Kolumne

"Trend zum Lösungsanbieter"

06.03.1998

Die Übernahmen der vergangenen Monate weisen ein gemeinsames Grundmuster auf. Hersteller von Hard- oder Software versuchen, sich mit Hilfe von Service-Organisationen zu verstärken, um sich nicht mehr nur als Lieferant von DV-Komponenten, sondern als Lösungsanbieter und Systemintegrator zu präsentieren. Das gilt sowohl für den Kauf von Tandem und Digital durch Compaq als auch für den Coup von CA-Gründer Charles Wang, der seine Company um die Computer Sciences vergrößern will. Auch in der Ankündigung der Software-Anbieter Baan, Peoplesoft und SAP, Outsourcing-Divisionen einrichten zu wollen, ist dieses Strickmuster erkennbar. Die Berater der Gartner Group teilen die IT-Branche deshalb bereits in die Lager Lösungsanbieter und Komponentenlieferanten.

Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe: Je komplizierter die IT-Infrastrukturen und -Applikationen werden, desto unbeherrschbarer sind sie für den Anwender. So sehen sich manche Unternehmen schon durch die betriebsweite Installation einer neuen Office-Software vor große Probleme gestellt. Einfach, weil zu viele der verfügbaren DV-Ressourcen für die Pflege alter Programme (Jahr-2000-Problem) benötigt werden, die Euro-Einführung drückt und häufig auch noch die Implementierung einer kommerziellen Standardsoftware ansteht.

Außerdem sehen viele Anwender immer seltener ein, warum sie Release-Wechsel mitmachen sollen, wenn sie die paar Vorteile durch langwierige Rollouts und zusätzlichen Know-how-Erwerb teuer bezahlen müssen.

Deshalb schlagen Anbieter, die den Weg zum Lösungsanbieter beschreiten, zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen entkommen sie mit einem um Service- und Integrationsleistungen erweiterten Angebot dem enorm zunehmenden Margendruck im Produktsektor, und zum anderen nehmen sie dem Anwender die Angst vor einer nicht mehr beherrschbaren DV.

Gehen Anwender auf das Angebot dieser Dienstleister ein, verabschieden sie sich allerdings von dem früher oft beherzigten Ratschlag, nur von Hard- und Softwareproduzenten unabhängige Service-Anbieter einzusetzen. Auf diese Weise verzichten sie auf ein Stück DV-Unabhängigkeit, das ihnen offene Standards, Client-Server-Computing und das Internet bringen könnten.