Reinhard Clemens im Interview

T-Systems löst Unternehmensbereiche auf

27.02.2008
Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE kündigte T-Systems-CEO Reinhard Clemens an, die Geschäftsbereiche Enterprise Services und Business Services zusammenzuführen. Stellenanpassungen drohen auf allen Hierarchiestufen.

Die Verhandlungen mit einem möglichen Partner für die Systemintegrationssparte (SI) von T-Systems stehen unmittelbar vor dem Abschluss. Clemens nannte im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE keine Namen, versprach aber eine Entscheidung noch im Lauf dieses Quartals. Auch ließ er offen, ob es zu einem Verkauf der Sparte oder einer Kooperation kommen werde. Jedoch betonte er mehrfach die Bedeutung der SI-Mitarbeiter als Know-how-Träger für T-Systems-Kunden aus der Telekommunikations- und Automobilbranche. Eine Vorliebe des CEOs für das Partnermodell ist unverkennbar. Darauf angesprochen antwortete Clemens: "Als Unternehmer neige ich eher dazu, Firmenteile nicht zu verkaufen."

Reinhard Clemens im Gespräch mit CW-TV: Wir geben zuviel Geld aus.

Quer durch die Organisation wird es in den kommenden Monaten und Jahren zu Stellenstreichungen kommen. Auch hier nannte Clemens keine konkreten Zahlen oder Zeiträume. Besonders betroffen dürfte aber die Anwendungsentwicklung in Deutschland sein sowie die Backoffice-Funktionen. Der Vertrieb wird neu organisiert. Effizienzverbesserungen dürften auch hier zu Einschnitten beim Personal führen. Dabei macht der neue Chef auch nicht vor dem Management halt: Künftig wird es weniger Hierarchiestufen bei T-Systems geben. Außerdem bestätigte Clemens frühere Pressemeldungen, wonach die Großkundenorganisation Enterprise Services (ES) sowie das Pendant für den Mittelstand, Business Services (BS), zusammengeführt werden. "Es wird nur noch eine T-Systems geben", kündigte Clemens an. Der Radikalkur fallen auch die Industry-Lines zum Opfer, die derzeit das Branchen-Know-how etwa für die Automobil- und Telekombranche konzentrieren. Auch sie sollen aufgelöst werden. Das Fachwissen stecke in der Systemintegrations-Sparte, betonte Clemens. Die wiederum möchte er mit 150 zusätzlichen Vertriebsmitarbeitern stärken. Auch diese Aussagen sind deutliche Anzeichen dafür, dass das Thema SI-Verkauf vom Tisch ist.

In einem weiteren Interview mit COMPUTERWOCHE-TV sagte er zudem, er wünsche sich einen Partner mit komplementären Branchen-Know-how, ohne jedoch Namen zu nennen. Damit könnte der US-amerikanische Offshore-Spezialist Cognizant gemeint sein. Er verfügt über gute Kunden aus der Finanzindustrie, während T-Systems in der Bankenbranche schwächelt. (jha)

Eine Abschrift des gesamten Interviews finden Sie hier:

Ein kurzes TV-Interview (ca. sieben Minuten) finden Sie hier:

Reinhard Clemens, CEO T-Systems
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Reinhard Clemens, CEO von T-Systems: Noch steht die finale Entscheidung über die Zukunft des Bereichs Systems Integration aus. Cognizant wäre eine charmante Option, aber das ist nicht die einzige.
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Clemens: Eine Partnerschaft schafft uns viele Möglichkeiten, über die bislang kein deutscher Player in dem Umfeld und Umfang verfügt. Wir können eine enorme Wachstumsgeschichte schreiben. Wichtig ist der Zugang zu Kapazitäten in Niedriglohnländern.
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Clemens: Es gibt keine Alternative zum Offshoring. Selbst wenn man ein Szenario entwerfen würde, in dem wir das Geschäft ohne Partner und Käufer verfolgen würden, müssten wir Ressourcen in Niedriglohnländer aufbauen. In der Systemintegration wird es kaum möglich sein, die Anwendungsentwicklung komplett in Deutschland zu halten. Mit einem Partner kommen wir schneller zum Erfolg und müssen weniger Stellen streichen.
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Clemens: Als Unternehmer neige ich eher dazu, Firmenteile nicht zu verkaufen. Aus reiner Not heraus ist eine Veräußerung nicht geboten.
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Clemens: Es wird zu personellen Anpassungen kommen, daran führt kein Weg vorbei. Wir können nicht alles so lassen, wie es heute ist. Man kann vieles effizienter gestalten. Das wissen die Mitarbeiter auch. Ineffizienz ist in der Vergangenheit durch zuviel Komplexität entstanden. Da schließe ich die Management-Ebenen ein.
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:In der neuen Unternehmensstruktur gibt es weder Business Services noch Enterprise Services. Es gibt nur noch eine T Systems. Das werden wir mit den Sozialpartnern verhandeln. Es macht aber eigentlich keinen Sinn, zwei getrennte Einheiten zu betreiben. Deshalb wollen wir das zusammenlegen.