"Trauen Sie sich den nächsten Karriereschritt zu"

31.03.2005
Gerhard Winkler berät Bewerber persönlich, per E-Mail und auf seiner Website www.jova-nova.com in allen Phasen des Bewerbungsmarathons. COMPUTERWOCHE wollte von ihm wissen, wie sich Jobsuchende mit ihren Qualifikationen vorteilhaft präsentieren können.

CW: Personal-Manager sind anspruchsvolle Wesen, die wenig Zeit haben und wählerisch sind. Wie sollten sich Bewerber auf die schwierige Aufgabe vorbereiten, deren hohen Ansprüchen zu genügen?

Gerhard Winkler: Es ist eine sichere Wette, dass die unaufwändige und zurückhaltende, auf die Kerninformationen eingedampfte Bewerber-Präsentation gerade bei den anspruchsvollen Jobanbietern am besten ankommt. Mein Rat an alle, die gern zum Info-Overkill beitragen: Verzichten Sie auf große Worte, sparen Sie sich Höflichkeitsfloskeln, präsentieren Sie sich klar und eindeutig. 1700 bis 2000 Anschläge genügen für Jobwechsler. Um ein scharfes Profil zu zeichnen, kippt man ja auch nicht eimerweise Farbe aus.

CW: Manche Bewerbungsratgeber empfehlen, opulente Bewerbungsmappen zu verschicken. Was halten Sie von zusätzlichen Nettigkeiten wie der schon länger in Mode gekommenen "Dritten Seite"? Übereifrige fügen mittlerweile sogar ein Inhaltsverzeichnis hinzu und schmücken die Mappe mit einem Deckblatt. Was ist nötig, was lästig für den Empfänger?

Winkler: Ich verstehe, dass sich für erfahrene Verwaltungskräfte die Idee von einer gelungenen Präsentation in einem möglichst prallen Dossier niederschlägt. Gegen den konzeptionellen Ansatz "Erschlag den Adressaten" ist nichts einzuwenden, sofern man sich bei Menschen mit einem leeren Schreibtisch und mit aller Zeit der Welt vorstellt, etwa bei Juristen im Staatsdienst. Bewerbung ist Business. Geschäftlich erwünscht sind kurze Briefings und die Präsentation, die gleich zur Sache kommt.

CW: Die schwierigste Übung aus Sicht der Bewerber dürfte ein ansprechendes Anschreiben sein. Die möglichen Fehler sind bekannt - nur: Wie lässt es sich besser machen? Haben Sie ein paar Tipps parat?

Winkler: Ich bin ja in der glücklichen Lage, dass ich auf meiner Site alle Tricks und Techniken hergebe und mich die Jobsuchenden dennoch beauftragen. Im Anschreiben bringe ich ohne jede Einleitung das aus Jobanbietersicht stärkste Argument und zähle dann alle weiteren faktischen und belegbaren Argumente in absteigender Relevanz auf. In den ersten Absatz packe ich also nichts als pure Joberfahrung. Im zweiten Paragraphen bündle ich Abschlüsse, Kenntnisse und erworbene Kompetenzen. Im letzten Absatz lege ich dem Personaler nahe, wie er reagieren soll. Ich liefere Joberfahrung zum Anfassen, wo man sonst heiße Luft grillt.

CW. Bewerber sollen glaubhaft vermitteln, dass sie die richtige Person für den Job sind, ohne sich in Allgemeinplätzen zu verlieren. Wie können sich Jobsuchende überzeugend präsentieren?

Winkler: Ich habe lange angenommen, dass Bewerber drum herum reden, weil sie fleißig von Karriereautoren abschreiben, die selber nicht auf den Punkt kommen. Ich muss mich korrigieren. Bewerber haben einfach - wie jedermann - Angst, sich zu exponieren. Auf lange Sicht beruflich erfolgreich sind weder die Schüchternen noch die Blender, sondern Leute, die klar und deutlich Position beziehen: Ich bin der und der. Ich kann das und das. Meine Expertise beruht auch auf dieser Ausbildung und auf jenen Weiterbildungen.

CW: Originalität ist im Bewerbungsprocedere gerade nicht besonders gefragt. Trotzdem möchte jeder Bewerber mit seinen Unterlagen überzeugen. Gibt es trotzdem kleine Tricks, sich dezent, aber auffallend zu präsentieren?

Winkler: Klienten, die schon ein gutes Foto haben, rate ich, in einen außergewöhnlich guten PR-Shot beim Werbefotografen zu investieren. Ich nutze alle Überredungskunst, damit die Stammkunden der Outdoor-Outfitter in ordentliche Business-Klamotten wechseln. Ich zeichne schriftliche Unterlagen mit Schriften aus, die auch Firmen für ihre Selbst-Präsentation verwenden. Aber immer dort, wo es um einen Text, um etwas Geschriebenes geht, muss der Text für sich sprechen. Alle Aufwertung durch Material, Papier und edle Mappe scheitert, wenn man sich nicht durch seine Worte positiv abhebt.

CW: Zurzeit werden viele Unternehmen nach einem veröffentlichten Inserat mit Bewerbungen überhäuft. Für Bewerber beginnt dann die schwierige Zeit des Wartens. Wann dürfen sie anrufen und nachfragen, was aus ihrer Bewerbung geworden? Oder raten Sie den Kandidaten von solchen Aktionen generell ab?

Winkler: Es gibt die Storys von Bewerbern, die nachtelefoniert, die Aufmerksamkeit eines überlasteten Jobanbieters gewonnen und sich so in den Job hineingeredet haben. Aber meistens hören Sie von Leuten, die nur erfahren, dass sie nerven. Jemand hat Angebote eingeholt. In der Personalbeschaffung können vier bis sechs Wochen vergehen, bis man richtig in die Gänge kommt. Wenn Sie in dieser Phase anrufen, dann nicht, um zu quengeln, sondern um Ihr Angebot aufzufrischen und zu verstärken.

CW: Was ist aus Ihrer Sicht der größte Bewerbungsfehler?

Winkler: Es gibt nur einen wirklich schlimmen Fehler: Sich nicht trauen, den nächsten Karriereschritt zu gehen.

Mit Gerhard Winkler sprach CW-Redakteurin Ingrid Weidner.