Stiefkind IT-Controlling

25.02.2005 von Christian Zillich
Eine Umfrage des Internationalen Controller Vereins e.V. (ICV) offenbart große Schwächen beim IT-Controlling. Die IT-Kosten standen in den meisten Unternehmen vor allem im vergangenen Jahr unter massiver Beobachtung. Wer daraus allerdings den Schluss zieht, dass sich in der Folge Controlling-Verfahren auch im IT-Bereich etabliert hätten, irrt gewaltig.

Eine Umfrage des Internationalen Controller Vereins e.V. (ICV) zeichnet ein ganz anderes Bild: "IT-Controlling, die durch Planung, Budgetierung und Kennzahlen gestützte Steuerung eines wirtschaftlichen IT-Einsatzes, ist in deutschen Unternehmen unterentwickelt", so das eindeutige Fazit der Studie, an der 300 Controller teilgenommen haben. Die Frage "Gibt es in Ihrem Unternehmen ein professionelles IT-Controlling?" mussten 75 Prozent der Befragten verneinen.

Martin Herrmann, IT-Controlling-Spezialist beim ICV, sieht die Gründe insbesondere im speziellen Verhältnis von Geschäftsführung und IT-Bereich: "Viele Unternehmensleitungen betrachten ihre IT noch immer als Black Box, die einfach viel Geld kostet." Diese pauschale Sicht erlebe er sogar in Dax-notierten Unternehmen. Herrmann zeigt sich von der Wucht des überaus negativen Studienergebnisses dennoch überrascht, zumal längst eine ausreichende Zahl an Methoden und Techniken zur Verfügung stehe, um beherrschbare Organisations- und Kostenstrukturen zu entwickeln.

Erster Schritt sollte immer eine Kostenanalyse des gesamten IT-Bereichs sein. Dafür müssen unter anderem die Kostenstrukturen für Softwareentwicklung, Rechenzentrum, Netze oder Helpdesk erfasst werden. "Das ist zwar komplex, aber nicht schwierig", beschreibt Herrmann diese Aufgabe.

Zudem ist es auch die Voraussetzung für die Planung und Budgetierung neuer Projekte. Letztere praktizieren zwar fast alle Anwenderunternehmen, oftmals jedoch ohne die Basis hierfür gelegt zu haben. Laut Herrmann stecken Firmen oft sogar zu viel Aufwand in die Planung und vernachlässigen die folgenden Schritte: "Ich beobachte häufig, dass sehr viel Aufwand bei der Planung betrieben wird, Projektsteuerung und -abschluss aber meist zu kurz kommen."

Interne Kosten einrechnen

Hier werden eine Reihe von Fehlern gemacht, bemängelt der Controlling-Experte. Beispielsweise seien für die Steuerung regelmäßige Plan-Ist-Vergleiche unabdingbar, die bei größeren Vorhaben mindestens vierteljährlich angestellt werden müssten. Stattdessen würden in der Praxis schöne Statusberichte für die Projektleitungsgremien oder die Geschäftsführung erstellt, aber nicht überprüft, ob die Planungsparameter eingehalten wurden.

Eine häufige Unterlassung bei der Berechnung der Projektkosten bestehe darin, nur die Aufwände für externe IT-Anbieter und -Dienstleister zu berücksichtigen, weil diese eine Rechnung schreiben; interne Kosten beispielsweise für Personal würden dagegen oft nicht erfasst. "Das Argument lautet dann meist, das geht sowieso alles in einen Topf", erklärt Herrmann. So lasse sich allerdings nie herausfinden, was ein Projekt wirklich koste. Außerdem bestehe bei dieser Vorgehensweise die Gefahr, dass zufällig oder willkürlich subventioniert werde. Auch der Projekt-Review, also die Nachkalkulation nach Abschluss eines IT-Vorhabens, fällt meist unter den Tisch. Laut Herrmann wäre aber auch dies nicht so aufwändig, wie von den meisten befürchtet.

Defizite macht Herrmann allerdings nicht nur in den Unternehmen, sondern auch beim Berufsstand der Controller aus. Viele würden eine fachliche Auseinandersetzung mit den Besonderheiten der IT scheuen. Auch diesen Nachholbedarf belegt die Umfrage mit deutlichen Zahlen: 65 Prozent gaben an, für ein professionelles IT-Controlling nicht ausreichend gerüstet zu sein. Derartige Lücken im Knowhow sieht Herrmann in erster Linie bei Controllern, die sich aus dem Bereich Finanz- und Rechnungswesen entwickelt haben: "Die sind sehr zahlenverliebt." Zudem befassen sich diese Finanzexperten mit der geschäftsbereichsübergreifenden Planung und Budgetierung für das Gesamtunternehmen, "ihr Blick geht aber nicht in den IT-Bereich hinein, weil sie nicht verstehen, was da läuft", kritisiert Herrmann. Da er für den ICV auch IT-Controlling-Seminare gibt, kann er dieses Handicap bei vielen Teilnehmern am lebenden Objekt studieren. Sein Rat lautet: "Geht hinaus in die Fachbereiche und versucht, zu verstehen, was da läuft." Im industriellen Produktionsumfeld müssten sich Controller schließlich auch schlau machen, und das sei oft nicht weniger komplex als die IT.

Mittelständler hinken hinterher

Im Gegensatz dazu gebe es aber auch eine Reihe von Controllern mit sehr hoher Fachkompetenz. Diese sind Herrmann zufolge meist direkt den IT-Bereichen zugeordnet. In kleineren und mittelständischen Unternehmen sei diese Spezies allerdings selten anzutreffen. Und selbst wenn entsprechende Spezialisten zur Verfügung stehen, gibt es mitunter Verbesserungsbedarf: "Häufig vermisse ich die Einbindung dieser Leute in das zentrale Unternehmens-Controlling." Dies sollte aber für die Steuerung des IT-Bereichs nicht vernachlässigt werden.