Postfach in der Cloud

Tipps zur E-Mail-Archivierung

20.10.2010 von Axel Schmidt
Brisanz erhält die Aufbewahrung der elektronischen Post vor allem durch die rechtlichen Zwänge. Auf die Frage nach dem besten Verfahren gibt es unterschiedliche Antworten.

Juristisch betrachtet, bewegt man sich beim Thema E-Mail-Archivierung immer im Spannungsfeld zwischen Revisionssicherheit und Rechtskonformität", erläutert Thomas Wilmer von der auf IT spezialisierten Darmstädter Kanzlei Rechtsanwälte BDH und Professor für Informationsrecht an der Hochschule Darmstadt. "Mit einer revisionssicheren Archivierung hat man möglicherweise nur einen Teilbereich abgedeckt und vernachlässigt Aspekte wie Datenschutz, Telekommunikationsgesetz oder Korruptionsbekämpfung."

E-Mail-Flut
Schreiben Sie weniger E-Mails
Jede geschriebene elektronische Nachricht provoziert eine oder mehrere Antworten. Weniger, dafür durchdachter und pointierter formulierte E-Mails rufen weniger Nachfragen hervor.
Formulieren Sie eine klare Betreffzeile
Eindeutige Betreffzeilen helfen allen. Der Empfänger weiß mit einem Blick, worum es geht, der Absender formuliert auch für sich selbst klar sein Anliegen.
Keine Kritik in einer E-Mail
Auch sachlich gemeinte Verbesserungsvorschläge kommen per E-Mail vermutlich falsch an. Das persönliche Gespräch schafft schneller Klarheit und ist in den meisten Fällen weniger verletzend.
Feste Lesezeiten einhalten
Deaktivieren Sie alle akustischen und optischen Signale für eingehende Nachrichten. Die erste Stunde am Morgen sollten Sie für wichtige Aufgaben verwenden und keinesfalls für scheinbar witzige Ketten-Mails von Kollegen. Idealerweise sollten Sie nur dreimal täglich Nachrichten lesen und beantworten.
E-Mails am besten gleich bearbeiten
Am effektivsten ist es, E-Mails nur dann zu lesen, wenn man auch zum Antworten kommt. Die "Sofort-Regel" spart Zeit.
Richten Sie ein Ablagesystem ein
Bearbeitete und beantwortete E-Mails sollten Sie möglichst sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur neu angekommene und ungelesene Nachrichten.
Löschen Sie großzügig
E-Mails löschen wirkt befreiend, selbst wenn der Speicherplatz Ihres E-Mail-Accounts besonders groß ist.
Buchtitel: Wenn E-Mails nerven
Die Ratschläge wurden dem Buch "Wenn E-Mails nerven" von Günter Weick und Wolfgang Schur entnommen. (Zusammengestellt von Ingrid Weidner)

Die Anwender müssen sich also mit dem zugrunde liegenden Konzept einer Lösung auseinandersetzen. Das berührt Aspekte im Zusammenhang mit Verschlüsselung, digitalen Zeit- und Datumsstempeln oder Zertifikaten, aber auch die Frage, ob man eine Appliance, ein Enterprise-Content-Management (ECM) oder eine Lösung in der Cloud wählt.

Dateninseln vermeiden

"Eine der wichtigen Voraussetzungen für eine Cloud-basierende Lösung liegt in ihrer Skalierbarkeit", meint Paul Keane, Senior Product Manager bei Axway. "Das gilt sowohl für die technische Seite der Installation als auch für den Preisvorteil einer Lösung, und zwar für Unternehmen jeder Größe."

Kai-Uwe Rommel, Berater bei ARS Computer und Consulting, befürwortet dagegen den ECM-Ansatz. Hier könne man neben E-Mails auch andere Datenquellen in ein gemeinsames Repository mit Volltextindex und übergreifender Suchfunktion integrieren. Schließlich geht es nach seiner Einschätzung auch darum, Dateninseln zu vermeiden.

"Das Handling geschäftlicher Mails steckt noch in den Kinderschuhen." Sascha Talevic, Berater
Foto: pixelio

Eine Verknüpfung der Ansätze propagiert Sascha Talevic, Berater bei Comformatik: "Eine Kombination aus einer Appliance für eine zeitliche, vollständige Lagerung der E-Mails und einem parallelen, intelligenten DMS halte ich für sinnvoll." Die Appliance soll dabei an einem zentralen Gateway alle ein- und ausgehenden E-Mails in ihren "schwarzen Speicherkasten" aufnehmen.

Auch Anwalt Wilmer rät zu einem vernünftigen Dokumenten- und E-Mail-Management, sonst laufe ein Unternehmen Gefahr, den Überblick zu verlieren, wie etwa in Vertragsverhandlungen kommuniziert wurde. "Damit schafft man unter Umständen in seinen Kerngeschäftsprozessen erhebliche rechtliche Risiken", gibt Wilmer zu bedenken. Könnten IT-Anbieter etwa nicht mehr nachvollziehen, wann sie Lizenzen eingekauft haben, riskierten sie eine Unterlassungsverfügung, was dazu führen könne, dass sie ihr Produkt nicht mehr vertreiben dürfen, so der Jurist.

E-Mail-Verkehr
1. Verfassen Sie Ihre E-Mails knapp und präzise.
Alles was mehr als zwei Seiten umfasst, gehört in eine angehängte Datei.
2. Überprüfen Sie Rechtschreibung und Grammatik.
In den meisten E-Mail-Systemen gibt es entsprechende Funktionen. Da dies bekannt ist, werden entsprechende Fahrlässigkeiten übel genommen. Fehler suggerieren: Der Autor hat sich entweder für mich keine Zeit genommen oder er ist ein Schlendrian.
3. Beantworten Sie E-Mails schnell.
Reaktionsschnelligkeit ist einer der entscheidenden Vorteile von elektronischer Post. Vor allem auf erwartete Messages sollte zügig geantwortet werden. Wenn man nicht gerade extrem beschäftigt ist, sollte man den Posteingang mehrmals täglich checken. Allerdings ist es nicht nötig, die automatische Benachrichtung (Auto Notify) zu jeder eingehenden E-Mail zu aktivieren - das lenkt zu sehr von der Arbeit ab.
4. Gehen Sie sparsam mit der Funktion "Antwort an alle" um.
Es besteht die Möglichkeit, die Nachricht an eine Gruppe zu versenden, aus der sich vielleicht nur ein Prozent der Beteiligten dafür interessiert. Der Effekt ist vergleichbar mit einer Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel, in dem man gezwungen ist, dem Handygespräch eines Unbekannten zuzuhören. Wer ohne Notwendigkeit allen antwortet, erzeugt außerdem jede Menge elektronischen Müll. Insbesondere, wenn Anhänge mitgeschickt werden, führt das unnötige Versenden an große Verteiler zu Ressourcenproblemen.
5. Sorgen Sie dafür, dass Ihre E-Mail einfach lesbar ist.
Experton empfiehlt, die E-Mail in einem Stil zu verfassen, der einem schriftlichen Dokument (zum Beispiel Geschäftsbrief) gleicht. Grußformel und Unterschrift (Automatische Signatur) sind selbstverständlich. Außerdem sind kurze Sätze sowie - bei längeren Texten - Absätze zu empfehlen.
6. Halten Sie sich an die rechtlichen Bestimmungen für den E-Mail-Verkehr.
In Deutschland gilt seit Anfang 2007 eine neue Rechtsprechung, der zufolge im Anhang Pflichtangaben über das Unternehmen (Rechtsform, Sitz, Registergericht, Geschäftsführung) vorgeschrieben sind. Außerdem kann es manchmal nützlich sein, Angaben zu Urheberrecht, Vervielfältigung oder sonstige Rechtsklauseln anzuhängen. Im Übrigen sollten Unternehmen Regeln für den E-Mail-Verkehr formulieren (E-Mail-Policy), die regelmäßig zu verbreiten sind, damit auch neue Mitarbeiter auf dem Laufenden gehalten werden.
7. Antworten Sie niemals auf Spam.
Eigentlich eine Binsenweisheit, und doch ein immer wieder gemachter Fehler. Viele Spammer statten ihre Nachricht mit einer Opt-out-Funktion aus, indem die Mail im Betreff-Feld vorgeblich mit "unsubscribe" abbestellt werden kann. Für manche Spam-Programme, die für den automatischen Versand des elektronischen Mülls sorgen, bedeutet eine solche Antwort: Der Adressat ist da, er kann mehr Spam in Empfang nehmen.
8. Nutzen Sie Blindkopien, um Dritte zu informieren.
So bleibt der Verteilerkreis im Unklaren darüber,wer die Nachricht noch erhalten hat.
9. Formulieren Sie den Betreff aussagekräftig.
Nur so ragt die Botschaft aus der Fülle der Spam-Mitteilungen heraus, die heute die meisten Postfächer füllen.
10. Keep it simple.
Es gibt heute viele Möglichkeiten, E-Mails aufzuhübschen (Emoticons, Bilder etc.). Versender sollten vorsichtig damit umgehen, da nicht jedes Mail-Programm damit fertig wird und außerdem Ressourcen verschwendet werden. Zudem sind Emoticons mitunter mit Spyware infiziert. Deshalb: Nichts von unbekannten Quellen herunterladen!
11. Nutzen Sie die Features moderner E-Mail-Programme.
Rückruf: Eine E-Mail, die fehlerhaft oder ohne Anhang versandt wurde, wird zurückgerufen. Sparsam verwenden, lieber Botschaften noch einmal genau checken, bevor sie verschickt werden. Oft werden E-Mails schnell geöffnet und lassen sich nicht mehr zurückrufen. <br/><br/> Automatische Antwort: Die Out-of-Office-Funktion ist wirklich nützlich und sollte angewendet werden! Allerdings sollte man sie schnell deaktivieren, wenn man wieder im Büro ist.<br/><br/> Wiederversenden: Manchmal erreichen E-Mails nie den Adressaten, etwa weil der Mail-Server ausfällt. Mit der Resend-Funktion lassen sie sich umstandslos ein zweites Mal verschicken. Vor dem Versand in die Betreffzeile eine Bemerkung wie "zweiter Versuch" einfügen.<br/><br/>Übermittlungsbestätigung: Nice to have, aber nicht zwingend nötig. Funktioniert auch nicht mit jedem E-Mail-System. <br/><br/>Lesebestätigung: Ebenfalls nice to have.
12. Nutzen Sie E-Mails um Gespräche und Diskussionen anschließend zu bestätigen.
Elektronische Post bietet die Chance, sehr schnell Gesprächsergebnisse aus Konferenzen oder Telefonaten zu protokollieren. So lassen sich für alle Beteiligten die Ergebnisse sichern, bezüglich geplanter Maßnahmen sind alle auf demselben Stand. Was schriftlich fixiert wurde, wird von den Beteiligten ernster genommen.
13. Verlassen Sie sich bei dringenden Informationen nicht auf E-Mail.
Dazu lieber das Telefon benutzen. Es gibt keine Garantie, dass eine E-Mail gelesen wird. Oft wird die Nachricht übersehen, die Lektüre wird vertagt oder die Botschaft wird als vermeintlicher Spam gelöscht.
14. Nutzen Sie E-Mails nicht für unangebrachte Kommunikation.
E-Mail für die Verbreitung von Spam zu missbrauchen, ist nicht nur ein Ärgernis, sondern möglicherweise auch noch illegal. Und: In den meisten Fällen kann der Absender schnell ermittelt werden.

Talevic wartet in diesem Zusammenhang mit einer überraschenden Feststellung auf: "Wir sehen etliche Vorgaben, wie mit privaten E-Mails zu verfahren ist, dagegen steckt das Handling geschäftlicher E-Mails oft noch in den Kinderschuhen."

Sichergestellt sein sollte auch, dass interne E-Mails nicht einfach durch die Maschen eines Archivierungssystems schlüpfen. Sie enthalten oft wichtige Informationen. In manchen Unternehmen stehen die E-Mail-Systeme beinahe schon im Rang eines File-Servers und belasten so die Server.

Interne Mails abschaffen

"Für den externen Verkehr gibt es eindeutig definierte Schnittstellen, im internen E-Mail-Verkehr kommen andere Anforderungen zum Tragen", sagt Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer bei Project Consult. Theoretisch könne man den gesamten internen E-Mail-Verkehr sogar abschaffen, so Kampffmeyer, "indem man eine geschlossene Portal-, DMS-, Wiki- oder Web-2.0-Infrastruktur aufsetzt, in der man datenbankgestützt kommuniziert".

E-Mail-Archivierung

Ansätze:

Appliance

(+) Langfristig, hohe Lagedauer, zuverlässig.

(+) Keine komplette Workflow-Abbildung, lange Zugriffszeiten.

Enterprise-Content-Management

(+) Einbindung in Workflow, Verknüpfung von Mail und Dokumenten, Prozesse nachvollziehbar, schneller Zugriff.

(-) Nur bedingt zur langfristigen Archivierung geeignet.

Cloud

(+) Günstig, skalierbar.

(-) Rechtliche Probleme.

Alternativen:

Kombination von Wiki, Portal und anderen Verfahren zur internen Kommunikation.

Aber es geht auch ohne den großen Schnitt, wenn ein Tipp von Keane berücksichtigt wird: "Um an die interne Kommunikation der E-Mail-Server heranzukommen, muss man sie so konfigurieren, dass sie eine Kopie aller ein- und ausgehenden E-Mails an das Archiv senden. Damit das funktioniert, müssen sich die Lösungen direkt in den E-Mail-Server "einklinken" und dort beispielsweise die Journaling-Funktionalität nutzen. (hi)