Ein Horrorszenario für alle DV- und Projektleiter: Die Endanwender beschweren sich über die Antwortzeiten der 20 Millionen Mark teuren, gerade erst eingeführten Enterprise- Resource-Planning-(ERP-)Applikation. Die Chefetage stellt daraufhin die Frage, ob die Investition ihr Geld wert war. Solche Erfahrungen haben die Experten von Advanced Manufacturing Research (AMR) veranlaßt, eine Studie über die Verwaltbarkeit von ERP- Systemen zu veröffentlichen.
Das Thema ist brisant und wird seit einiger Zeit auch von Experten der Gartner Group diskutiert. Einig sind sich die Analysten darin, daß klassische Tools derzeit noch viel zu Infrastruktur-orientiert sind, um auch mit den technischen Aspekten von Geschäftsprozessen umgehen zu können. Die Werkzeuge etwa von BMC, Computer Associates (CA), Tivoli, Platinum und Candle beherrschen zwar das Monitoring, Backup und Job-Scheduling innerhalb einer ERP-Infrastruktur, wünschenswerte Funktionen wie das Messen von Antwortzeiten, Reporting-Tools oder automatisierbare Diagnosefunktionen entwikkeln sich jedoch erst allmählich.
Schuld an dieser unbefriedigenden Situation haben laut Gartner allerdings auch die ERP-Anbieter selbst. Betriebswirtschaftliche Software etwa von Peoplesoft, Oracle und J.D.Edwards berücksichtigen System-Management-Werkzeuge bislang kaum. Lediglich SAP gibt hier ein gutes Beispiel mit dem "Computing Center Management System" (CCMS) für R/3.
Die Herausforderung liegt im wesentlichen auf drei Ebenen. Die Basis der IT-Infrastruktur mit Netzwerk- und Performance- Monitoring wird von den klassischen System-Management-Tools übernommen. Spezialisiert müssen die Produkte dann sein, wenn sie auch die Datenbanken einbeziehen sollen. Hier eignen sich die großen Frameworks ebenfalls, da sie typische Eigenschaften wie Tablespace-Verwaltung, Füllgrad und Fragmentierung der Datenbank abbilden können.
Deutlich schwieriger wird es jedoch auf der Applikationsebene. Im R/3-Umfeld sind Kriterien gefragt wie mittlere Antwortzeiten des ERP-Systems, die korrekte Einstellung von Indizes sowie die Frage nach den wichtigsten Applikationsprozessen und deren Auswirkungen auf Online- oder Batch-Lasten.
CCMS hilft bei diesen Aufgaben weiter, ein großes Problem sehen die Analysten jedoch darin, daß das SAP-Werkzeug über keinerlei Automatisierungsfunktionen verfügt. Damit gemeint sind Features, die über das Monitoring hinausgehen, um im Fall eines kritischen Zustands (Alert) anhand von Drill-down und Problemanalyse Maßnahmen einzuleiten.
Eine weitere Einschränkung von CCMS ergibt sich naturgemäß aus dessen Einsatz in einem reinen R/3-Umfeld. Die Verwaltung von Drittapplikationen ist damit nicht möglich, die Synchronisation von R/3-Batches mit denen anderer Systeme erfordert einen externen Job-Scheduler.
Selbst innerhalb von R/3 treten Probleme auf, wenn sich beispielsweise SAP-GUI und mehrere Applikations-Server auf verschiedene LANs verteilen - spätestens dann ist ein zusätzliches Netzwerk-Management nötig. Insofern läßt sich der CCMS-Einsatz ohne weitere Hilfsmittel nur für kleine bis mittlere Betriebe empfehlen, einem Großunternehmen mit Rechenzentrumsbetrieb und heterogener IT reicht dieses System-Management nicht, so die Analysten. Gartner geht davon aus, daß sich daran in den nächsten Jahren nicht viel ändern wird. Deshalb raten die Experten bei komplexen R/3-Umgebungen zu den Tools von Drittanbietern, die in der Regel auf die CCMS-APIs aufsetzen.
Sowohl Gartner als auch AMR unterscheiden dabei drei Gruppen: R/3- Spezialisten, Anbieter von Minisuites sowie die Hersteller von Framework-Lösungen. Sehr stark auf SAP fokussiert sind die sogenannten Point Solution Products von Envive, Luminate und Optisystems. Sie erweitern CCMS-Features um bestimmte Diagnose- Automatismen sowie um Tools, die eine Vorhersage des Applikationsverhaltens erlauben.
Die Stärken von Envive liegen der AMR-Studie zufolge im Bereich Performance- und Verfügbarkeitsprüfung sowie in den Analysefunktionen. Die Tools zur Messung der End-to-end- Antwortzeiten können zwischen Problemen der Applikation und des Netzwerks unterscheiden.
Probleme von Applikation und Netzwerk trennbar