Strategisch nicht wirklich unabhaengig Die Sema Group bedraengt ihren Grossaktionaer Cap Gemini Sogeti

03.11.1995

Von CW-Korrespondent Lorenz Winter

Durch die Uebernahme des Systemintegrations- und Outsourcing- Spezialisten Cisi rueckt die britisch-franzoesische Sema Group dem europaeischen Marktfuehrer Cap Gemini Sogeti (CGS) staerker auf den Pelz.

Fast 550 Millionen Franc (etwa 160 Millionen Mark) wird Sema Group der Erwerb des gesamten Cisi-Kapitals kosten - nur die spanische Cisi-Tochter CCS bleibt von der geplanten Transaktion ausgenommen. Cisi stuetzt ihr Geschaeft auf vier Bereiche, wovon die Luft- und Raumfahrt, der Kernkraftsektor und die Verteidigungsindustrie am meisten zum Umsatz beitragen. Zudem bedient das Unternehmen jedoch noch die Industrie, den Handel und die Dienstleistungsbranche. Die deutsche Cisi-Tochter firmiert als Computer Management GmbH. Mit der Akquisition verleibt sich die von Pierre Bonelli gefuehrte Sema Group fuer etwa eine Milliarde Franc (290 Millionen Mark) mehr Umsatz ein. Die Gesamteinnahmen Semas klettern rechnerisch von 4,86 Milliarden Franc (1994) auf 6,46 Milliarden Franc.

In den Vorwochen waren die Verhandlungen um den Cisi-Deal, der noch amtlich genehmigt werden muss, immer wieder ins Stokken geraten, weil Semas grosser Rivale CGS sowohl mit knapp 28 Prozent an Bonellis Unternehmen als auch mit 36 Prozent an Cisi beteiligt ist; die Cisi-Mehrheit von 64 Prozent liegt bei der Industrieholding des staatlichen Atomenergie-Kommissariats (CEA).

CGS-Praesident Serge Kampf hatte 1987 fuer seinen Cisi-Anteil knapp 250 Millionen Franc gezahlt und spaeter noch weiteres Geld zugeschossen. Fuer den Abstoss seines Cisi-Pakets sprach eigentlich nur, dass das Softwarehaus im Vorjahr bei 1,6 Milliarden Franc Umsatz einen Verlust in Hoehe von 97 Millionen Franc einfuhr, den CGS mittragen musste. Auch 1995 wird Cisi voraussichtlich rote Zahlen schreiben. Aus gutinformierter Quelle verlautete, Kampf werde fuer seinen 36-Prozent-Anteil zwischen 130 Millionen und 170 Millionen Franc kassieren - die Cisi-Schachtel steht bei ihm aber mit 210 Millionen Franc in der Bilanz.

Auch nach der Klaerung des Besitzstreites um Cisi flaut die Spannung zwischen CGS und der Sema Group keineswegs ab. Natuerlich kommt eine spektakulaere Aktion wie Kampfs Versuch von 1988, Sema ganz zu schlucken, fuer CGS heute nicht mehr in Betracht. Umgekehrt kann sich aber auch Bonelli nach dem hohen Aufwand fuer Cisi nicht von seinem unliebsamen Grossaktionaer CGS freikaufen.

Diese vertrackte Lage, die strategische Initiativen erschwert, blieb natuerlich Mitarbeitern der Sema Group nicht verborgen. Erst kuerzlich beauftragte der Gesamtbetriebsrat von Sema deshalb eine Pariser Unternehmensberatung mit der Analyse solcher Handikaps. Die Consultants rieten in ihrem Abschlussbericht zu extremer Vorsicht bei Finanztransaktionen, um potentiellen Gegnern keine Bloesse in der Bilanz zu zeigen. Kurioserweise erteilten sie diese Warnung erst kurz vor Bekanntwerden des aufwendigen Cisi-Deals.

Aktionaerstruktur franzoesischer Softwarehaeuser

Firma: a) Rang*, b) Umsatz**, c) Situation

Cap Gemini Sogeti (CGS): a) 1, b) 10,18, c) Daimler-Benz muss bis zum 1. Februar 1996 ueber eine 34prozentige Beteiligung an der Sogeti-Holding entscheiden.

Sema: a) 2, b) 4,87, c) Mit CGS kapitalmaessig verflochten; strategisch nicht wirklich unabhaengig.

Sligos: a)3, b) 4,1, c) Die Grossbank Credit Lyonnais will ihre Mehrheitsbeteiligung verkaufen.

GSI: a)5, b) 2,52, c) GSI wurde Anfang Oktober von der US-Gruppe ADP uebernommen.

Axime: a) 7, b) 1,84, c) Die Grossbank Paribas koennte ihre Anteile verkaufen.

Cisi: a)8, b) 1,62, c) Uebernahme durch Sema geplant; es fehlt noch die amtliche Bewilligung.

Steria: a) 10, b) 1,19, c) Die Grossbank Credit Lyonnais will verkaufen, aber die Mitarbeiter verfuegen wegen Mehrheitsbesitz ueber ein Mitspracherecht.

*in der Landesliste

**in Milliarden Franc

Quelle: Les Echos