„Trimode-Geräten gehört die Zukunft“

09.04.2003
Die Wifi-Alliance , an der sich über 200 Hersteller beteiligen, hat sich vor allem durch das „Wifi“-Logo einen Namen gemacht. Das Signet garantiert die Interoperabilität unterschiedlicher Geräte von verschiedenen Herstellern. Mit Brian Grimm, Direktor der Wifi-Alliance, sprach CW-Redakteur Jürgen Hill über künftige WLAN-Entwicklungen und aktuelle Probleme der Funknetze.

CW: Der Anwender sieht sich in diesem Jahr mit zahlreichen neuen WLAN-Standards konfrontiert. Wie steht die Wifi-Alliance als herstellerübergreifende Organisation zu den neuen Spezifikationen?

GRIMM: Die Roadmap der Wifi-Alliance sieht mehrere Schritte vor, wobei wir uns jedoch auf zwei Bereiche fokussieren: die neuen, 54 Mbit/s schnellen WLAN-Produkte für das 2,4- und 5-Gigahertz-Frequenzband - also die Standards 802.11a und 802.11g.

CW: Warum vergeben Sie erst 2004 das Wifi-Zertifikat, wenn 802.11a-Produkte bereits heute zu kaufen sind?

GRIMM: Sie haben Recht, 54-Mbit/s-Geräte werden bereits in zehn europäischen Ländern vertrieben. Der Anwender sollte aber bedenken, dass die IEEE-Standards 802.11a/h in jedem Land etwas anders implementiert sind. So verwenden die Produkte etwa unterschiedliche Kanäle des Frequenzbandes. Ebenso ist die Regulierung der Sendeleistung verschieden realisiert. Letztlich ist eine Kompatibilität nicht gewährleistet, denn das Problem der Frequenznutzung muss erst noch die World-Radio-Konferenz lösen.

CW: Also läuft der Anwender Gefahr, dass er eine in Deutschland gekaufte 802.11a-Netzkarte nicht in Frankreich verwenden kann?

GRIMM: Genau, so lange sich Europa nicht auf einen einheitlichen Ansatz einigt, besteht für die Benutzer die Gefahr, dass Geräte aus unterschiedlichen Ländern nicht zueinander kompatibel sind. Ein Risiko, das alleine der Anwender trägt, wenn er bereits heute in diese Gerätegeneration investiert. Dieses Problem wollen wir im ersten Quartal 2004 mit unserem Logo lösen und damit Interoperabilität gewährleisten.

CW: Wenn wir gerade über Standards sprechen, auf dem Papier versprechen sowohl 802.11a als auch 802.11g dem Anwender höhere Geschwindigkeiten von 54 Mbit/s. Welches Verfahren ist für den professionellen Nutzer sinnvoller?

GRIMM: Das ist ein Glaubenskrieg, an dem wir uns als Wifi-Alliance, die alle 802.11-Technologien vertritt, nicht beteiligen. Beide Varianten sind interessante Technologien, die einen spezifischen Mehrwert bieten. Für 802.11g spricht beispielsweise die Rückwärtskompatibilität zu heutigen Funknetzen gemäß 802.11b. Auf der anderen Seite weist das bei 802.11a verwendete Fünf-Gigahertz-Band weniger Interferenzen auf und ist damit nicht so störanfällig. Ein weiterer Vorteil ist die bessere Skalierbarkeit.

CW: Also sollte der User 802.11a den Vorzug geben?

GRIMM: Nein, letztlich sind beide Verfahren als komplementär zu betrachten. Dies gilt vor allem für die Zukunft, wenn verstärkt Multimode-Produkte auf den Markt kommen, also Geräte, die alle drei WLAN-Verfahren unterstützen. Ich bin davon überzeugt, dass sich bereits in einem Jahr das Gros der verkauften Karten für alle drei Verfahren eignet. Deshalb glaube ich, dass wir ähnlich wie bei den Mobiltelefonen einen Trend hin zu Triband-Geräten erleben werden. Entsprechend sieht auch meine Vision der WLAN-Zukunft aus: Der Anwender bewegt sich in einen Hotspot und wird dort automatisch verbunden, ohne dass er sich darum kümmert, welches Übertragungsverfahren zum Einsatz kommt.

CW: Doch zu welchem Gerät soll der Kunde dann greifen, wenn alle Produkte drei Standards unterstützen? Genügt die 59 Euro teure Consumer-Variante oder muss er 159 Euro ausgeben?

GRIMM: Letztlich ist zwischen zwei Produktekategorien zu unterscheiden: Geräte, die für den Unternehmenseinsatz entwickelt wurden, und Produkte für den Consumer-Bereich. Dabei erstaunt es mich immer wieder, wie viel Technik bereits in Consumer-Equipment gepackt wird: So gehören selbst hier WLAN-Access-Points mit 10/100-Mbit/s-Switches und integriertem Router mit NAT (Network Adress Translation) zum guten Ton. Dennoch dürfte der professionelle User mit so einem Produkt im Unternehmenseinsatz kaum glücklich werden. Hier sind nämlich Funktionen wie Remote-Access-Management gefragt, um etwa 100 Access Points zu verwalten. Wollte ein Administrator diese Geräte händisch konfigurieren, wie bei Consumer-Equipment der Fall, so wäre das eine personalintensive und damit kostspielige Angelegenheit. Ferner lässt sich bei den billigeren Geräten meist die Übertragungsleistung nicht regeln.

CW: Verstehe ich Sie richtig: Mit einer billigen Karte laufe ich Gefahr, dass diese einen Notebook-Akku in 15 Minuten leer saugt?

GRIMM: Das ist ein Aspekt, wobei der Stromverbrauch nicht linear zur Sendeleistung steigt. Für Unternehmenskunden dürfte dagegen viel wichtiger sein, dass sie mit der Möglichkeit, die Sendeleistung zu regulieren, in der Lage sind, die Größe ihrer Funkzelle zu bestimmen. Letztlich können sie also die Signale innerhalb ihres eigenen Gebäudes halten, was unter dem Gesichtspunkt Sicherheit wichtig ist. Zudem unterscheiden sich die teuren Geräte in ihren physikalischen Eigenschaften: Sie vertragen eher Erschütterungen und arbeiten über einen größeren Temperaturbereich hinweg zuverlässig. Punkte, die etwa beim Einsatz in Produktionsumgebungen von Bedeutung sind.

CW: Sind Ihnen auch Unterschiede hinsichtlich der Prozessorleistung oder des RAM und ROM bekannt, die Auswirkungen auf spätere Erweiterungsmöglichkeiten für neue Standards haben?

GRIMM: Im Detail muss ich passen. Die größte Änderung, die in absehbarer Zeit auf die WLAN-Gemeinde zukommt, betrifft die Einführung des Sicherheitsstandards 802.11i. Und hierzu verfügen die heute auf dem Markt erhältlichen Geräte wohl kaum über die erforderliche Prozessorleistung. Die Gerätegeneration, die diesen Sicherheitsstandard beherrscht, besitzt wohl CPUs, wie wir sie aus dem PC kennen, oder einen dedizierten Chip, der nur für Verschlüsselungsaufgaben zuständig ist.

CW: Gelten Ihre Aussagen sowohl für Access Points als auch Client-Karten?

GRIMM: Das gilt für beide Gerätekategorien.

CW: Das verwundert mich, denn zahlreiche Hersteller propagieren, dass die Aufrüstung auf 802.11i zumindest bei den Funkkarten kein Problem sei, da man ja auf die Rechenleistung des PC oder Notebooks zurückgreifen könne.

GRIMM: Dieser technische Workaround mag im Consumer-Markt teilweise funktionieren. Unter Aspekten wie Reaktionszeit ist es jedoch vorteilhaft, wenn die Verschlüsselung so nahe wie möglich am Sende- und Empfangspunkt erfolgt, und dies klappt nur mit leistungsfähigeren Chips.

CW: Sie sprachen vorher das Thema Hotspots an. Warum hat Ihre Organisation hierfür das Logo Wifi-Zone kreiert?

GRIMM: Im Zusammenhang mit Hotspots gibt es in den Augen der Wifi-Alliance zwei wichtige Fragen: Wie erfährt der Anwender überhaupt von der Existenz eines Hotspot? Wie erhält er eine Verbindung? Mit unserem Logo wollen wir gewährleisten, dass der Anwender überhaupt sieht, dass es einen Hotspot gibt. Das weitere Ziel ist es, die Interoperabilität sicherzustellen. Die Grundvoraussetzung, um das Logo zu bekommen, ist also, dass die Betreiber Wifi-zertifizierte Geräte verwenden.

CW: Sie definieren aber keine konkreten technischen Voraussetzungen, wie ein Hotspot zu implementieren ist?

GRIMM: Das stimmt so nicht ganz. Wir sprechen durchaus Empfehlungen aus, wie ein entsprechender Zugang zu konfigurieren ist. So rät die Alliance etwa zur Verwendung des Service Set Identifier (SSID), damit ein Kunde überhaupt den Hotspot finden kann. Insgesamt sollte ein Access Provider die Nutzung eines Hotspot so einfach wie möglich gestalten, damit viele Kunden das Angebot überhaupt nutzen.

CW: Die Konfiguration der Access Points ist eine Seite der Medaille. Viele Benutzer scheitern aber bereits an der Benutzeroberfläche ihrer Funkkarte.

GRIMM: Das Thema „Ease of Use“ spielt nicht nur bei Hotspots eine Rolle, sondern auch bei der Nutzung interner Funknetze. Wir haben hierzu eine Studiengruppe gegründet, die Richtlinien bezüglich der Benutzerfreundlichkeit aufstellen soll. Das Problem beginnt bereits damit, dass viele Hersteller zwar die gleiche Funktion meinen, aber dafür unterschiedliche Begriffe verwenden. Das verwirrt den Anwender nur. Als Wifi-Allianz sind uns hier die Hände gebunden: Wir können die Hersteller nur dazu auffordern, unsere Empfehlungen in ihren Produkten zu berücksichtigen.

CW: Kehren wir zurück zum Hotspot und dem Logo Wifi-Zone. Sprechen Sie auch mit Virtual-Wireless-Internet-Service-Providern oder großen Telefongesellschaften, damit diese ebenfalls das Logo verwenden und Benutzer eine einheitliche Rechnung bekommen?

GRIMM: Wir haben das vor, aber das ist eine Riesenaufgabe, die der Suche nach dem Heiligen Gral gleicht. Ich sehe darin eine globale Aktion, an der sowohl Handels- als auch Industrieorganisationen beteiligt sein sollten. Entsprechende Szenarien dürften in etwa zwei Jahren Realität werden. Heute befinden wir uns dort, wo die Mobilfunker vor mehr als zehn Jahren standen.