Finanz IT und Sparkassen Informatik

Sparkassen-Dienstleister fusionieren

17.07.2008 von Joachim Hackmann
Die beiden letzten IT-Dienstleister im Sparkassensektor haben sich rückwirkend zum 1. Januar 2008 zusammengeschlossen. Die Finanz IT schlüpft bei der Sparkassen Informatik unter.

Mit der Fusion entsteht ein IT-Dienstleister von bedeutender Größe. Das Gemeinschaftsunternehmen, dass unter dem Namen "Finanz Informatik" firmieren wird, beschäftigt insgesamt 5.847 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und kann auf einen Jahresumsatz von knapp 1.6 Milliarden Euro verweisen. Zum Kundenstamm zählen 446 Sparkassen, zehn Landesbanken, elf Landesbausparkassen sowie weitere Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe. Hinzu kommen einige Kunden außerhalb des öffentlich-rechtlichen Bankensektors.

Arbeitsplatzabbau ohne Kündigungen?

Im Zuge der Fusion fallen knapp 430 Arbeitsplätze weg. Betriebsbedingte Kündigungen sind nicht geplant, das Management wollte sie aber auch nicht ausschließen. Nach Abschluss der Integration im Jahr 2012 wird die Finanz Informatik 4.500 Mitarbeiter beschäftigen. Den Eigentümern, den Sparkassen und Landesbanken, hat das Gemeinschaftsunternehmen danach Einsparungen von mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr in Aussicht gestellt.

Mit der Fusion nimmt die Konsolidierung im Sparkassensektor ein vorläufiges Ende. Mitte der neunziger Jahre gab es noch zehn regionale IT-Dienstleister. Die nord- und ostdeutschen Anbieter hatten sich im Lauf der Jahre unter das Dach der Finanz IT begeben. Im Süden und Westen konsolidierte sich der Markt unter der Führung der Sparkassen Informatik. Die letzte große Übernahme gab es Ende 2005, als die Sparkassen Informatik die bayerische IZB Soft etwas überhastet schluckte.

Sparkassen im Norden und Osten tragen die Fusionslast

Der Zusammenschluss von Finanz IT und Sparkassen Informatik kommt nicht überraschend. Der norddeutsche IT-Dienstleister Finanz IT war schon lange auf der Suche nach einem Partner und hatte Anfang vergangenen Jahres mit einer Kooperation außerhalb des Sparkassensektors kokettiert. Seit Mai 2007 ist jedoch klar, dass die beiden letzten Sparkassen-Dienstleister fusionieren, wobei die Verhandlungen nicht auf Augenhöhen geführt wurden. Die Finanz IT ging geschwächt in die Planung. Für die Erneuerung des Kernbankensystems hätte der IT-Dienstleister einen Euro-Betrag in dreistelliger Millionenhöhe investieren müssen. Dazu fehlte die Bereitschaft der Gesellschafter (Sparkassen und Landesbanken). Die Sparkassen Informatik hat ihr Kernbankensystem "OSplus" bereits in nahezu allen von ihr betreuten Instituten eingeführt. Bis zum September sollen auch die letzten bayerischen Sparkassen die neue Bankenapplikation nutzen können.

Nun steht den Sparkassen in Nord- und Ostdeutschland ein großes Migrationsprojekt ins Haus. Das Investitionsvolumen beläuft sich für die bislang von der Finanz IT betreuten Sparkassen auf einen Euro-Betrag in dreistelliger Millionenhöhe. Das werden die Banken mit Unmut vernehmen, denn auch die Finanz IT hat ihre Bankenapplikationen weiterentwickelt und damit das IT-Budget der Sparkassen belastet. Diese Investitionen müssen die Häuser nun abschreiben. "Die Sparkassen in Nord- und Ostdeutschland profitieren später besonders stark von den Einsparungen", beschwichtigte ein Sprecher der Sparkassen Informatik.

Sparkassen Informatik dominiert

Über die Belastung kam es bereits während der Verhandlungen zum Zerwürfnis. Im März 2008 trat Thomas Noth, Chef der Finanz IT, zurück. In einem Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden Claus Friedrich Holtmann hatte er auf die angeblich sehr hohen Kosten und Risiken des Zusammenschlusses für die Eigner der Finanz-IT hingewiesen. Nun widersprach Holtmann dieser Darstellung. Die Demission von Noth sei bereits im Oktober 2007 abgesprochen worden. Einen Zusammenhang mit den besonderen Belastungen der Sparkassen im Norden und Osten bestritt er. Die Antwort auf die Frage, warum der Geschäftsführer eines fusionierenden Unternehmens während der Verhandlungsphase gehen sollte, blieb offen.

Immerhin konnte die Finanz IT ihre Standorte sichern. Das Gemeinschaftsunternehmen betreibt künftig Niederlassungen in Hannover, Leipzig, Berlin, Saarbrücken, Münster, München und Fellbach. Die Zentrale wird in Frankfurt am Main sein. Dort hatte bislang auch die Sparkassen Informatik ihren Hauptsitz. Vorsitzender der Geschäftsführung wird voraussichtlich Fridolin Neumann, bislang Chef der Sparkassen Informatik. Offiziell muss dies die im August tagende Gesellschafterversammlung bestätigen. Dann wird sich auch klären, was aus Klaus-Peter Kubiak, Geschäftsführer der Finanz IT, wird. Ziel der Finanz Informatik ist auf jeden Fall, das Geschäft mit den Landesbanken auszuweiten. Dort betreiben vielfach noch eigene IT-Abteilungen und IT-Töchter die IT.

Eine weitere Konsolidierung ist nun nur noch sektorenübergreifend möglich. Das ist schon lange kein Tabuthema mehr. Denkbar ist ein Zusammenschluss mit den zwei Dienstleistern des genossenschaftlichen Bankensektors. Dort steht jedoch noch die vollständige Konsolidierung beziehungsweise der Zusammenschluss von Fuducia und GAD aus. Die Vorstandsvorsitzenden Anno Lederer (GAD) und Michael Krings (Fuducia) haben sich jeweils dazu in einem Interview mit der Computerwoche geäußert: Eine Fusion beider Unternehmen ist wahrscheinlich, ein Zusammenschluss mit dem Sparkassen-Dienstleister möglich. Doch das wird noch Jahre dauern. (jha)