Kündigungsschutzprozess

Telefongespräch mitgehört - Beweisverwertungsverbot

19.11.2010 von Renate Oettinger
Wann das Persönlichkeitsrecht des Telefongesprächspartners verletzt ist und Beweise nutzlos sind, sagt Ronald Karst.

Wann das Persönlichkeitsrecht des Telefongesprächspartners verletzt ist und Beweise nutzlos sind, sagt Ronald Karst.

Ausgangssituation:

1. Das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners eines Telefonsgesprächs ist verletzt, wenn der andere einen Dritten durch aktives Handeln zielgerichtet veranlasst, das Telefongespräch heimlich mitzuhören. Aus der rechtswidrigen Erlangung des Beweismittels folgt ein Beweisverwertungsverbot.

2. Konnte ein Dritter zufällig, ohne dass der Beweispflichtige etwas dazu beigetragen hat, den Inhalt des Telefongesprächs mithören, liegt keine rechtswidrige Verletzung des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Gesprächpartners vor; ein Beweisverwertungsverbot besteht in diesem Fall nicht. (BAG Urteil vom 23.04.2009 - 6 AZR 189/08 (LAG München)).

Sachverhalt:

Quelle: Fotolia, N. Frey
Foto: Fotolia, N. Frey

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung, welche nach einem Telefongespräch zwischen einem Personalsachbearbeiter des Arbeitgebers und dem Arbeitnehmer ausgesprochen wurde. Strittig ist der Inhalt des Telefongesprächs, wonach der Personalsachbearbeiter des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer gesagt haben soll, trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit, solle er zur Arbeit zu erscheinen. Nach erfolgter Ablehnung durch den Arbeitnehmer, sei diesem durch den Personalsachbearbeiter eine Kündigung angedroht worden. Eine Kündigung hat der Arbeitnehmer nach dem Telefongespräch auch tatsächlich erhalten.

Im nachfolgenden Kündigungsschutzprozess behauptet der Arbeitnehmer, dass die Kündigung wegen eines verwerflichen Motivs unwirksam sei. Zum Beweis beruft er sich auf eine Bekannte, die den Inhalt des Telefongesprächs ungewollt mit angehört habe. Er habe dies nicht bemerkt, weil er bei dem Gespräch ein ihm nicht vertrautes Mobiltelefon benutzt habe, das auf maximale Lautstärke eingestellt gewesen sei. Wegen des emotionalen Gesprächsverlaufs habe er nicht bemerkt, dass die neben ihm sitzende Bekannte das Gespräch mitgehört habe. Davon habe er erst nach dem Telefongespräch erfahren.

Der vorliegende Fall beleuchtet nochmals das Bestehen von Beweisverwertungsverboten und ihrer prozessualen Behandlung. Entscheidender Maßstab für die Beurteilung des Bestehens oder Nichtbestehens von Beweisverwertungsverboten ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses schützt auch davor, dass ein Gesprächspartner - ohne Kenntnis des anderen Teils - dritte Person zielgerichtet in das Gespräch mit einbezieht oder die unmittelbare Kommunikationsteilhabe durch einen Dritten gestattet.

Beweisverwertungsverbot vs. Persönlichkeitsrecht

Mit anderen Worten: Wer einem anderen die Mithörmöglichkeit absichtlich gewährt, dessen Beweisinteresse an dem für ihn vorteilhaften Gesprächsinhalt wird von dem von ihm zuvor so begangenen Handlungsunrecht überlagert, das allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegt. Sollte die Mithörmöglichkeit unabsichtlich bestanden haben, so greift das Beweisverwertungsverbot nicht, und das Persönlichkeitsrecht des (auch insoweit unwissenden Gesprächspartners) ist weniger schützenswert.

Insbesondere beim Telefonieren mit Mobiltelefonen muss ein Gesprächspartner damit rechnen, dass dies an öffentlich zugängigen Orten geschieht. Der Gesprächspartner kann deshalb nicht ohne Weiteres erwarten, dass Dritte, die sich in der Nähe seines Gesprächspartners aufhalten, das Gespräch nicht zufällig mithören. Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, den Gesprächspartner darauf hinzuweisen, dass sich in der näheren Umgebung Personen befinden, die das Telefongespräch zufällig mithören könnten. Der Gesprächspartner kann lediglich darauf vertrauen, dass sein Gegenüber keine aktiven Handlungen vornimmt, um Dritten das Mithören zu ermöglichen.

Fazit:

Damit gibt das BAG eine praktische Anleitung dafür, unter welchen Umständen ein Dritter sanktionslos in einen Gesprächsvorgang eingebunden und dies im späteren Prozess als Beweismittel nutzbar gemacht werden kann.

Kontakt:

Der Autor Ronald Karst ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e.V. (www.vdaa.de). Ronald Karst, c/o Rechtsanwälte Roos & Karst, Bahnhofstraße 36, 65185 Wiesbaden, Tel.: 0611 36011310, E-Mail: Karst @ Roos-Karst.de, Internet: www.roos-karst.de