Torrent und Mule

Tauschbörsen – Downloader im Visier der Urheber

09.01.2008
Ein kleiner Passus hat das Urheberrecht zu Jahresbeginn entscheidend verändert. Nutzer von Tauschbörsen sollten es sich gut überlegen, ob sie nicht in legale Inhalte investieren oder auf das Radio umsteigen.

Sich von Tauschbörsen Musik oder Filme herunterzuladen, war schon bisher oft illegal. Strafen mussten die Internetnutzer in vielen Fällen trotzdem nicht befürchten – zumindest dann nicht, wenn sie selbst keine Dateien zum Download zur Verfügung stellten. Das sieht jetzt anders aus: Ab sofort drohen auch beim bloßen Herunterladen saftige Strafen. Eine gekaufte CD oder DVD für Freunde zu kopieren, ist dagegen in vielen Fällen weiterhin erlaubt.

In vielen der "Peer-to-Peer"-Netzwerke wird ein Nutzer, der etwas herunterlädt, automatisch auch zum Anbieter. Das gilt jedoch nicht immer - und wer die Angebote bisher allein zum Download genutzt hat, konnte sich in der Regel entspannt zurücklehnen. Denn das deutsche Urheberrechtsgesetz verbot nur das Herunterladen "offensichtlich rechtswidrig hergestellter" Dateien. Wäre ein solcher Nutzer ins Visier von Ermittlern geraten, hätte er sich meist mit dem Argument herausreden können, er sei davon ausgegangen, der Anbieter hätte die betreffenden CDs oder Filme rechtmäßig erworben und sie somit eben nicht rechtswidrig erstellt.

Dem entsprechend verzichtete die Musik- und Filmbranche in solchen Fällen bisher auf Versuche, ihre Rechte geltend zu machen: "Meines Wissens gibt es keinen Fall, bei dem jemand ausschließlich für das Downloaden bestraft wurde", sagt Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes BITKOM in Berlin.

Das dürfte sich jetzt ändern - aufgrund einer kurzen Ergänzung des entsprechenden Paragrafen im Urheberrechtsgesetz zum Jahreswechsel. Verboten ist das Herunterladen demnach nicht mehr nur bei einer rechtswidrigen Vorlage, also etwa bei einem heimlich mitgeschnittenen Film, sondern auch bei einer "öffentlich zugänglich gemachten". Das bedeutet: Was in einem Peer-to-Peer- oder Filesharing-Netzwerk öffentlich angeboten wird, darf nicht mehr heruntergeladen werden.

"Wenn man jetzt ein solches Netzwerk benutzt, macht man sich in der Regel strafbar", sagt Jan Scharringhausen von der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) in Hamburg. Und das gilt ausdrücklich auch dann, wenn man selbst keine Dateien zum Download anbietet. Ohne zu bezahlen herunterladen darf man also nur noch, was der Rechteinhaber auch kostenlos anbietet – prominentestes Beispiel zuletzt: die Band Radiohead, die ihr aktuelles Album ins Netz und es ihren Fans freistellte, dafür zu bezahlen oder nicht.

Klar ist, dass auch künftig längst nicht jeder, der illegal Musik oder Filme herunterlädt, erwischt und bestraft wird. Denn für die Rechteinhaber ist es weiter ein gewisser Aufwand, die Identität von Filesharing-Nutzern zu ermitteln, wie Till Jaeger, Rechtsanwalt und Experte für Urheberrecht aus Berlin, erklärt: Die Internetprovider müssen ihnen gegenüber nicht mit Kundendaten herausrücken. "Deshalb muss ein Umweg gemacht werden über die Staatsanwaltschaft." Nur ihr gegenüber ist der Provider zur Nennung der Daten verpflichtet.

Trotzdem sollten sich die Downloader nicht zu sicher fühlen: "Wir gehen davon aus, dass die Klarstellung des Gesetzes keine Luftnummer ist", sagt Rohleder vom BITKOM. Schon zuletzt habe die Musik- und Filmindustrie die illegalen Aktivitäten zunehmend im Auge gehabt, sagt Jaeger. Dieser Eifer werde bestimmt nicht nachlassen. "Und es sollte sich keiner sagen 'Ich mach das ja nur ab und zu mal'", ergänzt Scharringhausen von der GVU. "Nur wenig heruntergeladen zu haben, schützt nicht vor Bestrafung."

Wer erwischt wurde, muss laut Rechtsanwalt Jaeger in der Regel mit zivilrechtlichen Ansprüchen der Rechteinhaber rechnen - sprich: mit Geldforderungen, die empfindlich hoch ausfallen können. "Da werden regelmäßig Strafen von mehreren Tausend Euro fällig." Darin ist neben den Schadensersatzforderungen der Musik- oder Filmlabels immer auch ein tüchtiger Batzen für die Erstattung der Anwaltskosten enthalten.

Das sollte nicht nur im Hinterkopf haben, wer selbst gelegentlich der Download-Versuchung erliegt: Auch Eltern reden ihren im Internet surfenden Kindern besser ins Gewissen. Sonst greift laut Bernhard Rohleder womöglich irgendwann das Baustellen-Motto: "Eltern haften für ihre Kinder." Das gilt umso mehr, wenn der Sprössling die heruntergeladenen Dateien auch noch auf dem Schulhof verkauft. "Denn das ist gewerbsmäßiger Handel" - mit weitaus gravierenderen möglichen Konsequenzen. Allerdings wurde gestern an dieser Stelle Teilentwarnung gegeben: Das Oberlandesgericht Frankfurt urteilte, dass Eltern ihre Kinder im Internet nicht überwachen müssen, wenn es keine Anhaltspunkte für den illegalen Gebrauch des Internetzugangs gibt.

Keine bösen Folgen drohen bis auf weiteres, wenn eine gekaufte CD oder DVD für eine Hand voll Freunde gebrannt wird, ohne dass dabei Geld im Spiel ist. Einzige Voraussetzung: Der Silberling darf nicht mit einem Kopierschutz versehen sein. In Ordnung ist es aber zum Beispiel, wenn die Tochter eine gebrannte CD, die ihr die beste Freundin geschenkt hat, für eine weitere Freundin kopiert: "Von einer legalen Kopie kann man weitere Kopien ziehen, auch wenn man das Original nicht besitzt", erklärt Rohleder.

Aufgepasst heißt es dagegen, wenn der Sohn - oder auch der Vater - seine private Homepage, mit Hintergrundmusik oder Filmausschnitten aufpeppen will: "Dann muss man darauf achten, dass die Urheberrechte geklärt sind", warnt Rohleder. Andernfalls spielt es keine Rolle, ob der Betreiber die entsprechende CD oder DVD im Original besitzt oder nicht: Stößt der Rechteinhaber auf seine Webseite, gibt es Ärger. (dpa/ajf)

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