Surfen am Arbeitsplatz: Klare Regeln helfen weiter

10.07.2006 von Alexandra Mesmer
Wer privat im Büro surft, kann seinen Job riskieren. Max-Lion Keller, ein auf IT-Recht spezialisierter Rechtsanwalt aus München, gibt Tipps für den richtigen Umgang mit E-Mail und Internet.

Hier lesen Sie ... CW: Wenn sich Mitarbeiter derzeit für private Zwecke auf Kicker.de über die aktuellen Spielergebnisse informieren, müssen sie dann schon um ihren Arbeitsplatz fürchten?

KELLER: Leider muss ich diese Frage mit dem berühmt-berüchtigten Juristensatz beantworten: Es hängt davon ab. Es kommt immer darauf an, welche Regeln in dem jeweiligen Unternehmen gelten. Eines ist aber sicher: Wenn die private Nutzung des Internets ausdrücklich verboten wurde, etwa im Rahmen eines Arbeitsvertrags oder einer so genannten Internet-Policy, dann kann schon das bloße Sich-Informieren bei kicker.de äußerst unangenehme Konsequenzen mit sich bringen - etwa im Sinne einer Abmahnung. Im Einzelfall ist dann auch schon mal eine verhaltensbedingte Kündigung vorstellbar.

CW: Kann das private Drucken von Dokumenten auf und mit Hilfe der Betriebsmittel des Arbeitgebers Anlass einer fristlosen Kündigung sein?

KELLER: Ja, in besonders gelagerten Fällen besteht die Gefahr. So entschied beispielsweise das Arbeitsgericht Frankfurt, dass im Prinzip in diesen Fällen eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass dies tatsächlich in einem derart erheblichen Umfang geschieht, dass der Betriebsablauf gestört wird, und der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten dadurch in nicht unerheblichem Umfang vernachlässigt. Die Meßlatte ist hier also doch recht hoch anzusetzen.

CW: Welche Aktionen am PC sollte der Mitarbeiter sonst noch während der Arbeitszeit besser unterlassen?

KELLER: Beispiele mit IT-Bezügen wären etwa, dass der Arbeitnehmer erstens nicht in den E-Mails seiner Vorgesetzten herumschnüffeln oder diesen das Passwort des betriebseigenen Servers verheimlichen sollte. Dies ist tatsächlich alles schon vorgekommen. Als Arbeitnehmer sollte man das Internet immer nur dann für private Zwecke nutzen, wenn einem dies durch den Arbeitgeber auch gestattet wurde. Selbst in diesem Fall aber hat der Arbeitnehmer sich an ein paar Regeln zu halten: So sollte er unter gar keinen Umständen pornografische Seiten oder sonstige Websites ansteuern, die in strafrechtlicher Hinsicht bedenklich sind. Natürlich hat er es auch zu unterlassen, entsprechendes Material herunterzuladen. Er sollte auch keine umfangreichen privaten Dateien auf die Festplatte des Arbeitsgebers zu speichern, weil damit die Gefahr eines möglichen Virenbefalls der betriebseigenen Server steigt. Ein weiterer Grund ist, dass auch heutzutage noch Speicherkapazitäten viel Geld kosten können - das nämlich des Arbeitgebers.

CW: Wie sollen Mitarbeiter sich verhalten, wenn sie zum Beispiel private Mails bekommen, die Privatnutzung aber verboten ist?

KELLER: Ganz einfach. An deren Stelle würde ich mich an meinen Bekanntenkreis wenden und diesen bitten, mir E-Mails in privaten Angelegenheiten ausschließlich an meinen privaten E-Mail-Account zu schicken. Zudem würde ich darauf hinweisen, dass ich via E-Mail in aller Regel nur noch außerhalb der Geschäfts- beziehungsweise meiner Bürozeiten erreichbar bin. Etwas anderes kann natürlich für Notfälle gelten.

CW: Wie sollte man sich verhalten, wenn der Arbeitgeber die Nutzung weder verbietet noch erlaubt?

KELLER: Zufällig hat sich zu der Frage erst vergangenes Jahr das Bundesarbeitsgericht geäußert. Danach ist die private Benutzung betrieblicher Kommunikationseinrichtungen prinzipiell unzulässig - eben auch dann, wenn keine ausdrücklichen betrieblichen Verbote zur privaten Nutzung existieren. Allenfalls eine kurzfristige private Nutzung des Internet mag in diesem Fall während der Arbeitszeit gerade noch als hinnehmbar angesehen werden. Mein Tipp: Ich würde mich als Arbeitnehmer immer an den Verantwortlichen im Betrieb wenden und diesen auffordern, für klare Regelungen, etwa im Rahmen einer so genannten Internet-Policy, zu sorgen.

CW: Haben die meisten Firmen die Internet- und E-Mail-Nutzung geregelt?

KELLER: In vielen Unternehmen gibt es solche Regelungen, was auch sinnvoll ist, da damit für jedermann deutlich wird, was erlaubt ist und was nicht. Das schafft Rechtssicherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. Eine Internet-Policy sollte Art und Umfang der privaten Nutzung des Internet regeln, Bestimmungen zu Dateigrößen und -formate, Vorsichts- und auch Verhaltensmaßnahmen hinsichtlich Viren und Spam, Anforderungen hinsichtlich Verschlüsselungen und Signaturen, sowie weitere Sicherheitsanforderungen (Authentifizierung, Übertragungssicherheit, etc.) enthalten und sollte Sanktionen regeln.

Max-Lion Keller ist Rechtsanwalt und arbeitet in der Münchner Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Münch, Petzold (IT-Recht-Kanzlei), spezialisiert für das IT- und Vergaberecht.