Zehn Jahre später

Telekom vor dem Rückzug aus Großbritannien

03.07.2009
Vor zehn Jahren feierte die Telekom ihren Schritt nach Großbritannien als Basis der internationalen Expansion. Nun setzt der Konzern alles daran, dass die Strategie nicht als Fiasko in Erinnerung bleibt.

Während sich die Vorstände um Telekom-Chef René Obermann noch die Köpfe über der künftigen Strategie zermartern, scharren andere bereits mit den Hufen: Vodafone wie auch Telefónica O2 sollen Interesse an einer Übernahme der britischen Telekom-Tochter T-Mobile UK haben. Zehn Jahre nach der milliardenschweren Übernahme des Mobilfunkbetreibers One2One steht der Bonner Riese auf der Insel am Scheideweg. Die Gerüchteküche brodelt: Verkauf oder Zusammenarbeit mit einem Partner, das sind derzeit die Schritte, die als die wahrscheinlichsten Optionen gehandelt werden.

Offiziell hat bisher noch keiner der Beteiligten konkret seine Absichten offengelegt. "Wir kommentieren diese Gerüchte nicht", sagt ein Telekom-Sprecher lapidar. Warum der größte europäische Telekommunikationskonzern überhaupt einen Ausstieg aus dem britischen Mobilfunkgeschäft erwägt, hat Ursachen: Seit Jahren laufen die Geschäfte in Großbritannien für die Telekom alles andere als rund.

Im ersten Quartal 2009 war der Umsatz um rund ein Viertel auf 836 Millionen Euro eingebrochen. Finanzchef Timotheus Höttges sah sich gezwungen, eine Summe von 1,8 Milliarden Euro auf die T-Mobile UK abzuschreiben. Auf der Hauptversammlung kritisierten Aktionäre, der Konzern habe seit 1999 die Summe von 14 Milliarden Euro in Großbritannien verbrannt.

Tatsächlich stehen auf der Insel alle Betreiber unter einem extremen Wettbewerbsdruck und leiden unter Margenverfall. Mit insgesamt fünf Anbietern ist die Branche einem gnadenlosen Wettbewerb ausgeliefert. Eine Marktbereinigung steht nach Ansicht von Kennern schon länger auf der Tagesordnung. Scheidet einer aus, profitieren alle anderen.

Teurer Ausflug

Für die Telekom wäre es ein schmerzlicher Abschied - ausgerechnet 10 Jahre nach dem Einstieg ins britische Mobilfunkgeschäft. Die Übernahme von One2One im August 1999 zum Preis von rund 10 Milliarden Euro war für den damaligen Konzernchef Ron Sommer die erste geglückte internationale Großakquisition. 16 Prozent Marktanteil bei 2,6 Millionen Kunden waren es zu der Zeit, heute sind es 15 Prozent bei rund 17 Millionen. T-Mobile ist der viertgrößte Anbieter geblieben und nie zur sprudelnden Einnahmequelle geworden.

Die Akquisition "war keine wertsteigernde Investition", resümiert Theo Kitz von der Privatbank Merck Fink & Co. Tatsächlich wird das Unternehmen heute nur noch mit 3 Milliarden bis 4 Milliarden Euro bewertet, also weniger als die Hälfte des Kaufpreises. Ob sich Obermann aber zu einem radikalen Schnitt wird durchringen können, ist fraglich.

Vieles wird auch von den Alternativen abhängen. "Entscheidend wird sein, was der Konzern mit den Erlösen macht", sagt Kitz und hat auch gleich einen Rat: Der Markt für Fusionen und Übernahmen sei derzeit sehr attraktiv. "Man könnte hier und da ein Schnäppchen bekommen". Schließlich habe Obermann dem Mobilfunkgeschäft der Telekom eine strikte internationale Expansion verordnet.

Für den Mobilfunkriesen Vodafone, in Großbritannien mit 25 Prozent Marktanteil nur die Nummer Zwei, könnte am Ende eine unangefochtene Marktführerschaft herausspringen. Aber die Spanier mit ihrer Marke o2 sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Doch viele Fragezeichen bleiben: Werden die Wettbewerbshüter am Ende einen solchen Deal durchwinken? Lässt sich das T-Mobile-Netz integrieren? Und vielleicht will Obermann dem neuen Management, das erst wenige Tage im Amt ist, doch eine Chance geben, das Ruder herumzureißen. (dpa/ajf)