Green-IT bei N-Ergie

Stromfresser auf Diät

02.09.2009 von Thomas Pelkmann
Der kommunale Nürnberger Stromversorger N-Ergie hat in seinem eigenen Rechenzentrum die dicksten Stromfresser auf Radikaldiät gesetzt. Wir sprachen mit dem IT-Chef Gerhard Bley über das Abspecken mit Green-IT.

Computerwoche: Wenn ein Energieversorger beim Energie sparen voran geht: Ist das nicht schlecht fürs Geschäft?

"Energieeffizienz bedeutet Kosteneinsparung, die am Ende auch den Kunden zugute kommt", meint Gerhard Bley, IT-Chef bei der Nürnberger N-ergie.

Gerhard Bley: Die N-Ergie steht unter Wettbewerbsdruck und muss deshalb bestrebt sein, Kosten zu reduzieren. Mehr Energieeffizienz bedeutet Kosteneinsparung, die letztendlich dem Kunden zugute kommt. Zudem engagiert sich die N-Ergie seit Jahren für Klimaschutz und Energieeffizienz. So haben wir zum Beispiel schon 1996 das CO2-Minderungsprogramm eingeführt - lange, bevor das Thema populär geworden ist.

Computerwoche: Seit wann macht sich N-Ergie Gedanken über den Stromverbrauch im Rechenzentrum?

Bley: Seit dem Jahre 2006. Zu diesem Zeitpunkt haben wir mit der Analyse des Stromverbrauchs begonnen und Einsparpotentiale gesucht - und gefunden.

Computerwoche: Was war der Auslöser, sich ausführlich mit dem Energieverbrauch zu beschäftigen?

Bley: Mich persönlich haben Berichte in diversen Fachzeitschriften über den negativen Beitrag der IT und der Rechenzentren zum Klimawandel tief beeindruckt.

Da stand zum Beispiel, dass zwei Prozent der weltweiten Kohlendioxyd-Emissionen allein auf das Konto der IT gehen. Das entspricht dem CO2-Ausstoß aller Flugzeuge der Welt!

Da habe ich gelesen, dass für jeden Dollar, der in Computer-Hardware investiert wird, noch mal rund 50 Cent für den Stromverbrauch fällig sind. Dieser Wert wird den nächsten Jahren sogar noch einmal um 54 Prozent steigen.

Moderne Hardware und Virtualisierung

Und wussten Sie, dass eine einzige Suchanfrage bei Google so viel Strom verbraucht, wie eine Energiesparlampe in einer ganzen Stunde? Bis 2010 werden sich die Ausgaben für Strom und Kühlung auf nahezu 50 Prozent der Gesamtkosten eines Rechenzentrums belaufen.

Solche Fakten haben mir mehr als genug Anlass gegeben, mich mit diesem Thema ernsthaft zu beschäftigen.

Computerwoche: Was haben Sie getan, um den Stromverbrauch in Ihrem Rechenzentrum zu senken?

Bley: Wir haben unsere komplette Server- und Storage-Infrastruktur standardisiert. Durch den Einsatz modernster Hardware-Technologien haben wir ein erhebliches Stromeinsparpotential im Server- und Storagebereich realisieren können.

Mit der Virtualisierung der x86-Server haben wir Ende 2006 begonnen - mit 120 Servern. Seit 2007 setzen wir virtuelle PCs ein. Damit haben wir in den Außenstellen in der Region angefangen.

Computerwoche: Wie haben sich diese Maßnahmen auf den Energieverbrauch ausgewirkt?

Bley: Wir sparen bis zu 66 Prozent unserer Stromausgaben in den Rechenzentren. Damit reduzieren wir natürlich beträchtlich die Betriebskosten. Die Einsparungen ergaben sich durch die Reduktion der Stromaufnahme aufgrund moderner Servertechnologien, durch die Verringerung der Anzahl der Server von 120 auf 3 (!) Hochleistungsserver und die dadurch entstandene Minimierung des Kühlungsaufwands.

Verfügbarkeit gesteigert

Computerwoche: Gab es nennenswerte Widerstände gegen die Einsparmaßnahmen, etwa aus Angst vor geringerer Verfügbarkeit der Server?

Bley: Aus kaufmännischer Sicht gab es aufgrund der gesunkenen Betriebskosten natürlich keinen Widerstand. Durch den Einsatz von VMware-Clustering ist es uns sogar gelungen, die Verfügbarkeit unserer Applikationen kostengünstig noch zu steigern.

Computerwoche: Gab es Probleme bei der Umstellung auf Virtualisierung?

Bley: Wir haben unsere Mitarbeiter gut ausgebildet und zertifiziert und wir haben eine Testumgebung aufgebaut. Daher gab es keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Dass hie und da die Software trotzdem etwas klemmte, und wir Erfahrungswerte in Bezug auf Performance erst aufbauen mussten, sehe ich nicht als Problem. So mussten wir zum Beispiel erst einmal herausfinden, wie viele virtuelle Server ein physischer verkraftet und bei wie viel I/O's pro Sekunde der Server an seine Grenze kommt. Solche Fragen laufen bei uns eher unter Optimierungs-Potential.

Computerwoche: Den Energieverbrauch im Rechenzentrum haben Sie deutlich gesenkt. Was werden Sie als nächstes anpacken?

Bley: Wir werden bis Ende dieses Jahres die Servervirtualisierung abschließen, so dass rund 300 Server danach virtuell auf nur sechs großen Servern abgebildet werden. Danach machen wir uns an die Modernisierung der Rechenzentrum-Klimatisierung durch Beschaffung neuer Kühlgeräte und die Einhausung der Hardware. Im kommenden Jahr steht zudem die Client-Virtualisierung und Auslieferung von bis zu 1.000 Thin Clients auf der Tagesordnung. Nach der Einführung dieser Systeme erwartet die N-Ergie je nach abgelöstem PC-Typ jährlich zwischen 350.000 und 500.000 Kilowattstunden (kWh) weniger Stromverbrauch als bisher. 350.000 kWh entsprechen dem Jahresverbrauch von rund 100 Dreipersonenhaushalten.

Computerwoche: Vielen Dank für das Gespräch.