Checkliste

Twitter rechtlich richtig nutzen

25.06.2010 von Simon Hülsbömer
Unternehmen entdecken das Mikroblogging. Um beim Twittern rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen, sollten sie folgende Checkliste beachten.

Die Rechtsanwälte Fabian Niemann und Henning Krieg aus der auf IT-Recht spezialisierten Kanzlei Bird & Bird LLP haben sich eingehend mit den rechtlichen Risiken des Twitterns durch Unternehmen beschäftigt und eine Checkliste wesentlicher Punkte zusammengestellt.

Zunächst geht es um die Stolperfallen bei der Einrichtung eines Unternehmens-Tweets. Hier sind vor allem die drei Bereiche "Account-Name", "Profilbild" und "Impressum" von rechtlicher Bedeutung.

Account-Name

Dieser Bildschirm grüßt zu Beginn eines "Twitterlebens". Beim Ausfüllen der Felder sind einige wichtige Punkte zu beachten.

Wer einen Twitter-Account anlegt, muss neben einem Klarnamen (der korrekt sein sollte) auch einen Account-Namen angeben. Dieser kann später nicht mehr verändert werden, da er nach dem Muster www.twitter.com/Account-Name die Adresse bestimmt, unter der das eigene Twitterprofil erreichbar ist. Bei der Wahl des Namens sind fremde Marken- und Namensrechte zu beachten - die Situation ist rechtlich vergleichbar mit der im Domain-Recht. Wer eine fremde geschützte Marke oder einen fremden Namen als Account-Namen registriert, riskiert eine Abmahnung und die damit verbundenen Anwaltskosten. Darüber hinaus kann eine solche Aktion zu negativer PR führen und macht ein Re-Branding des eigenen Twitter-Auftritts notwendig. Noch mühseliger wird es, wenn der unzulässige Account-Name im Sinne einer "Corporate Identity" auch für andere Profile im Web 2.0 wie beispielsweise einen Facebook-Auftritt gewählt worden ist.

Profilbild

Trotz seiner geringen Größe (48 mal 48 Pixel) kann das Profilbild fremde Rechte verletzen. Es sollten nicht nur die Rechte am Bild geklärt werden, sondern auch die Rechte bezüglich des Bildinhalts. Wenn beispielsweise eine Person abgebildet ist, ist auch diese um Erlaubnis zur Verwendung des Bilds zu bitten. Wichtig ist, speziell auf eine Klärung der Rechte für die Online-Nutzung zu achten: Es gab abseits von Twitter bereits Fälle, in denen das Recht zur Nutzung in Druckerzeugnissen zwar bestand, das fehlende Recht zur Nutzung im Online-Bereich dann aber zu Streitigkeiten führte. Das alles gilt nicht nur für das Profilbild, sondern auch für eventuell hochgeladene Hintergrundbilder.

Impressum

Das deutsche Recht schreibt vor, dass die Anbieter geschäftlicher "Telemedien" (zu denen regelmäßig auch Web-Seiten gehören) ein Impressum bereithalten müssen. Ob Twitter-Profile solche impressumspflichtigen "Telemedien" sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Einrichtung eines Impressums ist daher zur Sicherheit zu empfehlen. Da Twitter selbst derzeit keinen Platz für ein ordentliches Impressum bietet, sollte ein Unternehmen das Eingabefeld "Web" mit einem Link auf die Unternehmens-Website versehen, über die ein ordnungsgemäßes Impressum unmittelbar aufzufinden ist. Wer gegen die Impressumspflicht verstößt, riskiert neben Abmahnungen und schlechter Publicity ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Wenn es nun ans eigentliche Twittern geht, müssen Unternehmen vor allem auf das Wettbewerbs-, Äußerungs- und Urheberrecht achten. Eine Social Media Policy für die twitternden Mitarbeiter kann helfen, rechtliche Stolperfallen zu vermeiden. Mehr dazu auf den folgenden Seiten.

Wettbewerbsrecht

Das Wettbewerbsrecht ist so vielschichtig, dass sich eine vollständige und abschließende Checkliste in diesem Bereich kaum erstellen lässt. Besonders hervorzuheben ist jedoch, dass "Guerilla-Marketing" in Deutschland vor Problemen steht, da Paragraf 4 Nr. 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) die Verschleierung des Werbecharakters von geschäftlichen Handlungen untersagt. Am sichersten handelt ein Unternehmen in dieser Hinsicht daher, wenn es bei Twitter klar als solches erkennbar auftritt.

Auf Grundlage des Wettbewerbsrechts können insbesondere Unternehmen direkt gegeneinander vorgehen. Wer meint, dass Konkurrenten sich unzulässig verhalten, weil sie beispielsweise kein ordnungsgemäßes Impressum eingebunden haben, Werbebotschaften verschleiern oder ihren "Followern" per Direct Message Spam schicken (siehe nächste Seite), kann versuchen, gegen sie vorzugehen. Ob ein Gericht aber tatsächlich einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht annimmt, ist bei Twitter nicht für alle denkbaren Konstellationen bereits absehbar (siehe beispielsweise zur Impressumspflicht oben). Darüber hinaus stehen viele Nutzer und Kunden der "rechtlichen Keule" kritisch gegenüber: Wer beim kleinsten Verdacht sofort abmahnt, wird oft mit öffentlicher Kritik gestraft. Es kann daher besser sein, über Social-Media-Dienste öffentlich in den Dialog zu treten - das zeugt nicht zuletzt von der eigenen Internetkompetenz.

Äußerungsrecht und Link-Haftung

Wer eine Tatsache behauptet, muss nachweisen können, dass die behauptete Tatsache auch wirklich wahr ist. Meinungsäußerungen dürfen die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten. Gerade in unteren Instanzen ist die Rechtsprechung jedoch leider sehr uneinheitlich, wann die Grenze von der erlaubten Meinungsäußerung zur nicht erlaubten Schmähkritik überschritten wird.

Wer fremde Seiten verlinkt, muss auch bei Twitter aufpassen.

Vorsicht auch beim Verlinken auf fremde Web-Seiten - für Links zu fremden rechtswidrigen Seiten kann man selbst haftbar sein! Das verhindert in der Regel auch kein Disclaimer oder freundlicher Hinweis im Tweet oder der Website - trotz aller gegenteiligen Meinungen.

Wer selbst gegen andere wegen der Verletzung eigener Rechte durch nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen oder unzulässige Beleidigungen rechtlich vorgehen möchte, kann dies tun - sollte sich aber im Klaren sein, dass das Gegenüber nicht unbedingt identifizierbar sein wird: Twitter verifiziert die angemeldeten Nutzer bislang nicht.

Urheberrecht

Dass einzelne Tweets trotz der "kurzen Länge" von maximal 140 Zeichen urheberrechtlich geschützt sein können, ist nicht ausgeschlossen. Das "Re-Tweeten" fremder Tweets dürfte aber selbst dann zulässig sein.

Social Media Policy

"Vorbeugen statt aufräumen" - diese Devise sollten sich Unternehmen bereits beim Twittern zu Herzen nehmen. Dazu gehört, dass man eine Social Media Policy aufstellt, die den Mitarbeitern die notwendige Orientierung gibt. Insbesondere die folgenden fünf Punkte sollten berücksichtigt werden:

  1. Im Namen der Firma dürfen nur autorisierte Mitarbeiter twittern.

  2. "Offizielle" und "private" Beiträge müssen jeweils als solche gekennzeichnet werden.

  3. Die Policy sollte Richtlinien enthalten, welche Inhalte jeweils zulässig sind.

  4. Mögliche Konsequenzen bei Verstößen müssen im Vorfeld aufgezeigt werden.

  5. Verstöße gegen die Policy sollten nicht ignoriert werden.

Spam-Falle Direct Messages

Wie bereits erläutert, lassen sich neben den öffentlichen Nachrichten (den "Tweets") auch private Nachrichten an einzelne Nutzer schicken, die dem eigenen Profil folgen. Diese Möglichkeit wird gerne als zusätzlicher Werbekanal genutzt, was jedoch die Frage aufwirft, ob hier nach dem UWG eine "unzumutbare Belästigung unter Verwendung elektronischer Post, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt" (Paragraf 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG) gegeben ist - ob in diesem Fall von Spam gesprochen werden muss. Da das reine "Followen" auf Twitter nicht als Einwilligung in den Erhalt von Werbung per Direct Message interpretiert werden können dürfte, sollten Unternehmen bei direkten Nachrichten Zurückhaltung an den Tag legen.

Account-Grabbing

Unternehmen sollten sich lieber heute als morgen ihren Twitternamen sichern.

Zu guter Letzt ein Problem, dem viele Unternehmen bereits jetzt gegenüberstehen, wenn sie ein Twitterprofil einrichten möchten: Der Name ihres Unternehmens ist bereits registriert und wird entweder als Fake-Account betrieben oder als Profil, das nichts mit dem eigenen Unternehmen zu tun hat - oder steht zum Verkauf. Grundsätzlich ist es - zumindest in bestimmten Fällen - möglich, gegenüber dem anderen "Twitterer" auf den Schutz der eigenen Marke und des eigenen Namens zu pochen und die Freigabe des Profilnamens zu fordern. In der Vergangenheit zeigten sich offenbar auch die Betreiber von Twitter hier mitunter unkompliziert und lösten die Situation auf. Aufgrund der inzwischen massiv gestiegenen Nutzerzahlen von Twitter bleibt jedoch abzuwarten, ob die Betreiber auch in Zukunft schnell und unkompliziert reagieren werden (können). Hier zeigt sich, dass Account-Namen auf Twitter etwas anderes sind als "normale" Domains: Sie werden nicht von einer Registrierungsstelle wie beispielsweise der Denic vergeben, und es gibt (bislang) auch kein Streitschlichtungsverfahren - die entsprechenden Web-Adressen sind schlicht nichts anderes als Unterseiten auf Twitter.

Wer sich darauf nicht verlassen und gleich rechtliche Schritte gegen den jeweiligen anderen Twitterer ergreifen möchte, sollte sich bewusst sein, dass die Identifizierung eines Account-Inhabers nicht immer möglich ist. Ein Vorgehen gegen die Betreiber von Twitter ist zwar möglich, jedoch mühsam, da deren Geschäftssitz in den USA liegt.

Am besten dürfte es sein, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen und sich seinen eigenen Namen (samt relevanter abweichender Schreibweisen) präventiv zu reservieren - selbst dann, wenn man momentan noch keine konkreten Nutzungspläne hat. Bei der Gelegenheit kann man auch gleich mehrere Social-Media-Plattformen zusammen abdecken. Hilfreich sind kostenlose Recherche-Tools wie namechk.com, die eine angebotsübergreifende Namensverfügbarkeitsprüfung vornehmen.