Streit um des CIOs Krawatte

13.02.2008 von Karin Quack
Auf den von COMPUTERWOCHE; "CIO", Financial Times Deutschland und Hamburg@work orgnisierten "Hamburger IT-Strategietagen" trafen unterschiedliche IT-Kulturen aufeinander.
Ab und zu mal die geistige Krawatte abzulegen, empfahl Kurt Pikl, Ex-CIO der Fritz Egger GmbH & Co.

Von einem "Culture Clash" zu sprechen, wäre vielleicht etwas übertrieben. Doch die beiden direkt aufeinander folgenden Referenten am Vormittag des zweiten Konferenztages unterschieden sich schon in Bezug auf ihr Outfit erheblich voneinander: Wolfgang Gaertner, CIO Personal and Corporate Banking der Deutschen Bank sowie der von COMPUTERWOCHE und "CIO" gekürte "IT-Executive des Jahres 2007", trug dezent grauen Anzug und pastellfarbene Krawatte; sein Vorredner Kurt Pikl, Ex-CIO und Senior Consultant der mittelständisch ausgerichteten Fritz Egger GmbH & Co., hatte bewusst auf das Manager-Accessoire verzichtet.

Er wolle damit sich und andere zu unkonventionellem Denken ermutigen, erläuterte der Österreicher – nicht ohne einzuräumen, dass er sich als verdienter Senior-Manager und Fast-schon-Pensionär bestimmten Zwängen einfach nicht mehr zu beugen brauche. Ganz nebenbei verteilte der selbsternannte Nonkonformist aber auch ein paar Seitenhiebe an diejenigen, die das goldene Kalb der Kosteneffizienz allzu uneingeschränkt anbeten. "IT muss man sich schon auch leisten können", schmunzelte er. Innovationen bräuchten Freiräume und eine Kultur, die Fehler zulasse, so sein Credo: "Innovationen, die sich mit einem ROI rechnen lassen, sind in der Regel die Antwort auf Versäumnisse."

Die häufig beklagte Personalnot in der IT ist aus Pikls Sicht weitestgehend hausgemacht. Wer auf Kostendruck vor allem mit Entlassungen und Abstrichen bei der Ausbildung der Mitarbeiter reagiere, brauche sich nicht zu wundern, wenn ihm später das benötigte Know-how fehle: "Ich kann ja auch nicht Blut spenden, wenn ich abnehmen will." (Mehr zu Pickls Vortrag und dem zweiten Kongresstag unter "CIOs müssen selbstvewusster werden").


Deutsche-Bank-CIO Wolfgang Gaertner steht zur Krawatte, ohne sich deshalb für konventionell zuhalten.
Foto: Joachim Wendler

Deutsche-Bank-Manager Gaertner nahm den von Pikl gespielten Ball auf: Er trage zwar Krawatte, aber er wolle trotzdem Einiges anders machen als andere. In Sachen "Innovationskultur" stimmte er seinem Vorredner zu: "Man kann nicht Kreativität einfordern, aber keine Fehler zulassen". Allerdings stellte er die Frage, ob diese Aufgabe eigentlich mit denselben Mitarbeitern zu bewältigen sei, mit denen man vorher "den Keller aufgeräumt" habe.

Wie Gaertner erläuterte, hat die Deutsche Bank im Zuge ihrer 2002 formulierten neuen Unternehmensstrategie auch ihre IT-Landschaft – einschließlich der Aufbauorganisation – komplett umgekrempelt: Statt nach Anwendungsgebieten seien die IT-Mitarbeiter jetzt "horizontal" aufgestellt:in den Bereichen Domänen-Management (nah am Business), Anwendungs-Management (siehe auch Gaertners Ausführungen zum Thema SOA) und Prefessional Services Unit. Davon erhoffe sich der CIO mehr Flexibilität – durch einen quasi institutionalisierten Blick über den Tellerrand.

Sie kommt grundsätzlich ohne Krawatte aus: Jennifer Allerton, CIO des Schweizer Parma-Unternehmens Roche.

Keinen Gedanken an eine Krawatte verschwendeteJennifer Allerton, CIO bei Roche Pharma aus: Sie trug ihr taupefarbenes Hosen-Ensemble mit der lässigen Eleganz einer Frau, die sich ihrer Ausnahmestellung in der männlich geprägten CIO-Welt durchaus bewusst war.