Proteste bei Arvato

Telekom plant drastische Einschnitte bei Call-Centern

18.08.2008
Die Deutsche Telekom plant Insidern zufolge deutliche Einschnitte bei ihren derzeit rund 60 deutschen Call-Centern.

Der Konzern will dem Magazin "Focus" zufolge nahezu jedes zweite deutsche Call-Center schließen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa sollen mehrere tausend der insgesamt 18.000 Mitarbeiter dieses Bereichs von dem Umbau betroffen sein. Die Telekom bestätigte am Sonntag zwar grundsätzlich, dass sie Call-Center zusammenlegen will, nannte jedoch keine konkreten Zahlen. Telekom-Chef René Obermann fährt einen strikten Sparkurs und forciert den Umbau des Unternehmens. Jährlich fallen mehrere tausend Stellen weg.

Die Telekom erklärte in einer Stellungnahme am Sonntag: "Wir werden in die Modernisierung unserer Service Center investieren. Konkret heißt das: Wir werden kleinere Standorte in größere, wettbewerbsfähige Standorte in Deutschland überführen." Zugleich betonte Konzernsprecher Stephan Broszio: "Bei der Umsetzung des neuen Konzeptes wird jedem Mitarbeiter ein gleichwertiger Arbeitsplatz angeboten. Und: Es findet keine Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland statt." Bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stieß das Vorgehen der Telekom auf scharfe Kritik.

Stellenabbau erwartet

Branchenkenner rechnen nach dpa-Informationen mit Stellenstreichungen. Der Umfang könne aber noch nicht abgeschätzt werden. Über Details des Umbaus bei den Call-Centern will die Telekom in den nächsten Tagen informieren. Branchenkreise bestätigten "Focus"-Informationen, wonach der Konzern sein Konzept zur "Zusammenfassung von Standorten" am Donnerstag bekanntgeben will.

Insgesamt beschäftigt die Deutsche Telekom in Deutschland rund 150.000 Mitarbeiter. In seinem Heimatmarkt steht der Konzern stark unter Druck.

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisierte die geplanten Einschnitte scharf. "Offensichtlich fährt die Telekom weiterhin einen Kurs gegen ihre eigenen Mitarbeiter. Der Vorstand sollte jetzt alle Fakten auf den Tisch legen", sagte ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder, zugleich Vize-Aufsichtsratschef der Telekom, am Sonntag der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Er bemängelte, dass die Arbeitnehmervertreter nicht informiert worden seien.

Bürgermeister informiert

Der "Focus" berichtet, Obermann habe bereits die Bürgermeister in den betroffenen Städten informieren lassen, wo hunderte Arbeitsplätze wegfallen würden. Nach Berechnungen des Bonner Konzerns ließen sich nur noch Call-Center mit 400 bis 500 Mitarbeitern wirtschaftlich betreiben. Allein in Nordrhein-Westfalen sollen demnach von neun Call-Centern nur noch fünf übrigbleiben, die Standorte Köln und Mönchengladbach würden geschlossen. Die Telekom verfügt dagegen nach eigenen Angaben in Nordrhein-Westfalen über Call-Center in 14 Städten. Weiteres wurde nicht dazu gesagt.

Der Telekom-Sprecher erklärte, Einzelheiten könnten noch nicht genannt werden. Klar sei, dass zunächst die Sozialpartner unterrichtet und an den Standorten Gespräche geführt würden.

Proteste gegen Lohnsenkung bei Arvato-Callcenter

Mit Beginn der Frühschicht haben unterdessen heute zahlreiche Beschäftigte des Call-Centers der Bertelsmann-Tochter Arvato gegen die ihnen angebotenen Arbeitsverträge protestiert. Nach Angaben eines ver.di-Sprechers sollen die Mitarbeiter Einkommenseinbußen von bis zu 30 Prozent hinnehmen. Die Telekom hatte ihre Call-Center in Rostock, Neubrandenburg, Stralsund und Schwerin mit insgesamt 1000 Beschäftigten vor rund einem Jahr an Bertelsmann verkauft. Die Gewerkschaft fordert den Abschluss von Tarifverträgen, die Arbeitnehmer sollten die neuen Arbeitsverträge nicht akzeptieren.

"Ein Jahr nach dem Verkauf des Centers des Telekom an Arvato läuft die Bestandssicherung aus, die Leute sollen neue Arbeitsverträge unterschreiben, wovon wir dringend abraten", sagte ver.di-Sprecher Peter Pohlmann, der am Eingang Flugblätter verteilte. Stattdessen sollte arvato mit ver.di in Tarifverhandlungen eintreten, die es bisher nicht gab. Die Arbeit in dem Call-Center von arvato wurde durch die Aktion nicht beeinträchtigt, hieß es. In Neubrandenburg seien von den rund 400 Beschäftigten rund 150 Leiharbeiter.

"In Rostock und Neubrandenburg sollen die festangestellten Mitarbeiter knapp ein Drittel weniger verdienen, zwei Stunden länger - nämlich 40 Stunden - arbeiten und weniger Urlaub bekommen", sagte Pohlmann. Gleiches befürchte man für die kleineren Standorte Stralsund und Schwerin. So müsse ein Mitarbeiter, der bisher 35 000 Euro brutto im Jahr bekam, eine Absenkung auf 25 000 Euro brutto im Jahr befürchten. Langfristig gebe die Arvato-Geschäftsleitung ein Durchschnittsverdienst von rund 15.000 Euro brutto im Jahr für Call-Center-Mitarbeiter vor. (dpa/tc)