Schlammschlacht im Netzwerkmarkt

Um die Startups Juniper und Sycamore ranken sich unklare Gerüchte

08.12.2000
MÜNCHEN (CW) - In der Netzwerkszene ist derzeit eine Schlammschlacht zu beobachten. Ziel der Angriffe ist Juniper Networks. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, fehlerhafte optische Vermittlungskomponenten im Portfolio zu führen. Aber auch um Sycamore Networks ranken sich Gerüchte - angeblich gibt es Probleme mit der Systemsoftware. Zumindest in einem Fall spielt Marktführer Cisco Systems eine unrühmliche Rolle.

Die Gerüchte um Juniper hatten zwischenzeitlich eine solche Eigendynamik entwickelt, dass sich der Hersteller genötigt sah, die Vorwürfe zurückzuweisen: Es habe kein Redesign der OC-192-Produkte gegeben, man habe keine Kenntnis über übermäßige Hitzeentwicklung auf den Karten, es gebe auch keine dokumentierten Fälle, in denen die Überhitzung zu Feuerausbrüchen geführt habe, ließ das Unternehmen wissen. Es dementierte auch Meldungen, dass es Rückholaktionen für Produkte gegeben habe, die mit defekten Komponenten von Lucent bestückt seien.

Juniper-Verantwortliche vermuten, dass Wettbewerber die Gerüchte gezielt lanciert haben. Relativ unverhohlen greift das kalifornische Startup damit einen starken Konkurrenten aus der direkten Nachbarschaft an, denn Cisco, ebenfalls im Silicon Valley ansässig, hatte zuvor laut einem Bericht des Brancheninformationsdienst "Computergram" nicht minder unverhohlen Juniper in Misskredit gebracht. Anlässlich einer Telefonkonferenz, auf der Cisco-Verantwortliche ihre Wirtschaftsdaten präsentierten, ließen Vertreter des Router-Marktführers folgende Behauptung fallen: Viele Kunden hätten bei Cisco nach OC-192-Produkten gefragt, die der Hersteller aber erst ab Mitte nächsten Jahres liefern könne. Die Interessenten wollten angeblich auf Cisco-Produkte wechseln, weil sie Probleme mit den OC-192-Komponenten ihres aktuellen Lieferanten hätten. Der Vorwurf ging an die Adresse von Juniper, dem einzigen Hersteller von Routern mit OC-192-Schnittstellen.

Gegenstand von Gerüchten ist auch Sycamore Networks geworden. Dem Ausrüster für glasfaserbasierte Netze wurden Fehler in der Systemsoftware nachgesagt, ohne dass die Mängel näher benannt wurden. Sycamores CEO Dan Smith trat daraufhin auf einer Bilanzpressekonferenz die Flucht nach vorne an: "Die Frage lautet doch wohl: Gibt es in Sycamores Software eine unentdeckte Fehlfunktion, die den Einsatz unserer Produkte verbietet?" Auf dem Fuße folgte seine wenig überraschende Antwort: "Nein."

Immerhin räumte Smith ein, dass man Probleme gehabt habe. Die seien jedoch von der üblichen Art - eben solche, die beim Einsatz neuer Techniken immer auftreten. Tatsächlich ist es wohl bei einem Sycamore-Kunden zu ungewöhnlich hohen Verzögerungszeiten im Netz gekommen, nachdem neue Übertragungswege installiert wurden. Ursprung dieses Mangels soll die Software gewesen sein. "Zeitweilige Probleme treten immer wieder auf, die Gründe sind uns sehr wohl bekannt", so Smith. Denn trotz aller Belastungstests, so der Sycamore-Chef, lasse sich der echte Netzbetrieb nie eindeutig nachbilden.

Obwohl Smith mit Details geizte, dürften seine Erläuterungen auf die Erweiterung von Sycamores Betriebssystem zielen. Im Juni übernahmen die Netzwerker das Startup Sirocco samt dessen Management-Tool "Broadleaf". Die überarbeitete Version 2.0, die die Verwaltung von SDH- und Sonet-Datenströmen erlaubt, wurde Mitte November in Sycamores Betriebssystem integriert.