Telekom will das Maut-System exportieren

12.07.2007
Was als kleine Katastrophe startete, soll nun ein Verkaufsschlager werden. Falls es nicht klappt, darf auf einen Anschlussauftrag im Inland spekuliert werden: für die Pkw-Maut.

Lange Zeit schlichen die Manager des Maut-Konsortiums wie geprügelte Hunde durch die Republik. Das Debakel um die Einführung der Lkw-Maut in Deutschland hatte arg an ihrem Selbstvertrauen gekratzt. Inzwischen läuft das System rund, und die Zuversicht wächst: "Unser System kann international verkauft werden", sagt Thomas Pferr, der für das operative Geschäft der Telekom-Tochter Satellic Traffic Management zuständig ist. Im Fokus hat er dabei die Benelux-Länder, die Slowakei, Ungarn und Großbritannien. Um die Regierungen von seinem satellitengestützten System zu überzeugen, schickt das Unternehmen Testwagen auf die Straßen der jeweiligen Länder.

Mit den Präsentationen will das Unternehmen Bedenken gegen das Maut-System zerstreuen - keine einfache Aufgabe nach dem verpatzten Maut-Start in Deutschland. Erst Anfang 2005 konnte das System mit knapp anderthalb Jahren Verzögerung eingeführt werden. Der Bund fordert wegen entgangenen Mauteinnahmen 5,1 Milliarden Euro vom Betreiberkonsortium Toll Collect, das Telekom und DaimlerChrysler gehört. Die technischen Probleme sind laut Pferr gelöst, die Maut-Geräte funktionierten nun "einwandfrei".

Beim Sprung über die Landesgrenze hinaus will der Toll-Collect-Partner DaimlerChrysler allerdings nicht mitziehen, da die Stuttgarter den Bereich Maut nicht zum Kerngeschäft zählen. Die Telekom gründete daher für die Auslandsexpansion die Firma Satellic mit Sitz in Berlin, die mit lokalen Partnern bei der Auftragsbewerbung kooperiert. Als Beispiel führt Pferr die Niederlande an, wo Satellic mit einem Baukonzern und einer Bank über ein gemeinsames Angebot verhandele. "Der Auftrag in den Niederlanden wird sehr groß sein, da Lkw und Pkw mit Maut belegt werden sollen." Das Volumen schätzt der Manager auf sieben Milliarden Euro pro Jahr.

Noch üppiger sollen die Mauteinnahmen in Großbritannien sprudeln. Auf der Insel würde sich die Summe auf rund 20 Milliarden Euro jährlich belaufen, sagt Pferr. Doch die Ausschreibung der Londoner Regierung ist kompliziert: Die Unternehmen müssen sich zunächst für Testgebiete bewerben und dort ihr System aufbauen. Erst zur Mitte der kommenden Dekade soll dann feststehen, wer den Zuschlag bekommt. Der Auftragsnehmer muss dann den Flickenteppich von einzelnen Testgebieten in seinem System zusammenführen.

Bei ihrer Expansion stößt die Telekom allerdings auf starke Konkurrenz: Einer der härtesten Gegner ist die österreichische Kapsch TrafficCom, die mit ihrem Mikrowellen-System bereits in Tschechien zum Zuge kam. Um den Auftrag in der Slowakei, wo ab 2009 die Lkw- Fahrer zur Kasse gebeten werden sollen, bewirbt sich neben Satellic auch die Siemens AG. Die Münchner setzten wie die Telekom auf ein satellitengestütztes System.

Ganz verschwiegen wird Pferr, wenn es um das Thema Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen geht. "Das Thema ist schwer vermittelbar", wiegelt er ab. Hinter den Kulissen wird indes damit gerechnet, dass die Autofahrer künftig zur Kasse gebeten werden. Denkbar ist der britische Weg: Erst wird wie in London eine Citymaut eingeführt, um einen Verkehrsinfarkt zu vermeiden. Dann folgt die Ausweitung auf das ganze Land. "Bis 2012 ist die Pkw-Maut in Deutschland im Gespräch oder sogar schon in der Ausschreibung", sagt ein Eingeweihter. (dpa/ajf)