Die Datenverarbeitung im Comecon:

Technologie verbessert-Rechnerbestand gering

11.08.1978

Die Entwicklung der EDV in den RGW-Ländern war bisher von einer intensiven Förderung durch Partei- und Wirtschaftsführung mehr oder weniger stark geprägt. Vor allem galt es seit 1970, die Fehlplanungen und Engpässe früherer Jahre zu überwinden sowie eine Konzentrierung der Produktionskapazitäten zu realisieren. Staatliche Entwicklungsprogramme und Regierungsbeschlüsse legen hiervon Zeugnis ab.

Obwohl die gegenwärtige Situation noch immer von einem akuten Mangel an Rechnern und Peripherie und

mannigfaltigen Bemühungen um Verringerung des Technologieabstandes

gegenüber dem Westen gekennzeichnet ist, kann man durchaus von einer

gewissen Konsolidierung im Vergleich zu früheren Jahren sprechen. Ohne Zweifel trugen in einigen RGW-Ländern auch Lizenz- und Kooperationsabkommen mit westlichen Firmen zu dieser Entwicklung bei. Teilweise konnte bereits ein Anschluß an das westliche Technologie-Niveau erreicht werden. Die Aktivitäten der meisten RGW-Länder sind seit einiger Zeit zunehmend auch auf Westexporte fixiert. Mit der Orientierung am westlichen Entwicklungsstand ist geplant, gegenüber den ersten ESER-EDVA der Reihe 1 bei den Modellen der Reihe 2 unter anderem folgende Verbesserungen zu realisieren:

- virtuelles Speicherprinzip,

- Multiprozessorkonzept,

- Pipeline-Verarbeitungsprinzipien sowie

- Berücksichtigung von Multirechner-Systemen.

Darüber hinaus ist vorgesehen, das gegenwärtige System der Kleinrechner (SKR) durch Mikrorechner zu ergänzen.

Mit der Reihe 1 des ESER wurden bisher 10 Typen von Zentraleinheiten, rund 160 Typen peripherer Geräte geschaffen sowie die Betriebssysteme DOS-EC und OS-EC in unterschiedlichen Ausbaustufen entwickelt. Die sieben EDVA der Reihe 2 stellen eine Weiterentwicklung der Ausführungen der Reihe 1 dar. Hiervon wird bereits die EDVA EC 1035 in Serie produziert, und die EDVA EC 1055 ist unlängst" auf der Leipziger Frühjahrsmesse als DDR-Beitrag zum ESER 2 vorgestellt

worden.

Trotz aller bisher erreichten Entwicklungsergebnisse wird nach wie, vor ein starkes Bedürfnis nach westlicher Technologie bestehen bleiben. Ebenso werden die meisten RGW-Länder andererseits noch erhebliche Aktivitäten entwickeln müssen, um ihren, Bedarf an Rechnern und Peripherie, aus der eigenen Produktion zu decken. Sämtliche diesbezüglichen Versuche wurden bisher erschwert, weil auf Grund langfristig aufeinander abgestimmter Planungen ein relativ hoher Anteil der Produktionen für den Export in die UdSSR bestimmt war. Daran konnten auch Rechnerimporte aus der UdSSR nichts ändern.

Bisher war es immer mit Schwierigkeiten verbunden, genaue Angaben über die in den einzelnen RGW-Ländern eingesetzen Rechner zu erhalten. Produktionszahlen und Installationsdaten wurden und werden nur gelegentlich veröffentlicht, und die vorliegenden Daten sind zum Teil widersprüchlich und lassen sich auch wegen unterschiedlicher Begriffsinhalte miteinander schlecht vergleichen.

Technologieverbesserung durch stärkere Zentralisierung in der DDR

Gemessen an ihren Leistungen auf dem Gebiet der elektronischen Rechentechnik nimmt die DDR unter den RGW-Ländern nach der UdSSR den zweiten Platz ein. Partei- und Wirtschaftsführung sind bemüht, das Niveau der Elektronik und elektrotechnischen Industrie anzuheben und an den westlichen Technologiestandard heranzuführen. Dieses Ziel soll insbesondere durch eine bereits gegen Ende des vergangenen Jahres eingeleitete noch stärkere Zentralisierung der vorhandenen Produktionskapazitäten und Gründung neuer Spezial-Kombinate erreicht werden. So ist seit Beginn dieses Jahres der VEB Kombinat Robotron Dresden nicht nur wie bisher im EDV-Bereich tätig, sondern es wurden ihm zusätzlich - nach Auflösung des VEB Kombinat Zentronik Erfurt (daro-Erzeugnisse) - dessen Betriebe unterstellt (Produktionsprogramm: MDT und Büromaschinen). Darüber hinaus übernahm Robotron ebenfalls alle Aufgaben, die bisher von der ehemaligen Büromaschinen-Export GmbH (bme) wahrgenommen wurden. Robotron tritt somit auch als ein Außenhandelsbetrieb auf (Robotron Export-Import). Um den Forderungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts genügen zu können, wurden darüber hinaus das VEB Kombinat Mikroelektronik und das Kombinat VEB Elektronische Bauelemente neu gegründet und wie verschiedene andere Kombinate dem zuständigen Ministerium direkt unterstellt.

Das Produktionsprogramm von Robotron umfaßt gegenwärtig:

-Elektroniche Datenverarbeitungsanlagen des ESER: EC 1055 und EC 1040;

-Prozeß- und Kleinrechner: Das Kleinrechnersystem robotron 4201, das im Rahmen der Datenfernverarbeitung als Multiplexsteuergerät einsetzbar ist, sowie das Prozeßrechnersystem robotron 4000;

-Mikrorechentechnik: Frei programmierbarer Mikrorechner robotron ZE 1 (1-Chip-Verarbeitungseinheit MOS/LSI, 8 Bit CPU U 808 D), Mikrorechnersystem robotron K 1510 (U 808 D, Befehlsausführungsdauer: 13,5 bis 49,5 Ás), programmierbare Kleinstrechner (Mikroprozessorsteuerung), programmierbares Bildschirmterminal PBT 4000 (Mikrorechner als Steuereinheit);

- Sprachdialogsystem robotron ROSY 4000 (mit Steuerrechner robotron 4000);

- Buchungs- und Abrechnungstechnik: Kleinfakturierautomat daro 1711 (Mikroprogramm 1,75 K Byte), Buchungs- und Fakturierautomat daro 1720 (MDT, Mikroprogrammspeicher ROM/PROM bis 4 k Bytes), Magnetkontencomputer daro 1750;

- Datenerlassungstechnik: daro-Datenerfassungsgeräte, daro-Kartenlocher und -prüfer, daro-Klarschriftdrucker, daro-Markierungsleser;

- ESER-Peripherie: Abfrageeinheit Lochbandstation, Mikrofilmausgabegerät, Multiplexsteuergerät sowie Geräte der daro-Familie wie Serien- und Streifendrucker, Lochkartenleser usw.

- Problem-, branchen- und machinenorientierte Systemunterlagen;

-Schreib- und Rechenmaschinen;

- Organisationsmittel und Zeichenanlagen;

- Richtfunktechnik und Unterhaltungselektronik.

Wichtig für die Erzeugnisse der Rechentechnik sind insbesondere die Halbleiterbauelemente aus der Produktion des neu gegründeten VEB Kombinat Mikroelektronik Erfurt. Aus einem seiner Produktionsbetriebe, dem VEB Halbleiterwerk Frankfurt/ Oder, stammt die 8-Bit CPU U 808 D, die den Hauptbestandteil der Mikrorechentechnik von Robotron bildet.

Dipl.-Kfm. Klaus Krakat ist Mitarbeiter der Forschungsstelle für gesamtdeutsche wirtschaftliche und soziale Fragen in Berlin.