Vorstellung Tesla Model 3

Tesla elektrisiert die Mittelklasse

01.04.2016
Teslas erstes Elektroauto für den Massenmarkt heißt Model 3. In den ersten 24 Stunden nach der Vorstellung gibt es bereits 115.000 Vorbestellungen - der Elektro-Pionier wird auf einer Welle der Euphorie in die Mittelklasse getragen. Doch die Offensive ist riskant.

Einen Hype dieser Art erzeugt sonst höchstens Apple mit einem neuen iPhone: Unter tosendem Applaus enthüllt Elon Musk das neue Tesla-Modell, das die Mittelklasse - und damit den Massenmarkt - erobern will. Das Model 3 ist ein ästhetisch ansprechender Fünfsitzer, der in der Basisvariante rein elektrisch rund 345 Kilometer weit kommen soll. Den Spurt von 0 auf 100 km/h hat das Model 3 in knapp sechs Sekunden absolviert. "Ein fantastisches Auto", sagt Musk und erntet bei der Präsentation in Hawthorne bei Los Angeles in der Nacht zu Freitag Standing Ovations. Die Premiere des Model 3 ist nicht nur ein entscheidendes Ereignis für Tesla, sondern möglicherweise auch für die Zukunft der Elektromobilität.

Tesla hat seine Mittelklasse-Limousine Model 3 vorgestellt. Das Elektroauto soll ab dem dritten Quartal 2017 in Produktion gehen - und ab 35.000 Dollar zu haben sein.
Foto: Tesla

Nicht nur bei den Tesla-Fans, auch bei Analysten ist die Aufregung groß. Der Wagen habe "das Potenzial, den Gesamtmarkt für Elektroautos dramatisch auszuweiten", frohlockt die Investmentbank Goldman Sachs kurz vor dem Event. Tatsächlich reißen sich die Käufer um das Model 3: Innerhalb von 24 Stunden gehen 115.000 Vorbestellungen ein. Diese Zahl übersteigt die der bisherigen Tesla-Besitzer. Die Käufer müssen sich jedoch gedulden: Ab dem dritten Quartal 2017 soll die Produktion des Tesla Model 3 anlaufen - erste Modelle könnten dann Ende 2017 zu den Kunden rollen.

Tesla & GM: Treiber der massentauglichen Elektromobilität

Wie ist die Euphorie zu erklären? "Mit dem Tesla 3 hat das Elektroauto die Chance, in die Mittelklasse vorzudringen", erklärt Experte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) der Uni Duisburg Essen. Das Besondere an der Premiere: Bislang ist Tesla mit der Oberklasse-Limousine Model S und dem Luxus-SUV Model X ausschließlich mit Premium-Angeboten - und entsprechendem Preisgefüge - am Markt präsent. Kritiker spotteten deshalb bislang, der US-Elektro-Pionier liefere im Grunde nur Spielzeug und Status-Symbole für Reiche. Das dürfte sich nun ändern. Denn mit einem Grundpreis von 35.000 Dollar (ca. 31.000 Euro) kostet Teslas Model 3 weniger als die Hälfte seiner Luxus-Brüder - und zwar vor Abzug staatlicher Vergünstigungen (in den USA). Damit würde Tesla auch einen der bislang schärfsten Wettbewerber unterbieten: den Chevrolet Bolt EV von der Opel-Mutter General Motors, der ebenfalls mit einer Reichweite von mehr als 300 Kilometern punkten will und nominal gut 37.000 Dollar kosten soll. Der Förderrabatt für Elektroautos in den USA liegt bei etwa 7500 Dollar.

Bislang fristen Stromer ein Nischendasein im Automarkt. Insgesamt hatten im vergangenen Jahr nur 0,3 Prozent der insgesamt knapp 17,5 Millionen verkauften Neuwagen in den USA einen E-Antrieb. Das sind nur wenige Zehntausend. Durch regulatorische Vorschriften ist allerdings vorprogrammiert, dass die Bedeutung der Stromer zunimmt. Teslas Model 3 und GMs Chevy Bolt stellen eine Art Nagelprobe für die Massenmarkt-Tauglichkeit der Elektromobilität dar.

Diese Autos wurden 2015 gehackt
Auto-Hacks 2015
Das Jahr 2015 ist das Jahr der Auto-Hacks. In den ersten acht Monaten des Jahres werden gleich sechs gravierende IT-Security-Schwachstellen in Fahrzeugen verschiedener Hersteller bekannt. Wir haben die aufsehenerregendsten - wissenschaftlich motivierten - Hackerangriffe auf Connected Cars für Sie in unserer Bildergalerie zusammengefasst.
BMW "ConnectedDrive"
Der ADAC deckt Anfang des Jahres eine massive Sicherheitslücke innerhalb des BMW „Connected Drive“-Systems auf, über die sich Angreifer via Mobilfunknetz Zugang zum Fahrzeug verschaffen können. Das Problem wird schließlich per Software-Update behoben – weltweit sind über zwei Millionen Fahrzeuge quer durch alle Konzern-Marken und -Baureihen betroffen.
Jeep Cherokee
Enormes Medienecho verursacht im Mai 2015 der Remote-Hack eines Jeep Cherokee – bei voller Fahrt. Den Sicherheitsforschern Chris Valasek und Charlie Miller gelingt es, einen Jeep Cherokee über Funk fremdzusteuern. Das Infotainment-System im Fahrzeug dient den Security-Experten als Einfallstor – kurz darauf sind sie in der Lage, sämtliche Fahrfunktionen des SUV fremd zu steuern. Der Fiat-Chrysler-Konzern muss in der Folge in den USA circa 1,4 Millionen Fahrzeuge zu einem Software-Update in die Werkstätten rufen.
General Motors "OnStar"
Hacker Samy Kamkar gelingt es, eine Schwachstelle im General-Motors-Infotainment-System „OnStar“ auszunutzen. Das System ermöglicht den Auto-Besitzern, ihr Fahrzeug per Smartphone zu öffnen und zu schließen. Mit Hilfe eines Toolkits fängt Kamkar die Kommunikation zwischen Smartphone und Automobil ab. So kann er nicht nur den Aufenthaltsort des Fahrzeugs bestimmen, sondern es auch nach Lust und Laune öffnen und schließen sowie den Motor aus der Ferne starten.
Corvette-SMS-Hack
Die Sicherheitsforscher Karl Koscher und Ian Foster gelangen über manipulierte SMS-Nachrichten in das CAN-BUS-System einer Corvette. Als Zugangspunkt dient ihnen ein Telematik-System eines Kfz-Versicherers. So erhalten sie Zugriff auf essentielle Fahrsicherheits-Komponenten wie Bremsen, Gas und Lenkung. Das Telematik-System des US-Versicherers Metromile kommt in den USA unter anderem auch beim Fahrdienstleister Uber zum Einsatz. Metromile zufolge sind die Security-Löcher inzwischen gestopft.
Der VW-Motorola-Hack
Bis zum August 2015 versucht der Volkswagen-Konzern - offensichtlich aus Angst vor Reputationsschäden - die Veröffentlichung von technischen Details zu einem Hack zu verhindern, der Wissenschaftlern der Universitäten Nijmegen und Birmingham bereits 2012 gelungen ist. Als Zugangspunkt dient den Forschern das Transponder-System einer Wegfahrsperre von Zulieferer Motorola. Nachdem sich Volkswagen außergerichtlich mit den Forschern einigt, werden die technischen Details auf der Usenix-Konferenz 2015 öffentlich gemacht.
Tesla Model S
Der jüngste Auto-Hack-Fall in diesem Jahr betrifft das Tesla Model S. Die Security-Spezialisten Kevin Mahaffey und Marc Rogers wollen beweisen, dass auch Teslas Elektro-Limousine nicht unhackbar ist. Letztendlich finden die beiden tatsächlich einen Weg, Kontrolle über das Model S zu erlangen. Auf der Defcon-Konferenz 2015 präsentieren sie ihre Erkenntnisse. Fazit: Auch wenn der Hack des Tesla nur unter immensem Aufwand und über einen physischen Zugang zu den Systemen möglich war – unhackbar ist auch dieses Auto nicht. Immerhin erweist sich die Architektur der Tesla-Systeme laut Mahaffey und Rogers als „relativ sicher“ und „gut durchdacht“.

Tesla Model 3: Der Plan muss aufgehen

Auf Tesla setzt die Fachwelt vor allem wegen der Strahlkraft der Marke. Self-Made-Milliardär Elon Musk, der ein Vermögen als Mitgründer des Bezahldienstes Paypal gemacht hat, ist ein Superstar im Silicon Valley, genießt Kult-ähnlichen Status bei seinen Fans und wird von Investoren gefeiert. Das Unternehmen gebe dem Elektroauto eine echte Bühne, sagt Dudenhöffer. "Dabei hat Tesla gezeigt, dass man auch als Start-up der Branche einen wirklich innovativen Impuls geben kann."

Wie groß der Hype ist, zeigte sich schon vor der mit Spannung erwarteten Präsentation. Auf Twitter machten bereits einen Tag vor dem Event Fotos von Tesla-Anhängern die Runde, die vor den Showrooms Schlange stehen, um sich als Erste in die Listen für die Vorbestellungen eintragen zu können. Doch der Vorstoß in den Massenmarkt ist für Tesla und seine Aktionäre auch ein großes Wagnis: Das Unternehmen, das seit seiner Gründung im Jahr 2003 noch keinen Jahresgewinn geliefert hat, nimmt hohe Kosten in Kauf. Der riskante Plan muss also aufgehen.

Teslas Model 3 ist ohne Zweifel ein wichtiger Mosaikstein, um in Zukunft "richtig" Geld zu verdienen. Ein weiterer entscheidender Faktor für den Erfolg ist der Aufbau einer riesigen Fabrik für Akkus, mit denen die Fahrzeuge betrieben werden sollen. Diese sogenannte Gigafactory entsteht derzeit in Nevada und verschlingt Milliarden. Bislang vertrauen die Aktionäre auf die Innovationskraft von Tesla. "Ob sich das langfristig auszahlt, weiß heute noch niemand", sagt Experte Dudenhöffer. (dpa/fm)