PDAs und Notebooks in der Praxis

Unternehmen machen mobil

24.09.2002
Früher als Spielzeug belächelt, erobern Personal Digital Assistants (PDA) und Notebooks die Unternehmen. Mobile Computing kann helfen, Kosten zu senken und effizient zu arbeiten.

UNTER DEN Trendbegriff „Mobile Computing“ fällt alles, was Strom braucht, tragbar ist, rechnen und speichern kann. Portable Endgeräte wie PDAs, Webpads, Notebooks und Multifunktionshandys gehören zu den Mobile- Computing-Geräten.

Mobile Computing impliziert nicht, dass die Geräte auch Zugang zu einem LAN, Internet oder einem Datenbank-Server haben müssen. Allerdings werden mobile Endgeräte für viele Unternehmensbereiche erst dann interessant, wenn sie standortunabhängig zum Datenabgleich mit Servern und PCSystemen in Kontakt treten können. Daher wird „Mobile Computing“ in einem Atemzug mit „wireless“ (drahtlos) genannt.

Als Folge der zunehmenden Verbreitung der drahtlosen Datenübertragung können mobile Endgeräte auch fernab vom Desktop- PC mit Firmendatenbanken kommunizieren. Welche Art der Datenübertragung dabei genutzt wird, hängt primär von der Distanz ab, die überbrückt werden muss. Von Bluetooth-Anwendungen im Nahbereich über Wireless LAN bis zur Mobilfunkübertragung via GPRS - fast alle Mobile- Computing-Geräte lassen sich für die jeweilige Datenübertragungsart ausrüsten.

Lauferei in der Werkstatt

Dass Mobile Computing handfeste Vorteile für Unternehmen bringt, beweisen immer mehr mittelständische Betriebe in der Praxis. Gerade Unternehmen mit vielen Außendienstmitarbeitern, wie Versicherungen oder Wartungsunternehmen, interessieren sich für den Einsatz von Notebooks und PDAs. Auch im Firmengebäude selbst machen Notebooks und Rechner für die Westentasche Sinn.

„Die ewige Lauferei in der Werkstatt“ war ein Grund, warum Bernd Wende, Inhaber eines VW-Autohauses, sich für das Thema Mobile Computing interessierte. In der Werkstatt braucht der Kfz-Mechaniker Informationen wie Fahrzeugpläne oder Reparaturliste direkt am Auto. Wenn ein Mechaniker Pläne zu einem Auto abrufen wollte, musste er ins Meisterbüro laufen, den Meister bei der Arbeit am PC unterbrechen, die gesuchten Informationen ausdrucken und wieder zurückgehen. Keine gute Lösung - der Mechaniker verbrachte zu viel Zeit mit Lauferei, der Meister wurde zu oft gestört.

VW schlug vor, mehrere Desktops in der Werkstätte einzurichten, so wie bei anderen Vertragswerkstätten üblich. Rund 23 000 Euro hätten die aufwändige Verkabelung über die Decke und das Einrichten mehrerer Workstations in der Werkstatt gekostet. Für Wende kam diese Lösung nicht in Frage, denn die Lauferei zum PC wäre geblieben. Der Mechaniker muss mit den Plänen in der Hand um das Fahrzeug herumgehen, Details am Auto mit den Plänen und Listen vergleichen können. Für Wende war klar, dass Notebooks am besten für die Anforderungen in der Werkstatt geeignet sind.

Der Autohaus-Chef hörte sich nach praktikablen Lösungen um und entschied sich für den ortsansässigen IT-Dienstleister IME. Das Unternehmen schlug den Einsatz von Notebooks vor, die drahtlos auf einen zentralen Server im Hauptgebäude zugreifen können.

Der Vorschlag überzeugte: kein Kabelsalat und mit knapp 13 000 Euro wesentlich günstiger als die Desktop-Variante.

Seit Anfang 2001 bewähren sich die Rechner im Werkstattalltag. Die eingesetzten Toshiba-Notebooks „Satellite Pro 4300“ sind ab Werk mit WLAN-Funktion ausgerüstet. Dank der mobilen Geräte spart jeder Mitarbeiter täglich 15 bis 20 Minuten ein - Zeit, die direkt in die Reparaturarbeit investiert werden kann. Laut Wende bearbeiten die Mechaniker nun zwei bis drei Aufträge mehr pro Tag.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das umfangreiche Archiv mit VW-Ordnern ist überflüssig geworden: Was vorher einen 30 Quadratmeter großen Raum komplett ausfüllte, ist nun auf Tastendruck über das Netz abrufbar. Und der Angestellte, der vorher mit der Archivpflege und dem anfallenden Schreibkram beschäftigt war, kann nun im Reparaturbetrieb mitarbeiten. Allerdings gibt es auch Verbesserungspotenzial: Durch die Arbeit an den Autos sind die Hände schnell mit Staub und Öl verschmiert - was dann die Tastaturen der Notebooks verschmutzt. So ist alle zwei bis drei Wochen eine Generalreinigung der Geräte angesagt.

Effiziente Lösung

Für Bernd Wende hat sich die Investition in die Mobile-Computing- Lösung gelohnt: Durch den effektiveren Workflow, bessere Raumnutzung und eingesparte Personalkosten habe das Unternehmen die Investition von knapp
13 000 Euro schon im ersten Jahr wieder hereingeholt.

 

 

 

 

 

 

 

Auch PDAs können nutzbringend im Unternehmen eingesetzt werden, etwa im Außendienst: Der Brillenausstatter Rodenstock und seine Tochterfirma Nigura statteten Anfang dieses Jahres ihren Außendienst mit Handhelds aus. Lange Zeit wurden bei Rodenstock die Bestellungen der Firmenkunden per Zettel von Außendienstmitarbeitern aufgenommen. Nach dem Kundenbesuch trug der Kundenberater die Bestellungen von Hand in das Warenwirtschaftssystem SAP R/3 ein. Zu umständlich, befanden die Führungskräfte. Fündig wurde Rodenstock beim Dienstleister 3N Consult + Organice. Dieser rüstete in Zusammenarbeit mit dem Rodenstock-ITDienstleister Rodic die Außendienstler mit PDAs aus. Die Wahl fiel auf ein Palm-kompatibles Gerät des Herstellers Symbol mit integriertem Barcode-Scanner.

Der Handheld vereinfacht den Kundenberatern die Aufnahme der Bestellungen und die Beratung der Kunden: Im PDA sind alle relevanten Daten gespeichert, die der Berater für die Aufnahme der Bestellung braucht. Fordert ein Firmenkunde vor Ort ein Brillengestell an, scannt der Rodenstock-Vertreter die Modellkennzeichnung über einen Barcode ein. Um die Bestellung zu vervollständigen gibt er Anzahl, Farbe und sonstige Optionen über das Handheld-Display in die Bestell- Software „Mobile Order“ ein. Die aufgenommenen Daten werden, zurück im Büro, auf den PC

Arbeitszeit gespart

übertragen und dann über das Internet per Virtual Private Network (VPN) in die zentrale R/3-Datenbank eingepflegt. Diese Methode spart Arbeitszeit, reduziert die Fehlerquellen und standardisiert den Bestellablauf. Rodenstock schätzt, dass das Unternehmen allein durch den Wegfall der gedruckten Bestellunterlagen knapp 20 000 Euro pro Jahr einspart. Die Gesamtinvestitionen für das Projekt liegen bei rund 100 000 Euro. (js) 

*Oliver Jendro ist freier Journalist in Hamburg.