Borussia-Park

Unsichtbare Innenverteidigung im Netz

21.06.2010 von Karin Quack
Im Gladbacher Borussia-Park kündigen sich Netzausfälle per SMS an - bevor wirklich etwas passiert.
Auch die Drehkreuze am Stadioneinlass sind in das IP-Netz eingebunden.
Foto: Sebastian Mainzer/Lewis

Bei Sportveranstaltungen im Borussia-Park kochen die Emotionen der bis zu 60.000 Besucher oft hoch. Da sollte die Technik keine Reibfläche bieten. Eine möglichen Netzpanne hätte weit reichende Folgen: von Staus an den Einlass-Drehkreuzen bis zu Umsatzeinbußen durch Ausfall der Kassensysteme in den Fan- oder Ticketshops. "Darum benötigt auch ein Fußballstadion IT mit höchstmöglichem Maß an Ausfallsicherheit", sagt Frank Fleissgarten, Bereichsleiter IT des Borussia-Parks.

Drehkreuze, Gastronomie, Presseräume und Überwachungstechnik der Polizei sind wie auch das ERP-System für den Kartenverkauf, die Lagerlogistik und die Fanshops über ein zentrales IP-Netz verbunden. Noch vor wenigen Jahren hätte IT-Leiter Fleissgarten selbst nicht damit gerechnet, dass der Borussia-Park einmal 45 Server, 250 Computer-Arbeitsplätze und 450 telefonische Nebenstellen benötigen würden: "Bei der Planung für den Neubau hatten wir gerade einmal mit der Hälfte kalkuliert."

Der Entschluss, das Netzwerk so ausfallsicher wie möglich zu gestalten, reifte mit der wachsenden Komplexität der IT-Infrastruktur: "Wir wollten Informationen über den Zustand unserer Systeme zentral überwachen können, um uns auf die Lösung eines Problems zu konzentrieren statt auf die Problemsuche", erläutert Fleissgarten. Hersteller von Monitoring-Lösungen zur Server-Überwachung fanden sich viele. Doch den Gladbachern ging es "um weit mehr als nur die Server".

Jeder Schaltkreis einzeln überwachbar

Das Systemhaus Dytech aus Willich brachte die Azeti Networks AG mit ihrer Lösung "Sonarplex" ins Gespräch. Das Unternehmen aus dem Nordrhein-Westfälischen Lünen überzeugte die Borussia-Park-Betreiber vor allem mit der Möglichkeit, theoretisch jeden einzelnen Schaltkreis - von der Rasenheizung über die Stadionbeleuchtung bis zur Anzeigetafel - unabhängig vom IP-Netz via Feldbus zu überwachen.

Frank Fleissgarten: "Agieren statt reagieren."
Foto: Sebastian Mainzer/Lewis

Implementiert wurde Sonarplex Ende 2007. Seitdem bewährt sich das System im praktischen Einsatz. Wie Fleissgaten beteuert, hat es die Erwartungen zum Teil übertroffen, beispielsweise hinsichtlich der Einsparungen: "Unser Personal wird stark entlastet. Die Überwachung funktioniert ohne menschliche Hilfe." Bei einer Störung würden die Zuständigen umgehend automatisch per SMS benachrichtigt. Das passiere zum Teil bereits, bevor es tatsächlich zu einem Ausfall komme - beispielsweise, wenn sich die CPU-Auslastung dauerhaft im roten Bereich bewege oder die Festplattenkapazitäten eines Servers ausgeschöpft seien. "Früher konnten wir immer nur reagieren, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war", erinnert sich der IT-Leiter, "heute agieren wir, bevor etwas ausfällt."

Mail-Schrott am Einlass abgefangen

Das ganze Stadion im Blick - bis hinunter auf Schaltkreisebene.
Foto: Sebastian Mainzer/Lewis

Zusätzlich zu Sonarplex führte der Borussia-Park etwa ein Jahr später die ebenfalls von Azeti stammende Mail-Security-Lösung "Mailprotect" ein. Zwar hatte der Verein bereits einen Spam-Filter im Einsatz, doch kamen pro Postfach jeden Tag noch zwischen 20 und 40 Spam-Mails durch. Heute ist es laut Fleissgarten höchstens mal eine einzelne.

Mailprotect erkenne nicht nur den Spam, sondern verhindere auch die Zustellung. Das verringere die Server-Auslastung, sagt der IT-Verantwortliche, "außerdem brauchen wir den ganzen Mail-Schrott nicht mehr zu archivieren, wie es sonst bei Spam gesetzlich vorgeschrieben ist, da die Mails uns gar nicht erst erreichen." Zuvor seien rund 15 Millionen Mails pro Jahr an Adressen des Vereins gesendet worden - von denen 99,2 Prozent Spam waren.

In naher Zukunft will der Borussia-Park das Monitoring schrittweise auf bestimmte Bereiche der operativen Technik ausweiten. Als Komponente ist bereits der Temperaturfühler im Server-Raum integriert. "Unser Fernziel ist es, nicht nur immer zu wissen, wie es unserer IT geht", fasst Fleissgarten zusammen, "wir möchten zudem darüber informiert sein, ob die Kühlhäuser der Lebensmittelbevorratung noch funktionieren, ob jemand im Spielertunnel das Licht angelassen hat oder ob der Rasen auf dem Spielfeld genug Wasser bekommt." (qua)

Fotos: Sebastian Mainzer/Lewis