IT-Historie

Tote Technik, die noch lebt

26.02.2011 von Simon Hülsbömer
Diese IT-Dinos sind schon lange obsolet - haben ihre Todesmitteilung aber noch nicht erhalten. Vielleicht, weil sie jemand mit der Schreibmaschine getippt und anschließend hinübergefaxt hat.

Haben Sie eine dringende Nachricht für jemanden? Ein Telegramm zu schicken, ist in dem Fall bestimmt nicht Ihre erste Option. Wenn Sie abtanzen möchten, sind der Kassetten-Rekorder oder der Plattenspieler ebenfalls sicherlich nicht die bevorzugte Abspielmöglichkeit für die Tanzmusik. Zwar hatten alle diese antiken Technologien zu ihrer Zeit ihre Berechtigung, wurden aber von günstigeren, schnelleren oder einfach besseren abgelöst - manche sind gar ganz verschwunden. Andere hingegen, wie Faxgeräte, Festnetztelefone oder Sofortbildkameras, weigern sich hartnäckig, die Bildfläche zu verlassen - obwohl es ihre Nachfolger schon längst gibt. Wir stellen Ihnen zehn Technologien vor, die lange ausgestorben sein müssten, aber trotzdem weiterhin ein fröhliches Dasein fristen:

Der Fernschreiber

Die Zeit des Fernschreibers (Telegrafen) ist lange vorbei: Auf seinem technologischen Höhepunkt im Jahr 1929 gab es via Western Union über 200 Millionen telegrafische Übertragungen - im Jahr 2005 waren es derer noch 21.000, am 27. Januar 2006 ging dann das letzte klassische Western-Union-Fernschreiber über den Ticker. Daraufhin übernahm iTelegram das Telex-Netzwerk des heute auf Geldtransfers spezialisierten Konzerns und machte es über das Web zugänglich. Für pauschal 25 Dollar plus 88 Cent pro Wort lässt sich so heute beispielsweise ein Express-Telegramm innerhalb eines Landes (auch innerhalb Deutschlands) verschicken, das dem Empfänger in der Regel innerhalb von 24 Stunden (in den USA zwölf Stunden) zugestellt wird. Ferienanlagen und Hotels werden meist noch am selben Tag beliefert, Empfänger in kleineren oder entlegenen Ländern warten dagegen auch schon einmal bis zu drei Werktagen.

Die Schreibmaschine

Schreibmaschinen werden hauptsächlich noch von Sammlern und Liebhabern genutzt. (Quelle: Fotolia / Gemenacom)
Foto: Fotolia.com/CW

In Zeiten von Tablet-PCs und Smartphones erscheinen Schreibmaschinen schon ziemlich antiquiert. Trotzdem werden sie noch gekauft und benutzt. So erstand allein die New Yorker Polizei im vergangenen Jahr Schreibmaschinen im Wert von fast einer Million Dollar, um auch weiterhin Kohlepapier mit mehreren Durchschlägen für die Beweissicherung einsetzen zu können. In erster Linie wird der Markt aber von Sammlern und Liebhabern beherrscht: Erst Ende 2009 wurde die Olivetti Lettera 32 des amerikanischen Roman-Autors Cormac McCarthy für schlappe 255.000 Dollar versteigert. McCarthy spendete die Summe und kaufte sich für 20 Dollar eine neue Schreibmaschine - natürlich eine mechanische.

Das Faxgerät

Das klassische Faxgerät ist einfach nicht totzukriegen. (Quelle: Fotolia, Kebox)
Foto: Fotolia, Kebox

Trotz der Vorteile von Internet-Faxdiensten und kostengünstigen Scannern, ist das aus den 1980ern stammende Faxgerät noch immer unter uns. Über eine halbe Million Geräte wurden in den zurückliegenden zwölf Monaten verkauft, so die Marktforscher der NPD Group. Besonders Maklerbüros, Anwaltskanzleien und Versicherungsunternehmen legen großen Wert auf per Hand unterzeichnete Dokumente, die per Fax verschickt werden. NPD-Analyst Ross Rubin begründet das damit, dass "digital zertifizierte Dokumente nach wie vor große Skepsis auslösen" und gefaxte glaubwürdiger wirkten.

Das Festnetztelefon

Das fest ans Netz angeschlossene Telefon ist trotz Handy-Überfluss weiterhin stark verbreitet. (Quelle: Fotolia, R.-A. Klein)
Foto: Fotolia, R.-A. Klein

Glaubt man den Umfragen, hat jeder vierte Amerikaner sein Festnetztelefon gegen ein mobiles eingetauscht. Auch VoIP-Dienste sind sehr beliebt und werden millionenfach genutzt. Übrig bleiben aber noch 100 Millionen Haushalte allein in den USA, die weiterhin ein Festnetztelefon einsetzen (zweifelsohne werden viele von diesen Seite an Seite mit einem Faxgerät leben…). Gerade ältere Mitmenschen vertrauen lieber auf ein Telefon mit fester Leistung als drahtlosen Übertragungswegen, und das nicht nur, weil die Festnetztelefonie ausfallsicherer ist.

Der Plattenteller

Mit CDs und MP3s im Rücken, hat das digitale Musikzeitalter das analoge schon lange weit hinter sich gelassen. Vinyl ist aber mittlerweile wieder in: Im vergangenen Jahr wurden allein in den USA fast drei Millionen Schallplatten verkauft - im Jahr 2008 waren es noch rund eine Million weniger. Damit steigt auch der Bedarf nach Plattentellern, die es heute in allen Formen und Farben zu kaufen gibt. Besonders beliebt - nicht nur bei den DJs - sind die digitalen Turntables, die sich an den PC anschließen lassen und die aufgelegte Platte direkt in digitale Signale umwandeln.

Die Registrierkasse

Computergesteuerte Inventarisierungs- und Kassensysteme konnten nicht verhindern, dass immer noch zehntausende Einzelhändler auf Registrierkassen setzen. Obwohl sich die Möglichkeiten, die eine Registrierkasse bietet, in den vergangenen 127 Jahren nicht verändert, geschweige denn verbessert haben. Selbst die elektrischen Registrierkassen haben keine Ahnung von Inventarisierung und bieten keinerlei Übersicht über die verkauften und noch vorhandenen Artikel. Warum sie dann immer noch im Einsatz sind, hängt wohl in erster Linie mit dem Preis zusammen. Die vielen ganz kleinen Händler können sich hochmoderne digitale Systeme einfach nicht leisten. Eine Hoffnung für alle Registrierkassengegner gibt es aber doch: Das Internet schickt sich an, eine kostengünstige Alternative zu werden.

Die Sofortbildkamera

Echte Fotoliebhaber können ohne Dunkelkammer und stark riechende Entwicklerflüssigkeit nicht leben. Für den schnellen Schnappschuss unterwegs verzichten sie jedoch gerne auf das heimische Studioambiente und greifen zur Sofortbildkamera. Der Name des Unternehmens Polaroid steht als Synonym für jedes Foto aus der Kamera, die die geschossenen Motive sofort auf Papier ausdruckt, damit sich diese durch die anschließende Licht- und Lufteinwirkung selbst entwickeln. Polaroid wurde 2008 zum zweiten Mal wegen Korruption verurteilt und im April 2009 zerschlagen. Das hinderte das Unternehmen aber nicht daran, eine neue Version seiner OneStep-Kamera, der Polaroid PIC 300, auf den Markt zu werfen, die weiterhin auf den klassischen Instant Film setzt. Die Kosten für den Liebhaber: 90 Dollar für die Kamera und ein weiterer Dollar pro Bild. Um das neue Modell bekannt zu machen, engagierte Polaroid sogar Pop-Diva Lady Gaga als "Creative Director". Und wenn es die überleben sollte, könnte es uns noch lange erhalten bleiben.

Das Diskettenlaufwerk

Digitale Datenträger - CDs, DVDs, Blu-rays - haben die magnetischen abgelöst und damit auch deren Laufwerke überflüssig gemacht. Neue Disketten und Zip-Discs jeder Art sind heute kaum bis gar nicht mehr zu bekommen, weil sie nicht mehr hergestellt werden. Diskettenlaufwerke hingegen sind in vielen Rechnern noch vertreten - sogar in neuen, auch wenn ihre Verbreitung deutlich abgenommen hat. Spätestens mit dem Aufkommen von Flash-Speicherkarten, die ein Vielfaches einer 3,5-Zoll-Floppy (zur Erinnerung: 1,44 Megabyte!) fassen und dabei auch noch deutlich kleiner, handlicher und haltbarer sind, sind die magnetischen Lesegeräte unbrauchbar geworden.

Der Röhrenfernseher / -monitor

Röhrenfernseher und -monitore erfreuen sich nach wie vor bester Gesundheit. Wer braucht auch schon Flachbildschirme, LCD, Plasma oder LED? Die "alten" Modelle bieten eine souveräne Leistung mit qualitativ hochwertigen Bildern bei einem sehr günstigen Preis. Die Anzeige ist größtenteils besser als die bei LCD und Plasma. Ein weiterer unschätzbarer Vorteil der Apparate, die mit der Kathodenstrahlröhre (Braun'sche Röhre) arbeiten: Ihre Frontverglasung ist vollständig recycelbar.

Der CB-Funk

Hobbyfunker schwören auf ihre CB-Handgeräte. (Quelle: Benjamin Heinecke / Creative Commons)
Foto: Benjamin Heinecke / Creative Commons

In den Siebzigern und Achtzigern gehörten CB-Funkstationen fast schon zur Pflichtausstattung jedes gut sortierten Hobbykellers. Was heute der Chatraum ist, war damals das abendliche Anfunken fremder Regionen, Nationen (und Galaxien…). Unerlässlich auch in Notsituationen, ist der öffentliche und kostenfrei nutzbare CB-Funk (Citizen's Band Funk) heute nur noch unter Liebhabern verbreitet, die sich aber wiederum gerade über das Internet in Fangemeinschaften zusammengeschlossen haben. So lebt eine alte Technologie mithilfe einer neuen weiter.

Der Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt und stammt von Dan Tynan, PCWorld. (sh)

Quelle Teaserbild: Klaus Stricker, pixelio.de