Keine Digitalkameraklasse hat in den letzen Jahren so viel Zuwachs erhalten wie die Systemkameras. Zwar sind die Geräte sehr teuer im Vergleich zu Spiegelreflexkameras (DSLRs) der Einstiegs- bis Mittelklasse oder den Kompaktmodellen. Doch dafür vereinen Sie die Vorteile der Konkurrenzformate: Dank Wechselobjektiven sind sie flexibel wie DSLRs, dabei aber handlich wie kompakte Kameras.
Derzeit haben alle großen Kamerahersteller mit Ausnahme von Canon Systemkameras im Sortiment. Unsere Schwesterpublikation PC-WELT hat sich die aktuellen Modelle von Nikon, Olympus, Panasonic, Pentax, Samsung und Sony angesehen. Auffällig ist, dass jeder Hersteller eigene Vorstellungen von der perfekten Systemkamera hat: Jedes Konzept hat dabei bestimmte Vor- und Nachteile, die Sie kennen sollten, falls Sie sich für eine Systemkamera entscheiden.
Olympus und Panasonic : Allrounder mit vielen Modellen
Vor gut drei Jahren haben Panasonic und Olympus ihre ersten Systemkameras vorgestellt, beide im so genannten Micro-Four-Thirds-Format gerfertigt, das nach dem Außenmaß des verwendeten Bildsensors (4/3 Zoll) benannt ist. Damals war die Lumix DMC-G1 von Panasonic das erste marktreife Systemkameramodell, aber noch so groß wie eine DSLR. Olympus präsentierte kurze Zeit später die PEN E-P1 – die erste Systemkamera im Kompaktformat. Seitdem sind bei beiden Herstellern zahlreiche Modelle dazugekommen, und auch Panasonic hat sich mittlerweile für die kompakte Bauweise entschieden. Die Geräte differenzieren sich nun über den Funktionsumfang und die Ausstattung; für jeden Anwender gibt’s das passende Modell.
Das aktuelle Line-up der beiden Hersteller besteht aus leichten, schicken Einsteigerkameras wie der Panasonic Lumix DMC-GF3 oder der Olympus PEN E-PL3. Die Kameras wiegen mit Kit-Objektiv nur 424 respektive 425 Gramm und sind besonders kompakt. Wer mehr Funktionen und eine hochwertigere Verarbeitung des Gehäuses möchte, für den gibt’s anspruchsvolle Modelle wie die Panasonic Lumix DMC-GX1 mit höherer Auflösung sowie die Olympus PEN E-P3 mit Touchdisplay und die OM-D mit elektronischem Sucher.
Als zusätzliches Bonbon bietet Panasonic für seine GF3 und GX1 zwei motorbetriebene Zoomobjektive an: das Lumix G X Vario PZ 14-42 mm F 3,5-5,6 ASPH. Power OIS und das Lumix G X Vario PZ 45-175 mm / F 4,0-5,6 ASPH. Power OIS. Olympus hält mit dem Motorzoom M.Zuiko Digital ED 12-50mm 1:3,5-6.3 EZ dagegen, das Sie an allen PEN-Modellen und an der OM-D verwenden können.
Sony und Samsung : Anspruchsvolle Profigeräte
Anders als Olympus und Panasonic, die gleichzeitig das Einsteiger- und Mittelklassesegment bedienen, haben sich Samsung und Sony in letzter Zeit vor allem auf Systemkameras der Oberklasse konzentriert. So arbeiten die Samsung NX200 und die NEX-7 mit einer Auflösung jenseits der 20 Megapixel, was bisher nur Spiegelreflexkameras vorbehalten war. Der Bildsensor der beiden Modelle ist im APS-C-Format gehalten, misst also 23,5 x 15,7 Millimeter. Diese Sensorgröße kommt ebenfalls in Spiegelreflexkameras zum Einsatz, da die Chips besonders lichtempfindlich und rauscharm sind. Entsprechend gut wirkte sich die Sensorgröße beim Test auf die Rauschergebnisse der Samsung NX200 und die NEX-7 aus: Hier traten erst ab ISO 1600 stärkere Bildfehler auf.
Bei der gemessenen Auflösung zeigte sich jedoch wieder, dass ein Sensor alleine keine gute Bildqualität macht: Beide Systemkamera-Boliden kamen mit einem dezentrierten Kit-Objektiv, das den Wirkungsgrad negativ beeinflusste. Dadurch konnte die Samsung NX200 von ihren 20 Megapixeln gerade mal 4 Megapixel nutzen. Die Sony NEX-7 arbeitete mit 5,6 von 24 Megapixeln.
Dagegen ist der Full-HD-Videomodus der beiden Systemkameras ein Feature, das noch seinesgleichen sucht. Denn die beiden Geräte arbeiten mit 50 respektive 60 Vollbildern und nehmen Stereoton auf. Im Gegensatz zu den Kameras, die 25 bis 30 Bilder pro Sekunde einsetzen, zeigen die Videos der NX200 und der NEX-7 weniger Ruckler, sind also fließender.
Nikon : Einsteigerfreundlich, aber zu verspielt
Nikon ist ein noch relativ neuer Mitspieler im Markt der Systemkameras. Die beiden Geräte der Nikon-1-Serie wurden im September 2011 vorgestellt: Die Nikon 1 V1 ist das Premium-Modell und besitzt im Gegensatz zur Nikon 1 J1 einen elektronischen Sucher, ein höher aufgelöstes Display und einen Hybrid-Verschluss, der je nach Anwendungsgebiet elektronisch oder mechanisch arbeitet.
Die Zielgruppe für beide Systemkameras besteht in erster Linie aus Kameraneulingen, die die Geräte spielerisch einsetzen. So wurden Funktionen wie die Halbautomatiken, die bei anderen Systemkameras mit einem Griff zugänglich sind, zu Gunsten von Spaß-Features wie dem „Bewegten Schnappschuss“ vom Moduswählrad ins Menü verbannt. Für eine eher verspielte Zielgruppe spricht auch, dass es die Nikon 1 J1 in rosa gibt – inklusive Objektiv. Dieses lässt sich bei beiden Geräten zur Sicherheit verriegeln.
Die klare Ausrichtung auf Einsteiger hat einen großen Vorteil: Die Bedienung der Nikon-1-Geräte ist sehr einfach. Hinzu kommt eine sehr kompakte Bauweise mit gerade mal 396 Gramm Gewicht bei der Nikon 1 J1. Die große Schwester bringt dagegen stolze 501 Gramm auf die Waage – daran ist der integrierte Sucher schuld. Ein Nachteil des späten Markteinstiegs: Nikon hat für die V1 und J1 derzeit gerade mal vier Objektive zur Auswahl, darunter eine Festbrennweite.
Pentax : Die Kompakte unter den Systemkameras
Mit 301 Gramm ist die Pentax Q die kleinste, leichteste und kompakteste Systemkamera derzeit. Kein Wunder: Der Hersteller verwendet bei der Q einen Kompaktkamera-Sensor der Größe 1/2,3 Zoll, was umgerechnet etwa 6,16 x 4,62 Millimetern entspricht. Im Vergleich dazu sind die Sensoren, die die anderen Systemkameras im Test verwenden, mehr als viermal so groß. Erstaunlicherweise schlug sich die Pentax Q bei den Rauschmessungen im Test sehr gut – der Hersteller hat nur 12 Millionen Fotodioden auf seinen Mini-Chip gepackt, was dem Rauschverhalten der Kamera zugute kommt.
Was die Auswahl an Objektiven angeht, sieht’s bei Pentax ähnlich mager aus wie bei Nikon, die ihre Nikon 1 wenige Monate nach Pentax präsentierten: Für die Pentax Q gibt’s fünf Linsen: ein Zoomobjektiv und vier Festbrennweiten.
Übrigens: Vor kurzem hat Pentax seine zweite Systemkamera vorgestellt, die Pentax K-01. Bei ihr stehen Design und einfache Bedienung im Vordergrund. Zudem lassen sich alle alten Pentax-Objektive ab KA-Bajonett daran betreiben.
Fujifilm: Die unbekannte Zukunft
Als bisher letzter Digitalkamerahersteller hat Fujifilm Anfang 2012 seine erste Systemkamera angekündigt. Sie soll dieser Tage erhältlich sein, weshalb wir über die Qualität derzeit noch nichts sagen können. Die Fujifilm X-Pro1 war jedoch nach der erfolgreichen Einführung der Premium-Kompaktkameras X100 und X10 ein logischer Schritt.
Allerdings verfolgt Fujifilm mit der X-Pro1 das bisher exotischste Systemkamerakonzept, denn der Hersteller hat für sie nur Festbrennweiten angekündigt. Eine weitere Besonderheit: Der APS-C-Sensor mit 16 Megapixeln soll mit speziellen Farbfiltern versehen sein, die einen Tiefpassfilter gegen Moiré-Effekte überflüssig machen soll. Das sollte sich positiv auf die Bildqualität auswirken, da ein Tiefpassfilter immer auf Kosten der Auflösung geht.
Was die Gehäuseform betrifft, so behält die X-Pro1 das hochwertige „Leica-Design“ mit Lederapplikationen bei, das bereits von der X100 und der X10 bekannt ist.
Canon: Ein Außenseiter meldet sich zu Wort
Als einziger wichtiger Kamerahersteller hat Canon keine Systemkamera im Sortiment. Der Hersteller baut stattdessen sein Sortiment an Premium-Kompaktkameras und Spiegelreflexkameras kontinuierlich aus. Unsere Schwesterpubikation PC-WELT hat bei Canon nachgefragt, um die aktuelle Position des Herstellers zum Thema „Systemkameras“ zu erfahren. Geantwortet hat Martina Eichmann, Pressereferentin bei Canon Deutschland:
„Wir beobachten diese Entwicklung auch weiterhin mit großem Interesse. Allerdings konzentrieren wir uns auf unser aktuelles Portfolio, in dem das umfangreiche EOS-System mit einer großen Anzahl von verschiedenen Spiegelreflexkameras, Objektiven und weiterem Zubehör eine zentrale Rolle spielt. Darüber hinaus haben wir Anfang Januar mit der Powershot G1 X eine Kompaktkamera vorgestellt, die mit einem Sensor arbeitet, der bezüglich der Bildhöhe annähernd dem APS-C-Format gleicht.“
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.