Indien attraktiv, Europa zu teuer

Top 30 der Offshoring-Standorte

17.05.2011 von Andreas Schaffry
Gartner hat eine Rangliste der 30 führenden IT-Offshore-Länder erstellt: Indien ist die Nummer 1, stärkster Verfolger China. Am günstigsten ist Indonesien.
Ian Marriott von Gartner hat eine Rangliste der 30 attraktivsten Offshore-Standorte erstellt. Die Region EMEA kann vor allem wegen vergleichsweise hoher Kosten kaum punkten.
Foto: Gartner, Ian Marriott

Neun der zehn wichtigsten Offshore-Länder liegen in der asiatisch-pazifischen Region. Nach wie vor ist Indien für Unternehmen das gelobte Offshore-Land für die Auslagerung ihrer IT-Services. Vom Potenzial her wird China künftig zu einem der größten Herausforderer in diesem Markt aufsteigen.

Zu diesem Ergebnis kommt das US-Marktforschungsinstitut Gartner in der aktuellen Untersuchung "Gartner’s 30 Leading Locations for Offshore Services, 2010-2011". Laut Gartner-Analyst Ian Marriot sind im Jahr 2010 die 30 wichtigsten Länder für Offshore-Services ausschließlich aufstrebende Volkswirtschaften, die an der Schwelle zur Industrienation stehen.

Top 30 der Offshoring-Standorte
Top 30 der Offshoring-Standorte
Gartner hat eine Rangliste der 30 führenden IT-Offshore-Länder erstellt: Indien ist die Nummer 1, stärkster Verfolger China. Am günstigsten ist Indonesien. Weitere Offshoring-Standorte nach Regionen:
Amerika
Argentinien
Amerika
Chile
Amerika
Kolumbien
Amerika
Costa Rica
Amerika
Panama
Amerika
Peru
Asien - Pazifik
Bangladesh
Asien - Pazifik
Indien
Asien - Pazifik
Malaysia
Asien - Pazifik
Philippinen
Asien - Pazifik
Thailand
Asien - Pazifik
Vietnam
Europa, Naher Osten und Afrika
Bulgarien
Europa, Naher Osten und Afrika
Ägypten
Europa, Naher Osten und Afrika
Mauritius
Europa, Naher Osten und Afrika
Marokko
Europa, Naher Osten und Afrika
Polen
Europa, Naher Osten und Afrika
Rumänien
Europa, Naher Osten und Afrika
Slowakei
Europa, Naher Osten und Afrika
Südafrika
Europa, Naher Osten und Afrika
Tschechien
Europa, Naher Osten und Afrika
Ungarn

Schwellenländer auf dem Vormarsch

In den letzten zwölf Monaten registrierten die Marktforscher vor allem in den aufstrebenden Nationen große Anstrengungen, um ihre Position als Offshore-Dienstleister zu stabilisieren oder auszubauen. Insbesondere Dienstleistungen in den Bereichen IT und BPO (Business Process Outsourcing) sollen dort das Wirtschaftswachstum beflügeln. Der Grund: Die meisten Firmen haben die Rezession überwunden und vergeben wieder Outsourcing-Aufträge.

2010 kamen mit Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Mexiko, Panama und Peru acht Länder aus Süd- und Mittelamerika unter die ersten 30 Offshore-Standorte. Das deutet den Analysten zufolge auf erhebliche Fortschritte in dieser Region hin, etwa was den Ausbau der Infrastrukturen, die wirtschaftliche und politische Stabilität, das Bildungssystem sowie die verfügbaren Arbeitskräfte angeht.

Während Brasilien und Chile die beste Infrastruktur haben, ist Mexiko führend bei den Arbeitskräften und bei der Unterstützung durch die Regierung sowie im Bereich Bildung. Auf der Bewertungsskala von "schlecht" bis "exzellent" verdiente sich Brasilien bei der politischen Stabilität die Bestnote. Fast alle Länder aus dieser Region haben Probleme mit der Vertraulichkeit und Sicherheit von Daten.

Offshoring: Kosten sind Schlüsselfaktor

Foto: Daniel Fleck - Fotolia

Ein Schlüsselfaktor für die Auslagerung von IT-Services und Geschäftsprozessen in andere Länder sind die Kosten. Hier erreichte Mexiko als einziges Land in Mittel- und Südamerika die Note "sehr gut". In diesem Bereich haben die Länder aus dem asiatisch-pazifischen Raum deutliche Vorteile gegenüber den anderen Regionen. Zum Beispiel erzielte Indonesien in punkto Kosten nicht nur die Note "exzellent", sondern in diesem Bereich zugleich den besten Wert aller im Rahmen der Untersuchung analysierten Länder.

Im asiatisch-pazifischen Raum fördern insbesondere die Regierungen in Indien, China und Malaysia die Entwicklung ihrer Länder als Offshore-Standorte. Indien hat gegenüber den anderen Ländern Vorteile bei der Ausbildung von Fachkräften und deren Anzahl. Unter die Top 30 kamen im asiatisch-pazifischen Raum neben China und Indien auch die Länder Bangladesch, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Sri Lanka, Thailand und Vietnam.

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Platz 25: Accra, Ghana
Quelle: flickr, Elegant Machines
Platz 14: Rawalpindi, Pakistan
Quelle: Flickr, Mariachily
Platz 08: Lagos, Nigeria
Quelle: Flickr, Zouzouwizman
Platz 02: Medellin, Kolumbien
Quelle: Flickr, Laloking97
Platz 01: Karachi, Pakistan

EMEA wenig attraktiv

Zwar gibt es in der EMEA-Region die meisten, nämlich 13, der 30-Top-Offshore-Standorte. Das sind Ägypten, Bulgarien, Mauritius, Marokko, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Süd-Afrika, Tschechien, die Türkei sowie Ungarn und die Ukraine. Doch im Vergleich zu anderen Offshore-Standorten sinkt die Bedeutung der EMEA-Region beständig.

Die Ursachen dafür liegen den Marktforschern zufolge zum einen in einer Verschlechterung der Bildungssysteme in einzelnen Ländern. Zum anderen ist die Region von den Kosten her als Offshore-Standort wenig attraktiv. Selbst Länder wie Ägypten, die Slowakei und die Ukraine, die bisher in diesem Punkt noch im Vorjahr mit der Note "sehr gut" bewertet wurden, erhielten in diesem Jahr nur noch ein "gut".

Wo Offshore zu Nearshore wird

Zum ersten Mal unter die Top 30 Offshore-Standorte schafften es Bangladesch, Bulgarien, Kolumbien, Mauritius und Peru. Erneut aufgenommen wurden Panama, Sri Lanka und die Türkei. Aus der Wertung fielen sieben hoch entwickelte Industrieländer, nämlich Australien, Irland, Israel, Kanada, Neuseeland, Singapur und Spanien. Diese werden als Nearshore-Standorte an Bedeutung gewinnen.

Gartner bewertete im Rahmen der Untersuchung die analysierten Länder nach insgesamt zehn Kriterien. Diese sind: Sprache, Standortförderung durch die Regierung, verfügbare Arbeitskräfte, Infrastruktur, Bildungssystem, Kosten, politische und ökonomische Rahmenbedingungen, kulturelle Kompatibilität, Rechtssicherheit sowie Datensicherheit und Schutz des geistigen Eigentums.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO. (mhr)

Teaser-Bild: Torsten Gründer