährige ihren Schritt. Sie ziehe sich deshalb zurück und beantrage, den Prozess neu zu besetzen. (ba)