Personalarbeit im Startup

…und plötzlich habe ich Mitarbeiter

27.06.2018 von Janine Völkert-May und Detlef Persin
Startups scheitern eher seltener an ihrer Produktidee, oft genug hängt es damit zusammen, dass sie zuwenig Zeit und Arbeit in das Recruiting und Entwickeln ihrer Mitarbeiter investieren. Ein paar Tipps sollen helfen, diese wichtige Hürde zu nehmen.
Start Ups haben in der Anfangsphase mit vielen Herausforderungen zu kämpfen: Parallel dazu steigt das Arbeitsvolumen immer weiter an, bis es für den oder die Gründer allein nicht mehr zu bewältigen ist.
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"Ich schaffe meine Arbeit nicht mehr alleine und brauche dringend Hilfe. Der ganze Bürokram und die Buchhaltung kosten besonders viel Zeit, die ich lieber in mein Produkt und in meine Kunden investieren möchte."

"Was genau gehört denn zum Bürokram?"

"Naja, alles, was halt so anfällt, so genau aufgelistet habe ich das noch nicht."

"Wieviel Stunden pro Woche sollte denn jemand zur Verfügung stehen, damit Du gut unterstützt werden kannst?"

"Kann ich nicht so genau sagen, ich nehme, was ich kriegen kann."

"Dann frage ich anders: Wieviel Geld kannst Du denn pro Monat für einen Mitarbeiter ausgeben?"

"Also, eigentlich habe ich kein großes Budget für Mitarbeiter. Ich wollte deshalb auch fragen, wie man Mitarbeiter ohne große Kosten finden kann, Praktikanten zum Beispiel, die kosten doch nix, oder?"

"Das kommt darauf an, welche Form von Praktikum es ist. Dazu habe ich aber gleich noch eine Frage: Fühlst Du Dich denn damit wohl, wenn ein Praktikant Deine Buchhaltung macht, also damit auch alle Finanzzahlen Deines Unternehmens kennt?"

"Oh, nein, das geht natürlich gar nicht. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht."

Dialoge dieser Art erlebe ich regelmäßig in meinen Sprechstunden fürStart Ups. Junge Gründer dürfen mich dort frei heraus zu allem löchern, was ihnen rund um die Bereiche Human Resources und Unternehmensführung auf der Seele liegt. Die Gespräche variieren leicht, die Situation, in der sich die Start Ups gerade befinden, ist die gleiche: Das Start Up entwickelt sich gut. Die Geschäftsidee ist erfolgreich. Umsatz und Einkommen sind noch nicht stabil, entwickeln sich aber positiv. Parallel dazu steigt das Arbeitsvolumen immer weiter an, bis es für den oder die Gründer allein nicht mehr zu bewältigen ist. Dies hat gleich zwei Auswirkungen:

  1. Das Arbeitsvolumen steigt an, es entsteht massiver Druck. Auch Nachtschichten und Wochenenden reichen nicht mehr aus, um die Menge der Arbeitsaufgaben zu bewältigen. Das Produkt steht weiterhin im Vordergrund und der Kunde hat weiterhin seine Ansprüche, so dass das Geschäft zu kippen droht, wenn die Arbeit nicht zeitnah erledigt wird.

  1. Die Aufgabeninhalte verändern sich. Vermehrt müssen sich die Unternehmer mit Dingen beschäftigen, die nicht direkt mit ihrem Kerngeschäft zu tun haben. Sie sehen sich mit Aufgaben konfrontiert, die ihnen fremd und zudem womöglich auch lästig sind. Der Spaß an der Arbeit kann dadurch rapide sinken.

Im schlimmsten Fall kommen beide Faktoren zusammen, das heißt, der Druck steigt stark an bei sinkender Freude an den Arbeitsinhalten. Die Lösung: Es muss zusätzliche Manpower her! Die Einstellung des ersten Mitarbeiters steht an!

Mit dieser so simpel erscheinenden Lösung eröffnen sich sogleich neue Herausforderungen, die den Gründern in der Regel nicht klar sind. Die Frage nach dem Personalbudget ist noch recht offensichtlich, denn jeder weiß, dass Personal bezahlt werden will (auch wenn sich der Traum vom kostenlosen Personal auch weiterhin tapfer hält). Hinzu kommen viele weitere Fragen, die zu beantworten sind, bevor die Einstellung eines Mitarbeiters in die Tat umgesetzt werden kann. Nur einige davon sollen hier genannt sein:

Die Liste lässt sich ohne Probleme auf die doppelte Anzahl von Punkten verlängern, und jeder einzelne Punkt ist sorgsam zu überdenken.

Allein die Entscheidung, in welcher Form ein Mitarbeiter beschäftigt werden soll, bietet verschiedene Möglichkeiten, mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Praktikanten sind zwar kostengünstig oder gar kostenfrei, bleiben aber nicht länger als drei bis sechs Monate. Werkstudenten sind eine günstige Alternative, sind aber vor allem auf ihr Studium konzentriert und somit möglicherweise nicht mit dem gewünschten Engagement bei der Sache. Auch ein Minijob bedeutet ein gewisses Maß an Administration, für die man nur etwa zehn Stunden Unterstützung wöchentlich erhält. Die größte Flexibilität bieten Mitarbeiter, die mit einem regulären Arbeitsvertrag in Voll- oder auch Teilzeit beschäftigt werden. Für diese sind dann auch sowohl die Kosten höher, und der bürokratische Aufwand ist ebenfalls entsprechend groß.

Bonus und Motivation: Was sich Mitarbeiter vom Chef wünschen
Prämien und Anerkennung vom Chef
Ein gutes Betriebsklima ist das A und O für den Erfolg eines Unternehmens sowie die Mitarbeiterbindung. Grund genug, sich als Chef und HR-Abteilung Gedanken über die Motivation der Angestellten zu machen. Benefit-Berater Markus Sobau nennt die sieben größten Mitarbeiterwünsche.
Flexible Arbeitszeiten
Besonders ausgeprägt ist der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten. Jeder zweite Beschäftigte möchte selbst entscheiden können, wann er wie viel arbeitet.
Home-Office
Ein Drittel der Beschäftigten möchte zu Hause arbeiten. Übernimmt der Arbeitgeber für das Arbeiten im Home-Office die Kosten für die nötige Infrastruktur, ist das Interesse an Heimarbeit sogar noch größer.
Mehr brutto vom Netto
Ein höheres Gehalt motiviert allen Unkenrufen zum Trotz doch - vorzugsweise, wenn es sich netto auswirkt. Das geht elegant über eine Firmen-Card. Auf diese können Arbeitgeber monatlich 50 Euro überweisen. Der Betrag steht dem Mitarbeiter netto als Sachbezug zur Verfügung. Er kann damit essen gehen, sein Auto tanken oder das Geld sparen. So ein Benefit ist mehr wert als eine Gehaltserhöhung von 100 Euro, die versteuert werden muss.
Altersvorsorge
Viele Mitarbeiter wünschen sich, dass der Chef bei der Altersvorsorge hilft. Firmen sollten daher eine betriebliche Altersvorsorge anbieten. Für Beiträge, die sie in die private Rente der Mitarbeiter überweisen, entfallen anteilige Sozialversicherungsbeiträge. Legt der Chef diese 20 Prozent als Zuschuss oben drauf, ist das auch eine gute Investition in das Betriebsklima.
Gesundheitsvorsorge
Liegt einem Unternehmen die Gesundheit seiner Mitarbeiter besonders am Herzen, ist eine betriebliche Krankenversicherung ein guter Tipp. Sie spart dem Arbeitnehmer etwa die Ausgaben für Brille, Zahnersatz oder Heilpraktiker-Behandlung. Vorteil für den Arbeitgeber: Er kann die Versicherung zunächst für ein Jahr abschließen, etwa als Bonus für erfolgreiche Mitarbeiter, und später bei Bedarf verlängern.
Kredit vom Chef
Unternehmen erhalten aufgrund ihrer oft großen Kreditvolumina und der nötigen Bonität günstige Zinskonditionen. Diese können sie an ihre Leute weitergeben. So bezahlt der Mitarbeiter statt elf Prozent Überziehungszins bei seiner Hausbank vier Prozent an seinen Chef.
Selbständiges Arbeiten
Mitarbeiter legen Wert darauf, dass Chefs ihnen vertrauen und zutrauen, die gestellten Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen. Im Sinne einer agilen Unternehmenskultur wollen sie Aufgaben auf Basis vereinbarter Leitplanken wie Umsatzerlöse, Renditeziele oder Produktinnovationen eigenständig entwickeln.

Mit der Schaffung von Arbeitsplätzen erreicht das Unternehmen eine völlig neue Dimension. Die Gründer sind sehr wohl in der Lage, Menschen von der eigenen Geschäftsidee zu überzeugen. Sie können sie dafür begeistern, Teil einer spannenden Organisation zu sein und am Wachstum und Erfolg mitzuwirken. Bei der Beschäftigung von Mitarbeitern geht es zusätzlich darum, diesen Menschen als verantwortungsvoller Arbeitgeber zu begegnen. Basis für die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist nicht nur eine gemeinsame Geschäftsidee. Basis für das Arbeitsverhältnis ist der Arbeitsvertrag. Aus diesem heraus verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur vereinbarten Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber verpflichtet sich zur pünktlichen Entgeltzahlung, Schaffung eines geeigneten Arbeitsumfeldes, Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub, etc. Große Sorgfalt ist angesagt, sowohl technisch als auch rechtlich und organisatorisch.

Wollte sich der Gründer eben noch einen Mitarbeiter einstellen, um sich von lästigen Aufgaben befreien zu können und sich wieder auf sein Kernthema konzentrieren zu können, sieht er sich nun vielen weiteren Herausforderungen gegenüber, die auch nicht wirklich zu seinem Kerngeschäft gehören.

Von Null auf Hundert wird aus dem Gründer ein Arbeitgeber. Die Verantwortung, die er bisher nur für sich selbst und sein Geschäft tragen musste, umspannt unmittelbar auch die Mitarbeiter. Als Arbeitgeber muss der Gründer die Mitarbeiter sorgfältig in die Arbeitsaufgaben einweisen und sie anleiten. Wichtig ist dabei, dass der Unternehmer Freude daran hat, seine Ziele gemeinsam mit anderen Menschen zu verfolgen. Arbeitgeber sein heißt Führungskraft sein. Und effizient führen kann nur, wer Spaß daran hat und Menschen mag. Wer sich gerne der Führungsaufgabe stellt, wird in der Lage sein, Mitarbeiter langfristig zu halten und zu guten Leistungen zu führen.

Und das ist die gute Nachricht! Mitarbeiter bedeuten selbstverständlich nicht nur ein Mehr an Aufwand und lästigen Aufgaben, die zusätzlich von der eigentlichen Geschäftsidee ablenken. Mitarbeiter bedeuten vor allem eine große Entlastung, wenn sie erst mal in der richtigen Art und Weise in das Unternehmen eingeführt und integriert sind.

Tipps für die Mitarbeitermotivation
Zwischendurch Luft schnappen
Da kann es schon für mehr Energie sorgen, zwischendurch kurz an die frische Luft zu gehen. Vielleicht lässt sich ein Meeting nach draußen verlegen.
Ein Kaffee zwischendurch
Wer keinen Kicker oder Sportangebote im Büro vorfindet, dem hilft vielleicht eine kurze Kaffeepause mit Kollegen, um anschließend motiviert und mit neuen Ideen an die Arbeit zu gehen.
Verabredungen am Feierabend
Wer tagsüber im Büro vom Biergartenbesuch träumt, sollte ihn für abends fest einplanen und sich mit Kollegen oder im Freundeskreis verabreden. Die Aussicht auf eine schöne Verabredung motiviert für den Tag.
Ablenkung mit Kollegen
Wer sich kurz mit Kollegen ablenkt - zum Beispiel am Tischkicker - ist danach oft motivierter.
Weg vom Schreibtisch
Besonders bei größeren Arbeitgebern gehören Sport- und Entspannugsangebote genauso dazu wie die Kantine. Sie helfen, danach ausgeglichener und motivierter an den Schreibtisch zurückzukehren.
Entspannung am Schreibtisch
Manchmal muss man für mehr Entspannung den Schreibtisch auch gar nicht verlassen: zum Beispiel für eine kurze Meditation oder wenn der Arbeitgeber einen Massagedienst anbietet.
Entspannung im Sitzen
Mancher entspannt auch lieber allein für einige Minuten und findet in einer Sitzsack- oder Sofaecke Erholung und Motivation für neue Aufgaben.
Eiskalte Motivation
Auch die Aussicht auf ein Eis in der Mittagspause oder nach Feierabend kann die Motivation steigern.
Motivation am Nullpunkt
Gerade wenn es draußen wärmer wird, leidet häufig die Motivation der Mitarbeiter, die gedanklich schon die Füße im Badesee baumeln lassen.

Ist man einmal über die Hürde gesprungen, Arbeitgeber sein zu wollen und hat man dies an einem einzigen, oder auch nur einigen wenigen Mitarbeitern mit noch gewisser Ruhe üben und umsetzen können, ist ein großer Schritt getan. Das Unternehmen hat eine solide Basis geschaffen, von der aus weiteres Wachstum wesentlich leichter geplant und umgesetzt werden kann.

Versäumt der Unternehmer die Sorgfalt in dieser Aufgabe, ist Frustration und hohe Belastung (physisch als auch psychisch) auf beiden Seiten programmiert. Wenn Firmen scheitern, dann liegt dies nicht unbedingt an einer schlechten Produkt- oder Dienstleistungsidee. Vielmehr ist es die mangelnde Disziplin in der inneren Organisation und Führung der Mitarbeiter, die eine Firma zur Aufgabe zwingt.

IDG Research hat eine Studie zum Arbeitsplatz der Zukunft herausgebracht

Dennoch: Das Schaffen von Arbeitsplätzen und der Umgang mit den eigenen Mitarbeitern ist langfristig eine großartige Angelegenheit, vor der man keine Angst haben sollte. Im Gegenteil: Mit ein wenig Achtsamkeit und guter Routine ist es nicht schwer, Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu begeistern und langfristig in das Wachstum und die weitere Entwicklung einzubinden. Eins ist nämlich klar: Ohne Mitarbeiter kann ein Unternehmen nicht wachsen, kann den Erfolg nicht steigern und sich stabil am Markt behaupten. Mitarbeiter sind ein wertvolles (und übrigens auch ein knappes) Gut, für das sich der zusätzliche Aufwand unbedingt lohnt!

Tipps für Gründer

Kommt ein Unternehmer an den Punkt, dass er sich wünscht, Aufgaben abgeben zu können, sollten die folgenden Hinweise beherzigt werden:
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