Schnäppchen oft Mogelpackung

Tarifdschungel verwirrt Telefonie- und Internetkunden

21.08.2008 von pte pte
Fast täglich werden deutsche Verbraucher mit verlockenden Tarifangeboten für Handy, Festnetz und Internet konfrontiert.

Die Anbieter werben mit immer günstigeren Preisen und vermeintlich kostenlosen Zusatzleistungen und Geschenken. Das verwirrt die meisten Kunden: Mehr als zwei Drittel der Bundesbürger haben den Überblick im Tarifdschungel verloren. In der Generation 60+ fällt es sogar rund 70 Prozent der Befragten schwer, sich im Tariflabyrinth zu Recht zu finden. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von PricewaterhouseCoopers (PwC). "Die Vielzahl der Tarife und Sonderaktionen sorgt nicht zwangsläufig für mehr Wechselbereitschaft beim Kunden. Viele Kunden bleiben lieber ihrem Anbieter treu, als sich mit dem Tarifwirrwarr auseinanderzusetzen", so Arno Wilfert von PwC.

Die Umfrage unter 1.003 Telekommunikationskunden belegt, dass sich fast vier von fünf Befragten kaum oder sogar überhaupt nicht für neue Tarifangebote interessieren. Knapp 60 Prozent wollen an ihren Verträgen auch gar nichts ändern und ebenso viele Befragte waren in den vergangenen drei Jahren immun gegen die Lockungen der Anbieter. Sie haben weder ihren Festnetz- noch ihren Handy- oder Internet-Anbieter gewechselt. "Da helfen auch die täglichen Call-Center-Attacken der Anbieter nicht weiter, um den Kunden mit halbseidenen Angeboten zu überrumpeln und ihm teure Verträge aufzuschwatzen. Das führt im Endergebnis noch zu einer höheren Verärgerung der Verbraucher", so die Erfahrung des ITK-Fachmanns Udo Nadolski, Geschäftsführer von Harvey Nash in Düsseldorf.

Nach der PWC-Umfrage scheuen viele Befragte einen Anbieterwechsel, weil sie negative Erfahrungen mit bisherigen Vertragsänderungen gemacht haben. Jeder Dritte stellte nach dem Wechsel fest, dass das vermeintliche Schnäppchen im Vergleich zu Konkurrenzangeboten zu teuer war. "Die Praxis zeigt, dass es vielen TK-Unternehmen nicht gelingt, ihren Werbesprüchen gerecht zu werden. Sie schlagen sich anscheinend lieber in ihren Kundendienst-Abteilungen mit den Auswirkungen und Symptomen schlecht konzipierter Produkte und Services herum und betätigen sich in der Brandbekämpfung, ohne die Ursachen wirklich zu beheben", weiß Bernhard Steimel, Sprecher der Voice Days und TK-Marketingexperte der Beratungsfirma Mind Business Consultants. "Besonders bei den Festnetzanbietern bekommt man zuweilen den Eindruck, dass sie alles tun, um möglichst viele Servicevorfälle zu generieren."

Service-Intelligenz verbessern

Schlechte Erreichbarkeit, unzureichend geschultes Hotline-Personal, Tarifdschungel und abmahnfähige Geschäftsbedingungen führt er als Beispiele für schlechte Serviceerlebnisse an. "All das führt schnell zu Kundenfrust. Mitarbeiter sind oftmals nicht in der Lage, ein Problem am Telefon zu lösen, da sie lediglich für einfache Auskünfte, die so genannten FAQs, geschult sind und über keine oder geringe Vollmachten verfügen, um ein Kundenanliegen schnell und unbürokratisch zu lösen," berichtet Steimel. Kann einem Kunden nicht geholfen werden, versuche dieser, über andere Kanäle das Unternehmen zu erreichen. "Diese Mehrfach-Kontakte werden dann zum echten Problem, wenn Anfragen über unterschiedliche Eingangskanäle nicht einem Vorgang zugeordnet werden können. Diese Fähigkeit besitzen leider die wenigsten Unternehmen. Zudem gibt es oftmals keine adäquate Möglichkeit einfache Vorgänge schnell selbst zu erledigen. Wer es gewohnt ist, seine Flüge online zu buchen, den telefonischen Quick Check-In bevorzugt und Sitzplatzreservieren per SMS liebt, der hat wenig Spaß bei den meisten Angeboten der Telefonfirmen zur Selbstadministration per Telefon oder im Internet", so Steimel.

Telekommunikationsunternehmen müssten sich Gedanken machen, wie sie ihre Service-Intelligenz verbessern. Dazu zähle auch die Entkomplizierung von Produkten. Zudem müssten die Telefonfirmen ihre Service-Units als Profit- und nicht als Cost-Center betrachten. Seine Prognose: "Es spricht einiges dafür, dass ähnlich wie bei den Fluggesellschaften gut gemachte Self-Service-Angebote auch angenommen werden, die die Anzahl der Kundenanfragen senkt und damit die Kunden-Zufriedenheit steigert." Positive Beispiele sind für ihn automatisierte Erinnerungsanrufe und aktive Informationen bei Serviceausfällen wie bei der Telekom Austria oder Sprachportallösungen wie sie T-Mobile nutzt, bei denen einfache Transaktionen am Telefon schnell und ohne Warteschleife erledigt werden können. (pte)