Fit für den Arbeitsmarkt

Studenten trainieren BPM und SOA in realitätsnahen Projekten

26.07.2010 von Susanne Franke
Künftige Fachkräfte sollten an der Universität praxisnahe Kenntnisse in serviceorientierten Architekturen und im Geschäftsprozess-Management erhalten. Zu diesem Zweck bietet etwa die Software AG den Instituten verschiedene Kooperationen und Programme an.
Jürgen Powik, Software AG: "Die Studenten werden in reale Situationen versetzt, wie sie sie auch beim Kunden vorfinden."

"Wenn wir die Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte erfolgreich gestalten wollen, müssen Unternehmen und Hochschulen enger zusammenarbeiten", fordert Hermann Krallmann, Leiter des Instituts für Wirtschaftsinformatik und Professor an der TU Berlin. "So bekommen die Studierenden praktische Erfahrungen aus erster Hand." Ein Beispiel einer solchen Zusammenarbeit liefert die Software AG.

Das Unternehmen hat die Zeichen der Zeit erkannt und startete vor drei Jahren eine Zusammenarbeit mit der Lehre und Forschung in Form des so genannten University-Relations-Programms. Es bietet Lehrinstitutionen vor allem mit den Fachrichtungen Informatik und Wirtschaftsinformatik verschiedene Möglichkeiten der Kooperation an. Wie auch andere große Hersteller stellt das Softwarehaus zum einen den Instituten kostenlose Lizenzen für die Vollversionen der eigenen Softwareprodukte zur Verfügung.

Bogdan Franczyk, Uni Leipzig: "Durch Praxisprojekte erwerben Studenten Team-Kompetenz und Projekt-Management-Know-how."

Die Vorteile, die die Studierenden aus einem solchen Projekt ziehen können, fasst Thorsten Blecke, Professor an der TU Hamburg-Harburg, zusammen: "Die angehenden Wirtschaftswissenschaftlers können sich Fähigkeiten, speziell im Bereich BPM, aneignen, die sie im späteren beruflichen Alltag gut einsetzen können." Die Studenten hatten in einer SOA einen automatisierten Referenzprozess für Logistikabläufe modelliert und umgesetzt. Studenten oder Betreuer können kostenlos an SAG-Trainingskursen teilnehmen, sofern Plätze frei sind. Auch gibt es telefonische Unterstützung bei technischen Schwierigkeiten. Doch prinzipiell sind die Institute auf sich selbst gestellt und müssen ein eigenes Szenario aufsetzen und dann umsetzen. Voraussetzung für den praktischen Nutzen eines solchen Projekts ist die möglichst nahe Ausrichtung des Szenarios an den realen betrieblichen Abläufen.

Zum anderen hat die Software AG für diejenigen Lehrinstitute, die eine umfassendere Unterstützung in ihrem Vorhaben wollen, mit Campus Connect ein selbsterklärendes Lehrprojekt erstellt. Mit diesem Projektpaket entwickeln Studierende ein prozessgesteuertes, modernes Campus-Management-System, in das gegebene heterogene Anwendungen über eine serviceorientierten Architektur integriert und so an geänderte Nutzeranforderungen angepasst werden müssen. Die Studenten schlüpfen dabei in die Rollen von Angestellten eines fiktiven IT-Beratungsunternehmens, das sich auf vertikale Prozesse und technische Implementierung spezialisiert hat. Zudem wird eine Projektgruppe gebildet, in der die typischen Rollen eines IT-Projektes zu besetzen sind.

Diplomarbeit im Softwarehaus

"Die Studenten werden in die reale Situation versetzt, wie wir sie auch bei einem Kunden vorfinden", stellt Jürgen Powik, Director University Relations bei der Software AG, fest. "Wir erklären ihnen die Vorgehensweise in solchen Projekten, sie bekommen Anregungen und Musterlösungen." Das Szenario zielt sowohl auf Skills für BPM - vor allem für Wirtschaftsinformatiker und Betriebswirtschaftler -- als auch auf SOA-Fähigkeiten für Informatiker und Wirtschaftsinformatiker ab.

Der bisherige Erfolg gibt dem Konzept Recht: Die Universität Leipzig beispielsweise hat zwei Projektseminare als festen Bestandteil ins Curriculums des Master Science Wirtschaftsinformatik (M. Sc. WI) aufgenommen. Die Grundlage für diese Entscheidung bildet das bereits einmalig erfolgreich abgeschlossene Seminar "Serviceorientierte Architekturen (SOA)" unter der Leitung des Leipziger Professors Bogdan Franczyk. Die Universität verwendete dafür den Vorläufer von Campus Connect, bei dem mit den Technologien der Software AG ein Web-basierendes Anwenderportal für Reisedienstleistungen mit Services neu zu gestalten war.

"Nicht allein die praxisnahen technischen Fähigkeiten, die sich die Studenten in diesem Projekt aneignen, haben uns bewogen, ein solches Projekt zur Pflicht für alle zu machen", betont Franczyk. "Vor allem auch Teamkompetenz und erste Erfahrungen mit Projekt-Management werden dabei gefördert."

Ebenfalls Teil des University Relations Program ist das Angebot an Studierende, ihre Bachelor- oder Master-Arbeit bei der Software AG zu schreiben. "Das, was die sich in den Uniprojekten im Grundsatz angeeignet haben, können sie dann bei uns vertiefen und in Form einer Diplom- oder Master-Arbeit ausbauen", so der Leiter des Universitätsprogramms Jürgen Powik. Dies bestätigt auch Bernd Schmidl, mittlerweile im Team von Jürgen Powik tätig: "Noch als Werkstudent konnte ich ein kleines Team von weiteren Werkstudenten führen. Eigenverantwortlich Projekte zu leiten und gefordert zu sein, das hat mich angespornt und war für meine persönliche Entwicklung prägend."

Nach drei Jahren Laufzeit ziehen die Darmstädter eine positive Zwischenbilanz des Universitätsengagements. Über 280 Lehrstühle an über 100 Hochschulen nahmen bisher deutschlandweit an dem Programm teil mit mehr als 2800 Studierenden. "Wenn wir heute unseren zukünftigen Führungskräften, die beste Ausbildung bieten, zahlt sich das morgen in Form eines nachhaltigen Return on Investment aus", zeigt sich Powik vom Erfolg überzeugt.

*Susanne Franke ist freie Journalistin in München.