Swisscom sagt Übernahme ab

03.09.2003 von Riem Sarsam
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Schweizer Konzern Swisscom hat die Übernahme der Telekom Austria vorerst ad acta gelegt. Die Eidgenossen bleiben bis auf weiteres in ihrem Heimatmarkt, wo das Geschäft jedoch stagniert. Im ersten Halbjahr legte lediglich die deutsche Tochter Debitel kräftig zu.
Findet sich keine Kaufoption, soll das Kapital an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Jens Alder, CEO Swisscom

Eine Beteiligung an dem österreichischen Konkurrenten sei weiterhin möglich, zurzeit jedoch unrealistisch, sagte Swisscom-CEO Jens Alder. Swisscom sei bereit gewesen, elf Euro pro Aktie zu zahlen, der Mehrheitseigner der Telekom Austria, die österreichische Industrieholding ÖIAG, forderte jedoch 13 Euro pro Anteilschein.

Nach Ansicht von Marktbeobachtern muss der Ex-Monopolist über kurz oder lang mittels Zukäufen expandieren, da das Geschäft auf dem Heimatmarkt kaum noch wächst. Angaben zufolge prüft der Konzern auch in der nächsten Zeit weitere Übernahmen - jedoch nicht um jeden Preis. "Intelligenz kann auch bedeuten, nicht zu handeln", schrieb der Vorstand in einem Brief an die Aktionäre. Sollten sich keine geeigneten Investitionsmöglichkeiten finden, wird das dafür eingeplante Kapital als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet.

Laut den nun vorgelegten Halbjahreszahlen stagnierte Swisscoms Umsatz im Vergleich zum Vorjahr bei umgerechnet rund 4,64 Milliarden Euro. Ohne den Beitrag der deutschen Mobilfunktochter Debitel, die in der ersten Jahreshälfte rund 1,45 Milliarden Euro (Vorjahreszeitraum: 1,3 Milliarden Euro) erlöste, hätte das Unternehmen einen Rückgang verzeichnen müssen. Positiv entwickelte sich hingegen der Ertrag: Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) verbesserte sich um sieben Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2002 auf knapp 1,6 Milliarden Euro. Der Nettogewinn stieg um 20 Prozent auf 616 Millionen Euro.

Die Erklärung dafür liegt allein auf der Kostenseite. Swisscom konnte die Betriebskosten des Festnetzgeschäftes im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent reduzieren, im Geschäftskundensegment sanken die Aufwendungen um knapp 18 Prozent, und bei den "übrigen", das sind Swisscom Systems und Swisscom IT Services, um 15 Prozent.

Umgekehrt verhielt es sich bei der deutschen Tochter Debitel, an der Swisscom 93 Prozent der Anteile hält. Der netzunabhängige Mobilfunkvermarkter musste einen Rückgang auf der Ertragsseite verzeichnen. Dem um elf Prozent gestiegen Umsatz stand ein um sieben Prozent gesunkener Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 24 Millionen Euro gegenüber. Dabei verringerte sich das Ergebnis vor allem im Heimatmarkt Deutschland, wo Debitel 14 Prozent mehr umsetzte, allerdings auch ein um 23 Prozent gesunkenes Ebit von 20 Millionen Euro auswies.

Debitel-Chef Peter Wagner rechtfertigte diese Einbußen mit der gestiegenen Kundenzahl. 114 Millionen Euro hatte das Unternehmen ausgegeben, um 270.000 (Vorjahr: 158.000) Kunden mit Vergünstigungen - beispielsweise kostenlosen Handys - zu einer Verlängerung ihrer Verträge zu bewegen beziehungsweise neue Klienten zu locken. Unter dem Strich konnten die Mobilfunker seit Jahresbeginn 550.000 Vertragskunden gewinnen und damit den Anteil gegenüber den weniger lukrativen Prepaid-Kunden von 33 auf 37 Prozent erhöhen. "Um diese Position auszubauen, sind mittel- bis langfristige Perspektiven für das Unternehmen wichtiger als kurzfristige Ergebnisse", so Wagner.

Für die zweite Jahreshälfte hielten sich sowohl Mutter- als auch Tochtergesellschaft eher bedeckt. Swisscom stufte seine EBITDA-Prognose von "in der Höhe des Jahres 2002" auf "mindestens in der Höhe des Jahres 2002" hinauf. Debitel rechnet für das gesamte Geschäftsjahr mit einem Umsatzwachstum im einstelligen Prozentbereich.