Steve Jobs wechselt den Pulli und startet in die TV-Zukunft

13.09.2006
Der Apple-Chef hat gestern in San Francisco eine deutlich erweiterte iTunes-Software, mehr oder weniger stark erneuerte iPods, Film-Downloads und ein neues "iTV"-Gerät angekündigt.
Die verbesserte iTunes-Software und die iTV-Pläne überraschten Jobs' Publikum am meisten.

Die Bühne betrat Jobs ungewohnt nicht im schwarzen Rolli, sondern mit klassischem Oberhemd (natürlich ebenfalls schwarz). Er präsentierte zunächst die drei neuen iPod-Modelle, mit denen Apple das diesjährige Weihnachtsgeschäft bestreitet.

Beim "großen" Video-iPod hat sich äußerlich praktisch nichts verändert. Er verfügt aber jetzt über ein 60 Prozent helleres Display, eine trotzdem deutlich längere Akkulaufzeit insbesondere bei der Videowiedergabe und neue, verbesserte Kopfhörer. Auch bei der Software hat Apple einiges getan - sie unterstützt nun endlich unterbrechungsfreie Wiedergabe, also nahtlose Übergänge zwischen Titeln (wo diese gewollt sind) und eine Suchfunktion, bei der man allerdings die Buchstaben mit dem Scrollrad eingeben muss. Außerdem kann man für den großen iPod jetzt auch Spiele kaufen. Diese kosten 4,99 Dollar pro Titel, zu haben sind allerlei mobile Klassiker, darunter Tetris oder Bejeweled. Zwei Modelle sind jeweils in schwarz und weiß zu haben. Mit 30 GB kostet der iPod 279 Euro, die Variante mit üppigen 80 GB schlägt mit 379 Euro zu Buche.

Alles so schön bunt hier - das kennt man noch vom "iPod mini"...

Mit der zweiten Generation des "iPod nano" feiert das Design des früheren iPod mini fröhliche Urstände. Der neue, dünnere nano steckt nämlich im Aluminiumgehäuse und ist auch wieder in mehreren Farben zu haben. Sein Display leuchtet 40 Prozent heller als beim Vorgänger, die Akkulaufzeit erhöht sich auf 24 Stunden. Drei Modelle hat Apple im Programm - eines mit 2 GB in silber für 149 Euro, eines mit 4 GB auch in pink, grün und blau zu 199 Euro sowie das Topmodell mit 8 GB, das es ausschließlich in schwarz gibt und das 249 Euro kostet. Das separate erhältliche Ladenetzteil für den iPod und iPod nano hat Apple deutlich geschrumpft.

Der kleinste Audioplayer der Welt (so weit Apple weiß zumindest...)

Geschrumpft ist auch das richtige Stichwort für den Display-losen iPod shuffle. Dieser wurde nochmals deutlich verkleinert (so etwa auf Briefmarkenformat), ebenfalls in Aluminium verpackt und mit einem integrierten Clip zum Anstecken versehen. "Das ist der tragbarste iPod", sagte Jobs. Es gibt nur ein Modell mit 1 GB Speicher, zwölf Stunden Akkulaufzeit und USB-2.0-Dock zum synchronisieren und laden. Inklusive Ohrhörern kostet er 79 Euro.

Die "Cover-Flow"-Ansicht hat Apple von SteelSkies gekauft.

Kostenlos erhältlich ist die neue Version 7 der Mediensoftware iTunes. Diese hat Apple ganz erheblich weiterentwickelt. Zu den Neuerungen gehören separate Bibliotheken für unterschiedliche Medientypen sowie neue Ansichten - nicht mehr nur Listen, sondern auch Alben mit Covern und die grafische Blätterfunktion "Cover Flow". Außerdem kann man nun seinen iPod direkt aus iTunes heraus updaten und verwalten. Beispielsweise kann der Nutzer festlegen, dass er jeweils die zehn neuesten ungesehenen Folgen bestimmter Fernsehserien auf dem Player vorfinden möchte; alles Weitere erledigt iTunes automatisch.

Die Videoqualität im iTunes Store (das "Music" wurde aus dem Namen getilgt) wurde deutlich verbessert. Bislang erhielt man nur 320 x 240 Pixel Auflösung; ab sofort ist die Auflösung auf 640 x 480 hochgeschraubt. Eine weitere wichtige Neuerung in iTunes 7 ist die Möglichkeit, gekaufte Inhalte via iPod zwischen mehreren autorisierten Rechnern abzugleichen (das können Macs oder PCs sein). Ein neuer Download-Manager verwaltet das Herunterladen gekaufter Inhalte.

Schnell noch die Logos aufgehängt, bevor die Pressemeute einfällt.

Zumindest in den USA ist das auch angebracht, denn Apple verkauft dort jetzt auch - wie im Vorfeld bereits eifrig spekuliert wurde - komplette Spielfilme über iTunes. Content-Lieferant ist Disney, wo Steve Jobs nach dem Verkauf von Pixar größter Einzelaktionär ist und gewissermaßen an der Quelle sitzt. Das heißt aber nicht, dass man über iTunes nur Zeichentrick- und Animationsfilme beziehen könnte: Zu Disney gehören auch Touchstone und Miramax. Zum Start gibt es erst einmal 75 Titel. Es ist aber abzusehen, dass weiteres Material dazukommen wird. Als Apple vor einem knappen Jahr mit dem Verkauf von TV-Serien begann, gab es gerade fünf verschiedene von nur einem Sender. Inzwischen hat iTunes mehr als 220 von über 40 Kanälen im Programm.

Apple verkauft Filme bei iTunes online ab dem Termin, an dem sie auch auf DVD herauskommen. Wer sie vorbestellt oder in der ersten Woche nach Erscheinen kauft, zahlt 12,99 Dollar. Danach steigt der Preis auf 14,99 Dollar. Natürlich nur für neue Titel - ältere Streifen gibt es generell für 9,99 Dollar.

In Deutschland - hier gibt es bislang noch nicht einmal Fernsehserien bei iTunes - müssen wir auf Film-Downloads noch warten. "Wir hoffen, dass wir das im kommenden Jahr international machen können", sagte Jobs.

Sieht danach aus, als bekäme auch der iPod 5G demnächst ein Alu-Kleid verpasst - vielleicht im Januar?

Und natürlich hatte der Apple-Chef noch "one last thing" anzukündigen - dieses Mal allerdings noch kein fertiges Produkt, sondern Apple-untypisch eine Vorankündigung: Im ersten Quartal 2007 wird es ein neues Gerät fürs digitale Zuhause geben, das die iTunes-Inhalte drahtlos vom Rechner empfängt und dann auf dem Fernsehgerät anzeigt. Es trägt derzeit noch den Codenamen "iTV" - dieser dürfte sich noch ändern, der Preis scheint aber mit 299 Dollar bereits festzustehen.

Jobs zeigte auf der Bühne einen funktionsfähigen Prototypen, der optisch wie ein flacherer Mac mini aussah und ein "Front-Row"-artiges Menü auf den Flachbildfernseher brachte. Als Anschlüsse verfügt das iTV unter anderem über HDMI, Component Video und Audio sowie optisches Audio. Jobs bezeichnete es als "the missing box" für die Verbindung zwischen Rechner- und Consumer-Electronics-Welt - mal sehen, ob die Kunden das genauso sehen werden. (tc)