TomorrowNow will Oracle mehr Kunden abluchsen

08.06.2006
Die Verantwortlichen des Drittanbieters von Wartungs- und Support-Dienstleistungen wollen sich durch den Konter Oracles, SAP-Applikationen zu warten, nicht irritieren lassen.

"Es war keine Überraschung für uns", sagte Andrew Nelson, President und CEO von TomorrowNow vor kurzem am Rande von SAPs Kundenveranstaltung Sapphire in Paris. TomorrowNow, das Anfang vergangenen Jahres von SAP übernommen worden war, habe den Datenbankspezialisten mit seinen Dienstleistungen hart getroffen (siehe auch: SAP kauft texanischen Peoplesoft-Dienstleister und SAPs Servicetochter expandiert). Das US-amerikanische Servicehaus bietet Support und Wartung für die Softwareprodukte der von Oracle übernommenen Anbieter Peoplesoft, J.D Edwards und Siebel an.

Die Oracle-Verantwortlichen haben den SAP-Vorstoß kürzlich mit einer Gegenofferte gekontert (siehe auch: Oracle will Support für SAP-Produkte anbieten). Gemeinsam mit dem indischen Dienstleister Systime Computers will der Weltmarktführer im Datenbankgeschäft künftig auch Support und Wartung für Anwendungen des Applikationskonkurrenten SAP anbieten. Kunden könnten sich damit auf einen einzigen Dienstleister beschränken, warb Oracle-Präsident Charles Phillips. Rund 70 Prozent aller SAP-Installationen weltweit liefen auf Basis einer Oracle-Datenbank.

"Ich glaube nicht, dass Oracle verstanden hat, was Third-Party-Maintenance wirklich bedeutet", wiegelt Nelson ab. Es gehe nicht darum, günstige Arbeitskräfte für die Dienstleistungen zu finden, sondern darum, seinen Kunden erfahrene Berater zur Seite zu stellen. Die Kunden müssten komplexe IT-Infrastrukturen am Laufen halten. "Sie melden sich zwar nicht oft bei uns. Aber wenn sie sich melden, brauchen sie Know-how, das ihnen bei ernsten Problemen hilft." Sicherlich gebe es in Indien das notwendige Fachwissen, meint der TomorrowNow-Chef. Allerdings laufe dort derzeit vieles noch so ähnlich ab, wie im Wilden Westen.

Nelson plant, sein Service-Angebot weiter auszubauen. Derzeit versorgt der Dienstleister 176 Anwender. Seit der Übernahme durch SAP seien etwa 100 Kunden neu hinzugekommen. Das weltweite Marktvolumen für Support- und Wartungsdienstleistungen schätzt der CEO auf einen Betrag zwischen acht und 20 Milliarden Dollar. Um sich davon ein möglichst großes Stück zu sichern, müsse das eigene Angebot beständig erweitert werden. Es gehe dabei nicht darum, nur Oracle-Kunden ins Visier zu nehmen. TomorrowNow wolle Dienstleistungen für eine möglichst breite Applikationspalette anbieten, versichert Nelson. Der Dienstleister unterhält zehn Support-Zentren in den USA, Amsterdam, London, Sidney und Singapur. Von den 135 Beschäftigten arbeiten 90 im Support.

Derzeit konzentriert sich das Angebot jedoch noch sehr auf Oracle-Produkte. So arbeitet TomorrowNow aktuell daran, das notwendige Know-How für Siebel-Anwendungen aufzubauen (siehe auch: SAP baut Kampfpreis-Support für Oracle-Produkte aus). Oracle hatte den Anbieter für Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRM) Anfang des Jahres geschluckt. Derzeit beschäftigt TomorrowNow eigenen Angaben zufolge acht Siebel-Experten. Weitere würden gesucht. Nelson schätzt, dass rund die Hälfte der weltweit etwa 4000 Siebel-Anwenderunternehmen potenzielle Kunden für TomorrowNow seien. Um diese Klientel zu überzeugen, brauche man jedoch Fachwissen, da die meisten von Siebels CRM-Installationen stark an die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Kunden angepasst seien.

Vorwürfe, TomorrowNow sei nur der verlängerte Arm der SAP, um Anwender von Konkurrenz-Applikationen für SAP-Produkte abzuwerben, will der CEO nicht gelten lassen. Sicherlich sei man nicht unabhängig, weil das Unternehmen SAP gehöre. Allerdings agiere TomorrowNow herstellerneutral im Markt, versichert Nelson. Von den 176 Kunden hätten sich nur 30 dazu entschlossen, im Rahmen des Safe-Passage-Programms auf SAP-Anwendungen umzusteigen. Unter dem Dach der SAP zu arbeiten bedeutet für Nelson kein Problem. Für die eigenen Kunden bedeute dies mehr Sicherheit, was die Zukunft des Produkt-Supports anbelangt. Außerdem sei es mit Hilfe der deutschen Konzernmutter bedeutend einfacher und schneller, zusätzliche lokale Märkte anzugehen. (ba)